[232] Der 8. (53.) Kühlpsalm

Sibeiniges allgemeines Abend- Nacht- Morgen- Mittagslid aus dem sibeinigem allgemeinem güldnem A B C; sibeinig zum lobpreis Jehova Jesus und Aufmunterung des sibentzigsibeinigen Japhet Sem Ham, nach recht der ewigen unendlichen gebährung im höchstem thone der 168 wechselungen angestimmet zu London im Sept. und das 5. 6. 7. den 16. 17. 18. Octob. 1679.

1. Der Ersttag oder Sonntag
1. Ersttagsabendtheil

1.
An Gott glaub ich, der nur allmächtig,
Der ewigst waristkommt einträchtig,
Jehovah, Elohim, Sadai,
Jah, Tsebaoth, El, Adonai.
Der ewig ist, wi er gewesen,
Aus sich in sich durch sich ernesen,
Als er dreieinig sich gebahr,
Der ewig doch nur einer war,
Das einge Ein des einsten Eines,
Das Alles All, ohn welches keines.
2.
Bei dem, von dem dis alles worden,
Ist ewig alles dinges orden,
Wi es von Ewikeit erschin,
Und wird in Ewikeit durch ihn.
Bei Gott wird alles angeblikket
Auf ewigewigst unverrükket,
Was ewigewigst angeblikkt,
Und ewigewigst unverrükkt
In aller Ewikeiten Spigel,
Und aller Ewikeiten Sigel.
3.
Christ ist des Vatern ewge Wonne,
Des ewgen Lichtes ewge Sonne,
Den er von Ewikeit bewonnt,
Den er in Ewikeit besonnt:
Der einge Sohn, den Gott gebohren,
[233]
Aus ihm in ihm von ihm erkohren:
Sein einges Wort, das er ausprach
Ohn das kein Wort ist vor und nach:
Das Gott von Gott aus Gott empfangen,
Und waristwird nur Gottsverlangen.
4.
Der heilge Geist, der Geist der Geister,
Geht aus von beiden als Werkmeister,
Wi er von Ewikeit ausging,
Als er di Ewikeit empfing
Ohn allen Anfangmittelendnis
In Gottes ewigen Empfängnis
Des ewigeingebohrnen Sohns
Und ewigausgegangnen throns
Des ewigstewigen Ausgehen
Und ewigstewigen bestehen.
5.
Ein Wesen wil sich ewig dreien,
Und machet doch nur eines reien,
Das ewig nur ein Einer sei,
Das ewigst Drei ohn Einge Drei.
Nichts ist zuerst davon entsprossen,
Gleichmächtig aus sich ausgeflossen,
Weit über der Vernunfft begrif
Nach breite, weite, länge, tif,
Weit über der Geschöpff ihr sinnen,
Das sich allein ist seiner innen.
6.
Freiflüssend ist in einem Wollen
Der einge Gott von sich gequollen
Dreieinigst zu des eingen Lust,
In Ewikeit nur sich bewust:
Höchstdreieinträchtigst in dem Willen
Aus sich in sich mit sich zufüllen,
Aus sich in sich mit sich sein All,
Aus sich in sich mit sich sein schall,
Das alles ward in Freiheit offen
Aus Gott in Gott mit Gott getroffen.

[234] 2. Ersttagsnachttheil

7.
Gott Vater, Sohn und Geist ist Einer,
Der einge Gott, ohn welchem keiner,
Ein einger Schöpffer alles dings
Des rundten Ewikeitenrings;
Ein einger Schöpffer aller Himmel,
Des Lebens, Webens und gewimmel;
Ein einger Schöpffer der Natur,
Und der Geschöpffe Richtscheidschnur,
Das imals waren, sind und werden
Dort in den Himmeln, hir auf Erden.
8.
Hält nicht Gott alles nur in siben?
Sein Bild ist allem eingetriben
Sibeinigst nach der Geisterart,
Di ewigst sich nur sibgepaart;
Dreieinigst nach den dreien quellen,
Di ewigst sich dreieinigst hellen,
Wi ewigst si sibeinigst warn,
Und sich dreieinigst dargebahrn,
Wi ewigst si sibeinigst flüssen,
Und sich dreisibeneinigst güssen.
9.
In Gott aus Gott durch Gott enstunden,
Als Gott in sich hat gutt befunden
Nach seinem bild drei Engelreich,
Di ihres Schöpfers bildnis gleich.
Gott wollte Drei, wi sich bethronen:
Gott gab den dreien Königskronen,
Das si mit ihrem Fürstenthum
Zu ihres Schöpffers lust und ruhm
Sibeinigst solten sich dreieinen,
Dreieinigst ewig sibenscheinen.
10.
Kindähnlich gläntzten Gottes Engel:
Lichtheilig, ewig, ohne Mängel,
Printz Michael ins Vaters macht,
[235]
Printz Jesuel ins Sohnes pracht,
Printz Uriel im Geistes lichte,
Voll Gotts vor Gottes angesichte,
Voll dreisibeinger Majestät,
Eh einer Gottes lib verschmäht,
Aufblähend sich Gott abgestorben,
Und Gottes finsternis geworben.
11.
Lichtledig sind der Engel lichter;
Di offenbahrten Gott als Richter,
In dessen heilger Vaterschos
Si ruhten vor gantz frei und los.
Ihr Grosfürst Lucifer wolt toben,
Bedonnern Gott von unten, oben,
Darüber sich des Zornes schlund
Eröffnet, der vor keinem kund:
Si filen in des grimms gefängnis
Voll finsternis, voll Angstbedrängnis.
12.
Macht Lucifer sich selbst zuschanden,
Verlohr den nahmen in den banden,
Beteufelt sich als Teufelhaupt,
So schlos ihn Gott, imehr er schnaubt.
Den Fürstensitz, der gantz durchschwärtzet,
Hat Elohim neu lichtbekertzet,
Als er schuf Erd und himmel draus,
Und stis davon di höllwelt aus.
Was ewig, ward dadurch anfänglich
In einer zeit, di bald vergänglich.

3. Ersttagsmorgentheil

13. Nach sich schuf Gott, was welt nun heisset,
Und stat des Mittelthrons gegleisset,
Nach seinem zorn, nach seiner lib,
Sibeinig nach sibeingem trib.
Gott schuf di Welt durch sibentage
[236]
Nach beider Sibengeister wage,
Das ides tages eigenschafft
Hätt völlig eines Geistes krafft.
Im sibenden ward Ruh gepflogen,
Weil sechs in sich den leib gezogen.

14.
Obsigte Gott nicht seinem grimme?
Dis weiset seine lichtesstimme,
Als alles finster auf der Erd,
Das alles wider lichte werd.
Das gutte wolt aus allen dringen,
Und mit dem bösem kräfftig ringen!
Drum ging hervor das allerbest
Nach aller freiheit, di Gott läst;
Nach mas, gewicht und allen zahlen,
Bis dise Welt in vollem strahlen.
15.
Pflag Gott nicht Adam unvergleichlich?
Ach Gotteslib ist unverreichlich!
Gott machte ihn zum Erdenherrn,
Und wolt ihm schenken hertzlichgern,
Was Lucifer zuvor besessen,
Um das der ris dadrurch vergessen:
Er satzte ihn ins Paradeis
Zu seines Schöpffers ehrenpreis.
Er krönte ihn mit tausend gaben,
Und wolt ihn selbst mit sich erlaben.
16.
Qual Gott in Adam nicht unendlich?
Sein Geist ist uns nur allzukändlich,
Darinnen Gott qualificirt,
Und den er himmlisch hat durchrührt
Der geist, den Gott durch Adams nasen
Nach sich aus sich ihm eingeblasen
Im Paradischem lustgefild
Nach seinem eignem Ebenbild,
Das er von Gott mit Gott durchgottet,
Solt ewig leben unzerrottet.
[237] 17.
Rükkt Adam sich von erster gütte,
Doch theilte Gott bald sein gemütte
Ins Fräulein, das aus seinem leib,
Bis Eva ward dadurch sein weib.
Rükkt Eva gleich von Gott ihn wider,
Das er empfing di thirschen glider:
Doch stellte sich an Adams Ort
Selbst Gottes ewig Sohn und Wort
Um Adam, Ev aus allen bösen
Als Gott und Mensch neu zuerlösen.
18.
Sprach sich nicht aus das Wort durch Worte?
Der Gott mit Gott, schlos auf di pforte.
Der einge Sohn, des Vatern Hertz
Nahm gäntzlich auf sich Adams schmertz.
Das Wort, das Jesueln durchblümet,
Das Wort, vom Jesuel gerühmet,
Das allen Engeln ward bekand!
Dis ist, das nun stat Adamsstand:
Dis ist, das sich uns eingesprochen;
Das uns am Lucifer gerochen.

4. Ersttagsmittagstheil

19.
Trat Gottes Sohn nicht unter füssen
Di Satanslist durch Adams büssen?
Der Held, der suchte stets sein Recht
Im Weibessamensstammgeschlecht.
Der ist, der es geheiligt täglich,
Und macht um ide Sünd es kläglich.
Der sich gezeugt virtausend Jahr,
Und Mensch war, eh er Mensch noch war.
Der immer kam, eh er gekommen;
Kurtz: der in Frommen ward vernommen.
[238] 20.
Volthat nicht Gottes Wort verheischen,
Als es sich endlich wolte fleischen?
Ein wahrer Mensch von Davidsstamm:
Dis war das rechte Gotteslamm.
Er trug als Jesus that und nahmen,
Darüber strakks in schrekknis kamen,
Di von dem Jesuelschem stuhl
Verfallen in den schwefelpfuhl.
Um Gotteszorn, den Adam reitzet,
Ward Jesus jämmerlich gekreutzet.
21.
Wahrschaute Jesus nicht vor andern?
Von seiner Kunfft? von unserm Wandern?
Zog Christ nicht weg als Todesfürst?
Mensch, sih, wi du bald stehen wirst!
Christ hat ausdrükklich uns gelehret,
Was uns notwendig angehöhret.
Wi lang in uns er leiden schmekkt?
Wi weit sein Kreutz in uns ausstrekkt?
Mensch, merke wohl! Es ist nun wenig,
Das Jesus König aller König.
22.
Xgleichend wird mein Jesus sigen,
Wann er in Wolken sich wird rügen,
Mit seinem Kreutz, dran er geduldt,
Was wir in Adam all verschuldt!
Er wird den Erdkreis selbst einnehmen,
Befesseln, di sich nicht bequemen:
Es eilt di zeit ans letzte zil,
Und ist meist aus des Satans spil.
Christ lis als Lamm sich gantz vertreten:
Christ wird als löw si gantz ausjäten.
23.
Yähnlich wird sich Jesus wittern
In seines Reichs Jesuelittern,
Di sich als Christen Christgeformt,
Nach Christusleben Christgenormt.
[239]
Schau, schau, wi si dreieinig gläntzen!
Wi Adams Krantz si kan umkräntzen!
Der Krantz, den er in Eden trug:
Den Jesuspflug uns macht zum flug.
Di Heiligen sind ausgeleutert!
Das Jesusreich wird stets erweitert.
24.
Zeitendend ist alsdann erschinen
Printz Jesus an den Himmelsbühnen,
Wann Lucifer zu allerletzt,
Nachdem Jahrtausend neu ansätzt.
Der strenge Richtstag ist erwekket,
Der hölle, Tod und Teufel schrekket.
Drauf folgt die ewikeitenzeit:
Ein ewge freud, ein ewig leid.
Gib aller welt, Christ, disen glauben,
So wird ihr Satan nichts mehr rauben.

2. Der Zweitag oder Montag
5. Zweitagsabendtheil

1. 25.
Am Christjerusalem vergehet,
Was sich dem altem gleich erhöhet,
Was nachgeafft di Jüdsche pracht,
Und sich zum Abgott stündlich macht.
Kein stein verbleibet an dem tempel,
Den Heiden zu dem lehrexempel,
Das Gott im innerm Himmel lehr,
Und was von aussen, nur zerstöhr.
Kurtz: was den Juden vorgeschehen,
Verzehnfacht hir der Christen flehen.
2. 26.
Bebabelt wird nach Wohlgefallen,
Was nur aus Gott durch Gott wird hallen:
Di heilge Schrifft wird umgekehrt,
[240]
Und alle falschheit draus bewährt.
Das Fleisch wird gantz den Geist entgeistern:
Vernunfft di Gottesweisheit meistern.
Der eusre Buchstab wird ihr kern:
Der inner sinn ist weit und fern.
Si suchen, was an sich vergänglich:
Verlihren, was ist überschwenglich.
3. 27.
Christ wird manch Antichrist genennet:
Christ wird vor Antichrist erkennet,
Weil Christi leben vil zuschlecht,
Und recht des Antichristus recht.
Drum müssen vil als Christus scheinen,
Di Christi leben gantz verneinen:
Es werden billichst vil verführt
Durch viler ich, das si gerührt.
Si werden Fleischlich Christum fassen,
Wann alle geistlich Christum lassen.
4. 28.
Di Krige werden täglich wachsen,
Und schrekken fast di Sonnenachsen.
Ein ider Volk wil sich erhöhn,
Ein Reich dem andern widerstehn.
Der hunger wil di länder treffen:
Di Pest verzehrn, was er vergessen.
Erdbeben dräuen idem Ort:
Vil tausend Angst vermehrt sich fort.
Di menschen wolln vor furcht schon schmachten,
Dar alls vor Boten erst zuachten.
5. 29.
Ein Geistchrist heist des Elends bringer;
Wird Christo gleich, weil er sein Jünger,
Verfolgt, verdrükkt, versätzt in spott,
Verspihen, das er dinet Gott:
Wird täglich änger eingeärkert,
Imehr er täglich eingekerkert,
Ein ärgernis in aller sinn,
Als wann ihn hilt der Teufel inn.
[241]
Sein eigenvolk wird sein verräther,
Und er verbleibt der Missethäter.
6. 30.
Falschheiten mehren aller nöthen:
Es sind geehrt di Falschpropheten,
Di von der höllen auferwekkt,
Das Gotteswarheit wi verstekkt.
Di menschen glauben nur der lügen:
Der Gotteszorn läst si betrügen
Durch falscher Geister lästermund:
Di ihnen fälschlich machen kund,
Was ewig wird vermehren schmertzen,
Und si zur Abgrundstiffe stertzen.

6. Zweitagsnachttheil

7. 31.
Gerechtikeit ist längst verreiset,
Weil ungerechtikeit gespeiset:
Di Bosheit wird in idem land
Behalten lang di oberhand.
Di libe wird von Lib entlibet:
Der eigennutz wird ausgeübet,
Der aller allereinstes zil,
Das ider eintzig treffen wil.
Di Freundschafft wird nach nutz geschätzet:
Wo Nutz es spricht, steht si verletzet.
8. 32.
Halb wird man Gott, halb welt sich theilen;
Zu Gott und auch zur Welt gleich eilen:
Halb fürchten Gott, halb Weltgewalt,
Das ider lau, nicht warm, nicht kalt.
Vil werden sich von Gott abwenden:
Sehr wenig werden glükklich enden,
Ob glükklich zwar vil anbeginnt,
Weil ihre hoffnung schnell verrinnt.
Das Christusreich wird ausgethönet,
Und auf dem gantzem Kreis verhöhnet.
[242] 9. 33.
Im Heiligtum, das auserkohren,
Ist alles Heiligthum verlohren:
Es herrschet drein di wüste Wüst,
Und nicht der einge Jesus Christ.
Was Daniel in ihm vorschauet,
Vor dem dem Antichrist selbst grauet,
Wird nun in ihm und seinem Bild
Zum allerhöchstem grad erfüllt.
Das ende, das di Heilgen sahen,
Wird endlich sich zum ende nahen.
10. 34.
Kein flihen wird vom flihen flihen,
Ein ider nur sein werk vollzihen:
Der auf den Bergen, gehn nach haus;
Der auf dem akker, hohln was raus.
Ein ider hat vil zeit zusäumen
Um sein Judæa noch zuräumen.
Wi in Judæa sich anfing,
Als dessen untergang anging:
So wird es hir zehnfächtig härter
Ergehen nun vor seine Wärter.
11. 35.
Leid über leid bekleidt di schwangern,
Di säugende auf Babelsangern:
Di trübsal grössert tausend Weh,
Und schwellt mit ihrer angstungsee.
Dis Ach bringt Ach, dem keins zugleichen,
Dem alles Ach mus gäntzlich weichen,
Das vor und nach von Gott bestimmt,
Weil Gottesgrimm ni so ergrimmt.
Weh, weh und weh, wo dis dahinter,
Im Sabath oder in dem Winter.
12. 36.
Man würde gantz in sich verstürtzet,
Wo nicht di zeit durch Gott verkürtzet.
Kein fleisch ertrüge das Gericht,
Und solch erschrekklich straffgesicht.
Es wird dis eher sein gezählet
[243]
Um dise, di Gott auserwählet.
Drum ist es schon hinweggeschafft,
Das böse, eh es kommt zur krafft.
Das Paradis wird ehr empfangen,
Das eher zweigt, als es solt prangen.

7. Zweitagsmorgentheil

13. 37.
Nun merkt, das ihr auf di nicht merket,
Da Christus hir und dar nur werket:
Dis werden falsche Christi sein,
Und di Propheten voller schein.
Si würken zeichen und vil wunder:
Ihr seid gewarnt! Seht, seid kein Zunder!
Ihr Gotteskinder! Seid zur hutt!
Wanns möglich, fil selbst ab, was gutt!
Wanns möglich, würden selbst verleitet,
Di Gott im Paradis begleitet.
14. 38.
Ob Christi zukunfft herrlich blitzet,
Und seine Heilgen unterstützet
Im eignem himmel ihrer Seel,
Doch sagt man erst: Sih in di höhl!
Sih in der Wüst! Sih in gemächern!
Sih auf dem feld! sih auf den dächern!
Sih hir, Ich bins! Ich bins, der kommt!
Glaubt keinem antlitz, das vermommt.
Di Adler sind beim aas verhanden,
Da Christus wird augblikklich landen.
15. 39.
Pein finstert dann di lichte Sonne:
Der Mond verleuhret seine Wonne.
Di Sterne fallen auf di Erd:
Der himmel kräffte sind beschwert.
Di Wasserwogen werden brausen,
Di stoltzen Winde mächtig sausen:
Ja Alles, was im Element,
Ist gegen sich von sich getrennt.
[244]
Rechtunaussprechlich ist zuschreiben,
Wi ides wird das andre treiben.
16. 40.
Qual quält di allerstoltzten Völker:
Ihr vorger hochmutt wird stets welker.
Si wollen zittern vor der kunfft:
Es mangelt ihnen nun Vernunfft.
Di Furcht enthartet alle harten:
Si wissen nicht, was zuerwarten.
Nun fürchten si des Menschensohn,
Der ihnen vor ein schertz und hohn.
Si fürchten sich und wollen kämpffen!
Christ stekkt si an, imehr si dämpffen.
17. 41.
Rekkt auf eur haupt! seid hocherfreuet!
Rekkt auf eur haupt, ob alles schreiet!
Man heult und bebt! Wi ist man bang?
Seht Jesum, seht! Welch schrekkgefang?
Seht Jesum, seht! mit seinen thronen!
Er kommt nach eurem dinst zulohnen!
Seht seine Heilgen, di bekrigt!
Weh euch, di ihr sein volk besigt!
Weh euch in euren tiffsten grüfften!
Weh euch in allen finstern klüfften.
18. 42.
Sein Engel sind nach allen Pfosten!
Nach Suden, Norden, Westen, Osten!
Si sind posaunend ausgeschikkt!
Mit tausend Kräfften angeschmükkt!
Si erndten alle Gottserkohrne!
Sie erndten all Christsneugebohrne!
Si sicheln si als garben ab!
O Christusreiches Morgengab!
Seht, seht, wi si zwar alle schneiden!
Seht, wi si frücht und halmen scheiden.
[245]

8. Zweitagsmittagtheil

19. 43.
Traut ni der Welt, di immer sicher!
Schlagt auf in euch di hertzensbücher!
Ach eilt und eilt zur Noachs Arch!
Seht, das di Welt wi jene schnarch.
Si wird mit jener so vergessen;
Heurathen, schertzen, trinken, essen;
Und Jesus sich noch nicht versehn,
Bis ihr, wi jener, gleich geschehn.
Si siht den baum rings um ausschlagen,
Und wil doch nichts vom Sommer sagen.
20. 44.
Verlasset Sodom, das voll strahlen!
Das rosenfärbicht sich wird mahlen!
In dem vom feuer keine spur,
Bis ihr das feuer widerfuhr.
Ach fliht mit Loth zur Stad und hügel!
Loths Weib sei Euch ein steter Spigel!
Seht nicht nach Sodom, das verdarb!
Ach lernt, was Sodoms sehnen warb!
Verlasset euch vor Sodoms lassen,
Wo euch nicht Sodoms straff sol fassen!
21. 45.
Wacht, wacht, weil Gotteskunfft verborgen,
Weil ungewis der letzte Morgen,
Der letzte Tag, di letzte stund,
Di selbst den Engeln ist nicht kund!
Wacht, wacht, imehr si Gott verschoben,
Sehr plötzlich hat er sich erhoben,
Da ers versprach zuvor so offt:
Er ward nach langer zeit gehofft.
Wacht, wacht! Gott wird sehr schnell euch kommen,
Das Euch sei wohl, wann er vernommen!
22. 46.
Xformt euch nach dem Jesusleben:
Verlangt am Kreutz mit ihm zuschweben.
[246]
Di That sei stets in eurem thun,
So könnt ihr dann ohn sorgen ruhn.
Thut immerfort, wi si verneinen,
Di nur mit leeren lampen scheinen!
Sucht säuberlich di Jesusehr!
Folgt säuberlich der Jesuslehr!
Halt Jesus Kreutz vor eure würde,
Und ni vor eure Kreutzesbürde!
23. 47.
Y sei stets eures lebens bildnis,
Das ihr verlasst di Drachenswildnis,
Und werdet recht ein Y dreieins,
An welchem unvollkommen keins.
Schlafft nicht zur Christi zukunfft draussen,
Wann si in euch, noch nicht von aussen!
Seid nimmermehr im schlaffen fett!
Sucht Christum stets im hertzensbett!
Wann Christus ist eur einger kummer,
Wird eines wachen oder schlummer.
24. 48.
Zeit schleust di zeit in ihrem ringe,
Das schnellste allerschnellster dinge,
Das doch so langsam uns fortläufft,
Und so gantzflüchtig uns fortstreifft.
Zeit wil sich selbst in sich entschlüssen,
Verschleust, was wir nicht wissen müssen
Im Anfang, da ihr end beginnt!
Im Ende, da ihr Anfang rinnt.
Wem Zeiten sind als Ewikeiten,
Der wird nicht mehr um zeiten streiten.

[247] 3. Der Dreitag oder Dinsttag
9. Dreitagsabendtheil

1. 49.
Ach sämann, gehstdu fort im säen?
Wil sich dein samen virfach drehen!
Der erste fället nach dem steg:
Di Vogel hohlen ihn hinweg.
Der zweite, der am fels bekliben,
Wird von der Sonnen aufgeriben.
Der dritte, der in dörnern blikkt,
Wird von den dörnern gar erstikkt.
Der virdte, der auf gutter Erden,
Wil mit drei zahlen fruchtbar werden.
2. 50.
Befälscht der Feind den gutten akker,
Als alle sind im schlaffen wakker?
Das unkraut wächst bei reiner saat
Zur erndte nach des Hausherrns rath.
Er lis mit nichten dis ausjäten,
Das nicht vil weitzen würd vertreten:
Als beides ward geschnitten ab,
Gab er dem feur di Feindesgab;
Der scheunen aber das getreide
Zum Feindesschmertz, und seiner freude.
3. 51.
Christsprosst im innerm Seelenreiche
Das Gottesreich dem Senffkorn gleiche?
Es ist der allerkleinste Sam,
Der imals in di Erde kam:
Wann aber solcher fortgepflantzet,
So hat er sich so hoch umschantzet,
Das ihm nur mus ein ider Kuhl
Einräumen seinen Königsstuhl:
Er wird so weit und breit sich schatten,
Das drunter Vögel sich begatten.
4. 52.
Durchsäurt das Königreich der himmel
Der Menschen hertz im Weltgewimmel,
[248]
Gleichwi der Sauerteig sich zeugt,
Mit dem ein Weib drei scheffel teigt?
Sind so durchsäurt di dreianfänge?
Der dreien zeiten dreihauptgänge?
Wann alles teiget voller krafft
Zur allerersten Engelschafft,
Zur Heilikeit, di gantz vollkommen,
Dann ist der Anfang neu vernommen.
5. 53.
Ein schatz, der in dem feld vergraben,
Wolt seinen Finder strakks erlaben,
Das er das gantze feld erkaufft
Nur um den Schatz, dem er nachlaufft.
Er hat sein alles hingegeben,
Das er den Schatz nur könte heben,
Der ihn mit solcher freud erquikkt,
Das er sein libstes ihm entrükkt.
Der Schatz der ist das Reich von oben:
Er wird um Alls und nichts erhoben.
6. 54.
Fürtrefflich ist, mehr als gesaget,
Di einge Perl, an di gewaget
Der Perlenkaufmann allen schatz
Mit allen Perlen auf dem platz.
Ihr weisser schnee mit ihrem winken
Macht ihm gleich allen mutt versinken;
Er rif: Fahrt, Perlen, fahrt dahin!
Di einge Perl ist mein gewinn.
Di Perle, di ihn hält gebunden,
Ist Gottesreich, in uns empfunden.

10. Dreitagsnachttheil

7. 55.
Gemengtes zeucht das netz im meere,
Und manche Fisch aus idem heere:
Wann es gezogen auf den rand,
[249]
Dann scheidet gutts und bös das land.
So auch das netz des Himmelreiches
Zeucht aus dem Weltmeer hochungleiches:
Doch am Weltende scheidt sich raus,
Das nicht gehöhrt in Gotteshaus.
Di Engel werden beides stellen:
Das gutte Gott, das bös der Höllen.
8. 56.
Hab acht auf jenes Schalkknechts sinnen,
Der seines truges bald ward innen.
Zehntausend pfund war seine schuld:
Sein König schenkt si ihm aus huld.
Ein mitknecht must ihm hundert groschen:
Nachdenken war in ihm erloschen.
Er kerkert ihn. Drauf brach der grimm
Im König seine gnadenstimm:
Er fodert alls ohn all erbarmen,
Wi er gethan zuvor dem armen.
9. 57.
Jerichum wolt ein Mensch bereisen,
Als ihn durchstach der Mörder eisen.
Er lag am wege nakkt, halb tod:
Ein Prister sah erst seine noth.
Drauf ging vorüber ein Levite:
Und endlich stund ein Samarite.
Der gos zur wunden öl und wein,
Nahm ihn selbst mit, versorgt ihn fein,
Bezahlt den Wirth, lis ihn genesen:
Wer ist der nechste doch gewesen?
10. 58.
Klein, überklein sind meine speicher;
Mein Korn ist gros. (So schlos ein Reicher.)
Ich wil stat diser bauen neu,
Drein sammeln alls: dann leben frei.
Du meine Seel! Du kanst nun essen,
Und deiner sorg vil Jahr vergessen.
Gott sprach: Du Narr, in diser nacht
[250]
Ist deine lebenszeit vollbracht.
Wem bleiben doch nun deine gütter?
Der Geitz der stürtzet di gemütter.
11. 59.
Las länger nicht im Weinbergsgarten
Den Feigenbaum di Erd entarten:
(So sprach sein Herr) der sonder frucht
Nun bei drei Jahr von mir besucht.
Der Gärtner bat noch eins zudüngen,
Ob er dann früchte möchte bringen,
Und ob villeicht auf eins ersätzt,
So vil er vor di Erd verletzt.
Tragt, menschen, tragt nun endlich früchte:
Sonst ist eur zil bald zum Gerichte.
12. 60.
Mensch, merk auf den, der vil lis ruffen
Zum Abendmahl nach dreien stuffen.
Der erste zeucht den akker vor,
Der zweite hub fünff joch empor,
Der dritte hat ein Weib genommen:
Drauf hohlt er Betler, Blinde, krommen.
Er zwingt, weil übrig mancher Ort
Von strass und zäunen alle fort:
Doch keiner, di zuerst geladen,
Erlangen um des spotts genaden.

11. Dreitagsmorgentheil

13. 61.
Neunneuntzig schaffe hat gezählet
Der gutte Hirt, dem eins nur fehlet:
Er lis si all und sucht es klug,
Bis er an seinem hals es trug.
Ein groschen fehlt dem Weib von neunen:
Si kehrt den platz, sucht ihn mit weinen.
Als grosch und Schaf ward hergestellt,
Ward freud im hause und im feld.
So jauchtzen meist di Engelkohren,
Wann widerkommt, der meists verlohren.
[251] 14. 62.
O beide Söhn ungleicher Erbschafft!
Der Vater that des jüngsten werbschafft;
Er theilt ihr gutt. Der jüngste Sohn
Nahm alles mit und zog davon.
Als in der fremd er alls verschwendet,
Und auch mit ihm di Säukost endet,
Ging er zurükk und fil zu fus:
Der Vater gab ihm mahl und kus,
Zur antwort, dem sein Zorn aufsteiget:
Dein Bruder ist heut neugezeuget.
15. 63.
Preis überkam noch der Haushalter,
Der ungerechte guttverwalter:
Als er verlihren solt sein amt,
Ruft er di schuldner allesamt:
Er mindert idem seine schulden,
Das si ihn möchten wider dulden,
Weil er auch ihnen freundschafft that.
Sein Herr must loben seinen rath,
Das er im ende handelt klüglich
Mit seinem Mammon, der betrüglich.
16. 64.
Qual nicht di Qual sehrungleich beiden,
Da jener dort, der hir mus leiden?
Der Reiche lebte voller pracht:
Auf Lazarn nahm er keine acht
Vor seiner thür um ihn zulaben,
Bis ungleich beide warn begraben.
Der Arme sas in Abrams schos:
Der Reiche höhrt sich gnadenlos.
Er bat um Wunder vor fünff Brüder,
Als wüste Mosen nicht ein ider.
17. 65.
Recht ward dem Richter ausgezwungen,
Auf den di Witwe stets gedrungen;
Dem si ins hertze mächtig grif,
Als si ihm ohne Ruh nachlif.
[252]
Er sprach: Ob ich gleich Gott nicht ehre,
Auch nimand auf dem Erdkreis höhre:
Doch weil di Witwe stets mich quält,
So sei ihr Recht nu zugezählt,
So ist ein ende ja ihr flehen,
Das ich vor ihr mag ruhe sehen.
18. 66.
Scheint nicht sehrungleich beider beten,
Di in den Tempel einhertreten?
Der Pharisäer brachte dank,
Das er nicht zölnerisch ersank:
Der zölner blib vom weiten stehen,
Aus scham um näher hinzugehen;
Er sprach: Ach Gott, gib gnad und huld
Mir armen Sünder voller schuld!
Der Pharisäer ward weit schlechter,
Als den er hilt vor ungerechter.

12. Dreitagsmittagtheil

19. 67.
Taglöhner dingt ein Herr beim Morgen,
Um sold, der ihnen unverborgen.
Um drei Uhr sah er andre stehn,
Di er zum Weinberg auch his gehn.
Um sechs, um neun, um eilf desgleichen:
Er lis den sold am Abend reichen.
Di ersten murrten, als vorm dinst
Den letzten ward ihr gleich gewinst.
Der Hausherr sprach: Welch Zornaufblähen?
Mein guttes thun macht scheles sehen.
20. 68.
Verreist eur Herr in ferne länder?
Zehn Knechte merkt auf eure pfänder!
Ihr Bürger, thut, was er euch his!
Sein neues Reich ist sein gewis.
So ists? Er kommt! Seht, wi er ehret,
Di treulich ihm sein gutt vermehret.
Der Knecht, der ihm erhandelt nichts,
Verleuhrt zugleich sein eignes Ichts.
[253]
Di Bürger, welche sein gespottet,
Di werden vor ihm ausgerottet.
21. 69.
Wi widrig reden beide kinder?
Das eine sprach: Ich wil nichts minder,
Als in den Weinberg, zu der zeit:
Doch es ging hin, weil es bereut.
Das zweite zeigte sich höchstwilligst
Vor seinem Vater, wi es billichst:
Allein es blib an seinem Ort,
Volthate weder pflicht noch wort.
Welch Christ volbringet Gotteswillen,
Wann Turk und Juden ihn erfüllen?
22. 70.
Xsirt man so den Sohn, Verräther?
Sind dis di frücht, ihr Übelthäter?
Hat darum euch der Herr belehnt?
Di ersten Boten sind verhöhnt;
Di zweiten mehr: noch mehr di dritten,
Di vilerhand den Tod erlitten.
Dann folgt der rechte Weinbergserb.
Ein ider rufft: Er sterb! Er sterb!
Wi wird des Hausherrn Zorn aufwachen?
Er wird mit euch streng garaus machen.
23. 71.
Y dreier art der dreien Gäste!
Was? wolt ihr nicht zum Hochzeitfeste,
Das seinem Sohn der König hält?
Wi? habt di Boten ihr gefällt?
Weh, weh! Di Falschheit ist gerochen,
Nun Stand und leben euch verbrochen.
Wi? kommen gutt und bös herbei,
Das ider tisch nur völlig sei?
Doch der kein Hochzeitkleid wolt tragen
Wird in di ketten recht geschlagen.
24. 72.
Zehn Jungfraun sind entgegen gangen
Den Breutigam wohl zuempfangen.
[254]
Fünff hatten lampen, öl und alls:
Fünff dachten keines wunderfalls.
Als nun der Breutigam verweilet,
So hat der Schlaf si all ereilet.
Man rufft: Er kommt! Si wachen auf!
Nun weil di fünff um öl im kauf,
Wil er nur fünff allein erkennen:
Es war umsonst nach öl erst rennen.

4. Der Virtag oder Mittwoch
13. Virtagsabendtheil

1. 73.
Anmerk, O Christ, zu allen zeiten
Das neun der Weh und Seelikeiten!
Rechtseelig, welcher arm im Geist;
Der traurig; der sanfftmüttig heist;
Der voller Rechts; der sich erbarmet;
Der Reinikeit; der Frid umarmet;
Der um das Recht verfolgung trägt;
Der stets um Gott wird ausgefegt.
Unseeligs Neun, das dis ausführet!
Wann es uns krönt, wird es entziret.
2. 74.
Besaltze recht dein gantzes leben,
Das Gott zum saltz der Welt gegeben.
Du bist ihr Licht: Drum leuchte klahr.
Di Stadt am Berg ist offenbahr.
Di Kertze wil am leuchter stehen,
Das all im haus im lichte gehen:
So leuchte auch mit voller stärk,
Ein Beispil in dem Wort und Werk,
Das euer Vater, der dort oben,
Um euer gutts allein erhoben.
[255] 3. 75.
Christfolge stets das innre Wesen,
Was im Gesätz und Schrifft zulesen.
Volführ in dir, was dort gebildt,
Das auch kein i dir unerfüllt.
Du solst di Zehngebot auskernen:
Ihr inners Zehn durchaus erlernen.
Dein Christenthum ist zehnfach mehr,
Als imals war der Juden lehr.
Zehnfächtig ist das Vorbild minder
Als selbst das Wesen, das der Kinder.
4. 76.
Durchdringe mit der reinsten libe
Auch deiner ärgsten Feinde tribe.
Durchsegne, welcher dich verflucht:
Umhalse, der dein Unglükk sucht.
Thu, wi dein Vater. Seine Sonne
Gibt gutt- und bösen täglich wonne.
Welch Sünder libt nicht seinen Freund?
Si meinen wohl, der si wohlmeint.
Nachahme Gott, und sei vollkommen,
Weil du aus Gott ja bist genommen.
5. 77.
Erkenne, was dir schuld gebühret,
Wann du zum gutten bist entrühret.
Gib nicht Almosen voller pracht,
Das du darinnen grosgemacht.
Las deine linke hand nicht wissen,
Was aus der rechten wolt ausflüssen.
Di Heuchler haben hir den lohn,
Und dort bei Gott nichts mehr davon.
Gib heimlichst, gib. Gott wirds anblikken,
Und offentlich belohnung schikken.
6. 78.
Formtrage nimmer mit vil beten
Nach Heuchlerart vor Gott zutreten,
In tempeln, häusern, auf der stras
Mit langer Heilikeiten Was.
Verschleus di kammer, da du kniest,
Aufs heimlichst, wann zu Gott du flihest.
[256]
Dein Vater siht wohl, was du thust,
Wann du in ihm alleine ruhst.
Gott wird dirs offentlich vergelten
In disen und jenen Welten.

14. Virtagsnachttheil

7. 79.
Geistbete, wi wir beten sollen,
Nicht wi dein Fleisch und blutt nur wollen.
Sprich: Vater, der im himmel wohnt,
Dein heilger nahme sei bethront,
Dein Reich das komm, dein Will geschehe,
Gib täglich brod, um das ich flehe,
Vergib, wi ich vergeb, di schuld,
Versuch Uns nicht, Ach hab gedult.
Dein ist das Reich, di krafft und ehre:
Di aller Zeiten Zeit vermehre.
8. 80.
Heimstelle gäntzlich Gott dein alles;
Vergib, vergib auch was vor falles,
Das dir vergeben wider werd
Im Himmel und hir auf der Erd.
Vermeide nur dein eigentrutzen,
Und deiner sachen eigenputzen,
Weil dir sonst gleiches widerfährt,
Wann du Vergebung hast begehrt.
Dein Vater wil mit dir auch handeln,
Wi du mit andern pflegst zuwandeln.
9. 81.
Jauchtzschreie, wann du Gott wilst fasten,
Und nihm nicht an der heuchler lasten:
Vor menschen haben si gedint;
Vor menschen ist ihr lohn vergrünt.
Du must di faste heimlich werken,
Das andre menschen nichts anmerken.
Im eusern thu, wi du sonst pflegst,
Wann du um Gott di fast anlegst:
[257]
So wirstdu dich um Gott kasteien,
Und ewigst dessen dich erfreuen.
10. 82.
Klahrmache dir bei Gott di schätze,
Das si kein dib dir mehr verletze.
Es wohnt dein hertz auf solchem platz,
Wo ihm vergraben ligt sein schatz.
Ist nun dein schatz bei schaben, Motten;
So wird dein hertz im schatz verrotten.
Wo nun dein schatz im himmel gläntzt,
So hat dein hertz ihn dar umgräntzt.
Gib Gott dein Alls; Gott wirds bewahren:
Du wirsts dis hir und dort erfahren.
11. 83.
Lichtleuchte lichte mit dem lichte,
Aus welchem eintzig dein gesichte.
Ist dises sauber, rein und schlecht,
So ist dein leichnam licht und recht:
Wo aber dis in dir verglinstert,
So ist dein leichnam auch durchfinstert.
Wo selbst dein Auge finster schaut,
Welch finster, das des finstern Braut?
Das finsterste des lichts ist lichter,
Als lichtste theil der Nachtgesichter.
12. 84.
Mittheile dich nicht zweien Herren,
Wo du nicht wilst dein heil versperren.
Wann Gott und Welt dir werden eins,
Wird dir von beiden endlich keins.
Wi wilstdu Gott und Mammon wählen?
Um speis und trank und kleid dich quälen?
Ist nicht di Seele vor der speis,
Der leib vor kleider gleicher weis?
Wer ist doch, der den Vögeln fischet,
Di Blumen kleidt, di Lilg erfrischet?
[258]

15. Virtagsmorgentheil

13. 85.
Nachtrachte Gottesreich vor allen:
Las Gotteslob aus dir erschallen.
Gedenke erst, was Gott befahl:
O wandle rein in Gottesstrahl.
Natur wird selbst vor sich zueilen:
Natur mus nothdurft dir mittheilen.
Versorgt euch nicht nach Heidenart:
Gott hat eur theil euch längst bewahrt.
Was denkt ihr heute schon auf Morgen!
Lasst iden tag vors seine sorgen!
14. 86.
O richte keinen, wi di bösen!
Gott löset, di den nechsten lösen:
Verdammet den, der stets verdammt,
Gibt gleiches mas und gleiches amt.
Der Urtheil gab, mus es empfangen.
Was ider that, wird er erlangen.
Gestrengen Menschen wird Gott streng:
Hält gleiches Mas, gewicht und meng.
Sei fremder schuld, O mensch, genädig:
So wirstdu eigner schuld selbst ledig.
15. 87.
Probprüfe deinen eigen balken,
Und sih, was selbst in dir wil walken.
Bespigel dich im eignem hemd,
Eh du bespigelst andre fremd.
Entbalk dein aug und sei ein Ritter,
Eh du entsplitterst jener splitter.
O richte dich, eh du si richtst,
Und von dem nechsten übelsprichst!
Du Heuchler, such in eignen gründen,
Nicht anderer, was auszufinden.
16. 88.
Quellquille ni mit Gottesquellen
Den garstigthirischen der höllen.
Gib Perlen ni der Sau und Hund:
[259]
Si treten si und dich zu grund.
Das heilge macht di Weit unheilig.
Beim Bösen ist das gutt nachtheilig.
Der Narr schmäht höchster Weisheit tif:
Der Pöfel, was es nicht ergrif.
Brich Rosenlilgen, wo si nützen:
Sonst wirstdu dich gewaltsam ritzen.
17. 89.
Rechtklopffe fort, bis aufgeklopffet.
Ein stein wird mürb, der stets betropffet.
Aufbete ernst, bis du erhöhrt:
Durch zagheit hastdu dich versehrt.
Imehr du bittst, imehr zunehmen,
Wer sucht, der findt: las hir dein schämen.
Ein Vater gibet brod und fisch;
Nicht stein und schlang am kindertisch:
Gibt nun ein Böser gutts den seinen,
Wi solte Gott dir gutts verneinen?
18. 90.
Stets-thue dises deinen Brüdern,
Was du empfahen wilst von idern.
Dis, was von dir vor dich begehrt,
Das sei dem nechsten dargewehrt,
In leid, in freud, in schand, in bande,
In noth, in tod, in idem stande.
Bedenke stets: Nun dir, bald mir.
Er ist, wi ich. Dort uns, ihm hir.
Dis wil di schrifft nur austrompeten:
Dis ist gesätz und di Propheten.

16. Virtagsmittagtheil

19. 91.
Taglaufe an den engen stegen,
Nicht auf den breiten Königswegen.
Durchzwänge dich durchs kleine thor,
Zeuch es den grossen pforten vor.
Erschrikk nicht vor den dornensträuchen:
[260]
Vorn hügeln, felsen, klippen, leichen.
Steig mit dem armen hauffen auf:
Sih nicht nach jener Rosenlauf.
Der schmale steg macht himmelserben:
Der breite weg wil ewig sterben.
20. 92.
Verkenne ni di falschen Prister,
Der höllschen Drachen Schlanggeschwister.
Si schmeicheln allen als ein Lamm:
Und stellen sich als Gottesstamm.
Si sind di Wölfe, di zureissen,
Ob si auswendig Lammvoll gleichen.
Di heerde wird zu ihrem raub;
Durch si verderbt der wahre glaub:
Di heilge schrifft wird zu dem Babel,
Das stets ermordt der fromme Abel.
21. 93.
Wohlmerke doch di frücht der bäume:
Der gutt und bösen ihre käume.
Der Weinstokk träget keinen dorn:
Di distel Feigen oder Korn.
Ein gutter baum bringt lauter guttes:
Ein fauler ist des faulen bluttes.
Ein gutter Mensch bringt guttes fort:
Ein böser bös an idem wort.
Gott würkt das gutte: was ist zweifel?
Wer guttes schwärtzt, der ist vom Teufel.
22. 94.
Xgleiche mit den wahren Christen,
Di Gotteswillen nur gelüsten;
Di voller gutts und voller that
Erfüllen ihres Jesu Rath.
Der Vater wil den Sohn gebähren,
In Heilger hertz und sich verklähren,
Das ausgeh da der Heilge Geist,
Weil Gott ihr Vater ewigst heist.
Der Gott und gutt in Heilgen schändet,
Der ist, der euch und sich abwendet.
[261] 23. 95.
Yeine Gottes heilge Schrifften
In dir mit Gottes eignen trifften.
Sei kein Prophet in Gottes nahm,
Eh Gottes krafftwort dir aufkam;
Eh Satan ward aus dir vertriben,
Eh Gott in dir sich eingeschriben.
Wann du vertrittest Tod und Sünd,
So wirstdu recht zu Gotteskind.
Di nur um Gott historisch rennen,
Wil Gott noch hir noch dort erkennen.
24. 96.
Zufelse auf den Christusfelsen,
Was du von Christo wilst umhälsen:
Bau fest auf Christi geist dein haus,
Nicht auf der meinung sand und graus.
Dem werden eintzig nimmer bitter
Platzregen, flutten, ungewitter,
Der fest auf Christi felsgrund steht,
Und gantz in Christi leben geht.
Mein Jesus, las auf dich mich bauen:
So werd ich hir und dort dich schauen.

5. Der Fünfftag oder Donnerstag
17. Fünfftagsabendtheil

1. 97.
Anschaue tif mit allen sinnen
Leib, seel und alles dein beginnen,
Wi dein gemütt aus Gott sich wend,
Und treulos sich von Gott ablend;
Wi nur dein zil ein irrdisch leben,
An dem du wilst stat Gottes kleben;
Wi Gott entgegen deine trib
Ohn Gottes und des nechsten lib:
Wi nur dein fleisch zur wollust eitel,
Und wi du falsch vom fus zur scheitel.
[262] 2. 98.
Betrachte recht des Adams fallen,
Durch das du wilst so feindlich wallen;
Wi Satan alles hab erwekkt,
Di ersten eltern gantz beflekkt,
Durch neid und trug si beid betrogen,
Bis er von Gott si abgezogen;
Dadurch entsprung der Gotteszorn,
Und alles Erdenelends born,
Das wir des Todes müssen sterben,
Und nur verwesung endlich erben.
3. 99.
Christsinne, was das drei der ketten,
Das du nicht kanst dich draus erretten.
Di erste ist di finstre Welt,
Da Gotteszorn di Seele hält.
Di zweite kett des Teufels willen,
Der stets di Seel mit sich wil füllen:
Mit Hoffart, geitz, neid, zorn und trug,
Und machen solche höllisch klug.
Di dritte kett di irrdschen glider,
Dein fleisch und blutt, das Gott gantz wider.
4. 100.
Draufdenke auf des Kaines thaten,
Auf Judas höllisch Christverrathen,
Das du, wi si, voll höllabgrund
Vertrittest Jesu Christi bund;
Das du verräthst sein heiligs Leiden,
Mit dem er dich wolt ewigst kleiden:
Das du meineidig deiner tauf,
Und gibst dein Recht glaubbrüchig auf,
Das du dich thörlichst wilst stets freuen
Mit trebern von des Teufels säuen.
5. 101.
Erwige ernst des Todes rächen,
Der stündlich dräuet einzubrechen:
Er wartet schon den augenblikk
Zufällen dich durch seine tükk.
Er wil erhaschen dich im greuel
Recht ohne deiner Sünde reuel;
[263]
Verkürtzen noch di lebensuhr,
Und reissen weg dich vor Natur,
Dann halten in der finstern kammer
Zum Gotteszornsgerichtesjammer.
6. 102.
Fürmodle Gottesernstgerichte,
Und sein erschrekklich Zorngesichte,
Da du lebendig wirst gebracht
Mit deiner Wort und werke nacht;
Wi alle werden dich verfluchen,
Di nun mit dir di sünde suchen;
In was du dann vor schand und spott;
In was verzweifeln, schrekknis, noth;
In was vor sünden, lastern, mängeln
Vor Jesu Christ und allen Engeln.

18. Fünfftagsnachttheil

7. 103.
Gedenke der verdammten bildnis,
Der höllschen finsternisse wildnis;
Das da mehr keine menschgestalt,
Nur Würm und Thire mannigfalt;
Nur höllischgrause Schlanggeheuer,
Und schrekkgeschöpff im finstern feuer;
Das ewigst du von Gott getrennt;
Vor Engeln, menschen bleibst geschändt;
Ein duppelteufel unter Teufel,
Verzweifelt mit verfluchtstem zweifel.
8. 104.
Hochachte, das di Ewikeiten
Dir ewigewigst Pein bereiten
Der ewigewigstewgen qual
Im ewigewgen schrekknisthal,
Da du hergegen köntest wohnen
Gottähnlich bei den heilgen thronen
In ewigewigstewger lust,
[264]
Di grösser noch als uns bewust:
Und das du dises dir verschertzest,
In dem du fleisch und blutt umhertzest.
9. 105.
Insihe weislich alle dinge,
Auch gutt und bös und was es bringe.
Der fromm und böse laufft ans zil
Mit jammern, furcht, nicht wi er wil.
Der fromm und böse wird begraben,
Und müssen gleich verwesung haben.
Es ist der Tod der Heilgen Ruh:
Den bösen Unruh dort und Nuh.
Auch beider zeit ist gleich zuschätzen:
Doch ungleich ist ihr leid, ergetzen.
10. 106.
Kundschaffe klüglich durch nur alles
Des virgetheilten Erdspilballes;
Den höchsten und den kleinsten stand,
Und was vor unlust ieder fand;
Des Bettlers schlaf, des Kaisers Morgen;
Der armen müh, der reichen sorgen;
Der Knechte speis, der Herren tisch;
Kundschaffe, wer am meisten frisch?
Bei wem di meisten hauptbeschwerden?
Ob Knechte nicht sind Herrn der Erden?
11. 107.
Lehrlerne, das dir schon entwichen
Auf ewigst sei, was dir entstrichen;
Das du im leben samen sträust,
Und dort desselben frücht abmeihst.
Imehr du bist im säen wakker
Auf dises lebens irrdschem akker:
I grösser ist di Himmelserndt,
Da ewigst wird di frucht gekernt
Zu einem der neun seelgen orden;
Mit dem du bist gleichwichtig worden.
12. 108.
Muthmasse, was dir gleich entgangen,
In dem du gleich dis angefangen!
[265]
Was di Minut sei vor ein schatz,
Di nun verlauff auf disem platz?
Si ist so gros im Weisheitspigel,
Ob si der zeit geringster flügel,
Das eine hütt dem Kaiserthum
Zugleichen hir hab gleichheitsruhm.
Muthmasse, was dir eine stunde,
Geschweig ein Jahr, im innerm grunde?

19. Fünfftagsmorgentheil

13. 109.
Nachgrüble, was mit dir gestritten,
Wann du zur Buss in dir geschritten;
Warum das fleisch di Buss verschob,
Und stets der Raben Gras erhob;
Das deine Seel im armen ächtzen,
Vergebenst nach der Buss wolt lächtzen,
Und sank in Ohnmacht kläglich hinn,
Bis wahre Buss aus ihrem sinn;
Das ob si stets erkandt di schulden,
Doch ni gekönnt der Busse hulden.
14. 110.
O öffne, was di Buss itz dämpffe!
Was dir dein reu und leid abkämpffe!
Dein fleisch ist, das der seel vorleugt,
Thu das, Thu jens, und si betreugt.
Fahr ernstig fort gleich im vornehmen;
Raff alls in eins ohn ein bequemen,
Ohn dis und das im festem ernst!
Thu gleich, thu gleich, was du erlernst!
Nun, Nun ist di Minut gebohren,
Di Gott zur Busse dir erkohren.
15. 111.
Pfropffpflantze stark in Jesu hertze,
Und bäume raus durch schmertz und schertze,
Was Jesus Christ in dir gepflantzt,
Bis dein senffkörnchen sich verschantzt.
Erwachse in dem Rosengarten,
[266]
Aus Jesustod, durch aller arten,
Und wurtzel tiffer in dem Wind,
In sturm und hitz als Gotteskind.
Dein Pfröpfflein werd ein Baum geschwinder,
Als Satan wuste dich zum Finder.
16. 112.
Qualquäle, was dir widerstehet,
Den fleisches geist, der sich vergehet,
Und tausend qual in dir gebährt,
Bis er in dir aus dir verzehrt.
Sprich hurtig: solstdu gleich verschmachten,
So werd ich dises doch nicht achten,
Bis ich vollendet meinen Krig,
Und bin beperlt mit Jesus Sig.
Auf, Auf, zur kett! Auf, Auf, du Böser!
Der Tod ist nur allein dein Löser.
17. 113.
Reuruffe, ob dir treu entflogen,
Ob untreu dich in dir umzogen!
Obschon im vollem ernst dir fehlt
Der rechte ernst, den Gott erwehlt.
Glaub ernstig fest, das Gotteslibe
In dir selbst würke dise tribe;
Das Jesus suche nun dein heil,
Und dis von ihm sein erstes theil;
Das du vor ihm nun gleich erscheinest,
Und um di reu warhafftig weinest.
18. 114.
Schmertzseufftze, das du Gott verlassen,
Gelibet, was er pflegt zuhassen,
Und dich mit sünden schandbeflekkt,
Das Gotteszorn in dir entstekkt.
Schrei voller reu ob allem fallen!
Um dein vergangnes sündenwallen!
In deines Fleisches Satansdinst!
Halt Gotteszorn nun vor gewinst!
Heul innig, das du gutts verhindert,
Und Gottesehren dir vermindert.
[267]

20. Fünfftagsmittagtheil

19. 115.
Thräntraure nicht mit hertzensthränen,
Wann Welt und Satan wollen bähnen
Sehr scheinbar dir den sündenweg,
Und herrlich pflastern seine steg.
Erschrikk das kleinste Ichts zuhöhren,
Das Gottesreich in dir könt stöhren.
Schau zitternd weislich stets zurükk
Auf deines fleisches alte tükk:
Verlasse, was dich libgepflogen!
Was von der Warheit abgezogen!
20. 116.
Vernünfftle strakks nun rechtvernünfftig,
Das hohn und schande dir zukünfftig,
Weil di Vernunfft nimals begreifft,
Was über si im innerm reifft;
Das Satan deiner werde spotten
Durch deine Freund, durch böse rotten;
Das er dich titteln werd aus list,
Und sagen alls, was er selbst ist;
Das Christus werd di Braut selbst dekken,
Weil fleisch noch Welt sein mahl sol schmekken.
21. 117.
Wegschaffe gantz aus deinen augen,
Woraus du woltest gifft vor saugen.
Vertraue ni dem feur beim stroh:
Es wird entstekkt leicht von der loh.
Des Satans pfeiffe klinget süsse.
Gelegenheit macht Seelenrisse.
Verlasse alles, was dich reitzt,
Und sei Christähnlich dir gekreutzt.
Verschlüsse wohl das fünff der thüren:
So wird der Tod sich nicht einführen.
22. 118.
Xlibe Kreutz als deine Wonne,
Und fürchte nicht das schwartz der Sonne:
[268]
Folg Jesu nach, dem Gotteslamm,
Geduldiglich am Kreutzesstamm.
Du must, wi Christus, Christlich wandeln,
Wann Gotteszorn mit dir läst handeln,
Wi er mit Christo selbsten pflag,
Als er stat deiner schuldig lag.
Di Kreutziger sind dir zum dinen,
Das du aus Christi tod könst grünen.
23. 119.
Yähne kräfftig mit zerbrechen
Di Ketten, welche dich verschwächen:
Zerreis mit Jesuslibeskrafft
Den Gotteszorn der Abgrundschafft.
Zerschelle gantz durch dein zerschellen
Das Elementenvir der höllen.
Entsterbe muttigst fleisch und blutt
Mit suchung, was das höchste gutt.
Wo du di drei in dir zerbrochen,
Ist zorn, höll, fleisch in dir entrochen.
24. 120.
Zusage Buss mit Büssungswerken!
Las reichlich neue früchte merken,
Das wahre Bus aus dir erzeugt,
Und alle falschheit strakks entzweigt.
Sophia wird in dir einzihen,
Den Seelenstahl mit sich durchglühen:
Di Himmels-fürstinn, di verlis
Den Adam, wird dein Paradis.
Jehova Jesus! Komm, vermähle
Sophien mir, di ich erwähle!

6. Der Sechstag oder Freitag
21. Sechstagsabendtheil

1. 121.
Andächtig sei in Gott entzündet!
Auf Gott durch Gott aus Gott gegründet!
Von gantzer Seelen, Geist und hertz!
[269]
Von aller krafft, ohn schein und schertz!
Alleine zu Jehovah ehren
Um seinen ausflus zuvermehren
Durch Jesum dir, wi er ausflos,
Eh er sich in geschöpffe gos,
Eh noch di Engel ausgeflossen:
Eh Gottes diser kreis genossen.
2. 122.
Behuttsam sei in deinen worten;
Verschleus wohl deines Mundes pforten:
Bedenke, eh noch aufgethan,
Ob deine rede nutzen kan;
Ob si zu Gotteslob erschallet,
Und deines Nechsten nutzen hallet.
Ach nihm di zunge wohl in acht,
Das si nichts rede unbedacht!
Di rede scheint zwar dir verschwunden:
Allein di lufft hält si gebunden.
3. 123.
Christmässig sei in allen dingen,
Di du auf Erden fort sollst bringen,
Nach Jesu Christi lebensart:
Di stets von dir vor dich bewahrt.
Las spüren Jesu Christi wandel
In deinem leben, reden, handel!
Ach folge Christo gäntzlich nach
Aus hertzensgrund ohn einig ach!
Christs irrdsches leben war vollkommen
Um unser beispil vorgenommen.
4. 124.
Demüttig sei in allen sitten,
Von hochmutt in dir unbestritten:
Rechtnidrig, in geberden rein,
In deinem aug hertzinnigklein.
Dein Jesus wil vor alles rathen
Di Demutt stets mit Demuttsthaten:
Er hat sehr nidrig hir verkehrt,
[270]
Das Gott di ehr allein gewährt.
Gott ist di höh, Alls aller gaben:
Drum nidrigt er, di sich erhaben.
5. 125.
Einfältig sei gleich wi di Tauben:
Ohn alle gall und einig schnauben.
Gott ist ein gantzeinfältig Geist,
Und libt di Einfalt allermeist.
Einfältig sei mit list der Schlangen,
Das Bosheit sich dadurch verfangen,
Di ni der Einfalt krafft erkennt,
Und sich an Einfalt strakks verrennt.
Das einfach Eins schleust alle tausend,
Und ist doch Eins mit Eins hersausend.
6. 126.
Furchthafftig sei mit stetem zittern,
Wo sich das Sündenheer wil wittern,
Als wärstdu schon von ihm umringt,
Weil seine nah dich halb schon zwingt.
Dein Seelenfeur ist kaum verborgen:
Drum trage furchterfüllte sorgen,
Weil es dir näher als dir kund,
Und leichtlich öffnet seinen grund.
Di Furcht der sünden wird dir nützen,
Und dich vor sünden best beschützen.

22. Sechstagsnachttheil

7. 127.
Gelassen sei auf Gottesgütte
In Seele, Geist und dem gemütte.
Was Gott mit dir in dir wil thun,
Das heisse nur dein eintzig ruhn.
Du bist von Gott aus Gott erzeuget:
Um Gott von Gott aus Gott geseuget.
Nicht dein, nur sein, Gott ist dein Alls:
Drum lasse Gott dich alles falls.
[271]
Sein will geschen im Pol und Erden.
Was Gott auch wil, dis freu zuwerden.
8. 128.
Hochhoffend sei auf Gottesgnaden,
Mit was dich Gott auch wil beladen,
Mit was dich Gott auch niderdrükk,
Beschwer, belaste, verunglükk.
Las nicht in dich den kleinsten zweifel:
Sein Vater ist dein Feind, der Teufel,
Der dadurch dich von Gott abführt,
Von Gott, der ihn und dich regirt.
Gott ist nur gutt, di Quell des guttes.
Gott wil dir gutt: sei gutten muttes.
9. 129.
Inbrünstig sei mit deinem beten
Stets tag und nacht vor Gott zutreten,
Weil du mit Gott so offtmahls sprichst,
So offt du dich zu Gott aufrichst.
So offtmahls du vor Gott erschinen,
So offt wil neue gnad dir grünen.
Gott gibt stets mehr, imehr er gibt.
Gott libt stets mehr, imehr er libt.
Gott ist nur gutt, und gutt unendlich,
Den wahren Betern nur erkändlich.
10. 130.
Kleinhaltend sei von dir in allen,
Wo du nicht wilst sehrleichtlich fallen.
Trau nimmer deiner selbstheit krafft:
Si nimmt im kleinstem dich in hafft.
Lehn ab, lehn ab stets Gott versuchen.
Es sei das kleinste, flih dein puchen.
Wann Gott mit dir, so schätz als dampf
Den allerschwersten Risenkampf.
I grösser Feind, i kleiner schrekken:
I kleiner Feind, i grösser schmekken.
11. 131.
Libseelig sei mit wahrer libe
Durch Gottes seine libestribe
Vor Gott und ides Menschenkind,
Sei gegen nimand feindgesinnt.
[272]
Im Libsgebot, uns anbefohlen,
Sind di gebote gleich verhohlen.
Gott ist di Lib. Aus Lib erschuf
Gott di Geschöpff zum Libesruf.
Gehorsam wächst im Libestamme,
Gott flammt als Gott in Gottesflamme.
12. 132.
Mashabend sei in allen sachen:
Vornemlich in dem freundschafftmachen.
Zuvil, zuwenig sind zwei gifft:
Recht seelig, der das mittel trifft.
Du wirst den freund und dich verderben,
Dein eigne rechnung dir verkergen,
Dir häuffen Unruh stat den frid,
Wo nicht das Mas mach unterschid,
Di Sonn ist gutt, bleibt si im gleichen:
Zuvil, zuwenig macht verstreichen.

23. Sechstagsmorgentheil

13. 133.
Natürlich sei im innerm lichte,
Wi Adam war vorm fallgerichte,
Als noch Natur his Paradeis:
Und trug des gutten Lichtes preis.
Beschau des Adams reines wesen:
Zu dem du warst von Gott erlesen,
Und das dein Christus dir erwarb,
Als er stat deiner sünde starb.
Erwekk in dir di hertzensglimmer
Der Lichteslichteslichtesschimmer.
14. 134.
Ohnmächtig sei als ein geschöpffe,
Nicht nach der falschen Geister köpffe:
Nur nach des Schöpffers eigenschlus
Und seinem holden Vaterkus.
Du bist aus Gott in Gotteshänden,
[273]
Kanst weder hin noch her dich wenden,
Noch endern leben, sinnen, läng:
Alls ist gelehntes Spilgepräng.
Gott ist allein in dir allmächtig,
Wann du mit Gott in Gott einträchtig.
15. 135.
Preisgebend sei mit loben, danken
Stets deinem Gott ohn einges wanken:
Nur Gott allein gebührt der ruhm;
Das Lob ist Gotteseigenthum.
Gott war, Gott ist, Gott wird es bleiben:
Ihm ist, was ist, nur zuzuschreiben.
Sein war, sein wird im Himmel, Erd,
Was war, was wird. Sein ist: Es werd!
Sein sind di Reich, kräfft, herrlikeiten
Durch alle zeitenzeitenzeiten.
16. 136.
Quellflüssend sei aus Gottesquelle
Der hellstenhellstenhellsten helle,
Wi du anfänglich rausgequellt,
Als Seelgeistleibewig gehellt.
Ruh hir als libes Schoskind stille,
Und geh nicht aus der Mutter wille,
Das du in Gott mit Gott sanfftruhst,
Das Gott dis thue, was du thust.
So wird recht Gott mit dir nur eines,
Wann du vor dich in dir bist keines.
17. 137.
Reindenkend sei in deinen sinnen!
Ach habe nimals dörner innen,
Wann du von aussen Rosenvol!
Gedanken sind nicht frank von zohl:
Gott höhret si, der alle wäget.
Gott prüfft, was man im hertzen träget.
Gedanken voller falschen Rath
Hasst Gott schon als di halbe that.
Gott ist dem reinem hertz genädig:
Er macht es völlig schuldenledig.
[274] 18. 138.
Sanfftmüttig sei in allen stükken!
O las dich nicht den Zorn verrükken,
Wann Ort und Wort und Feind dich presst,
Wi auch mit dir Gott handeln lässt!
Du wirst durch sanfftmutt zentnerplagen
Gleich den Pflaumfedern sanfft ertragen.
Du fesselst disen, der dich schlug,
Wo sanfftmutt solchen schlag vertrug.
Der gröste sig ist sich zubinden,
Und eignen zorn zuüberwinden.

24. Sechstagsmittagtheil

19. 139.
Treuredlich sei um Gotteswegen
Dem Nechsten stets in allen stegen,
In aller weise, di vorläufft,
Weil man selbst Gott in ihm angreifft,
I fremderer ein Mensch geachtet,
I schwerer noch wird er verachtet,
Vervortheilt und vor fremd erklährt,
Weil Christo selbst dis widerfährt,
Du bist dir selbst, und Gott zuwider,
Wann du nicht libest deine glider.
20. 140.
Vernünfftig sei aus Gottesschule,
Gelehrt vor seinem heilgen stuhle
Durch den, der stets von Gott ausgeht,
Und sibeneinig Uns erhöht.
Vernunfft, di überhimmlisch gläntzet,
Di aus Sophienslentz uns lentzet,
Di ist des Heilgen Geistes frucht;
Aus Gott in Gott von Gott besucht:
Si ist der Gottesweisheit Sigel,
Und sibeneinger Wunderspigel.
21. 141.
Warhafftig sei nach Gottesbilde,
Das dir, O mensch, geschenkt so milde,
[275]
Als Gott warhafftig dich erwählt,
Und warheit dir zur Braut vermählt.
Du bist aufrichtig nach dem Orden
Jehovens erst zum menschen worden:
Di warheit hat dich gantz erlabt,
Weil dich nach sich Gott höchstbegabt.
Imehr dich warheitslibe rüget,
I näher wirstdu Gott verfüget.
22. 142.
Xgleichend sei dem Fleischesreitzen,
Wo du mit Christo dich wilst kreutzen,
Das du mit Christo durch das grab
Erlangest seine Sigeshab.
Du must das X zum vorbild nehmen,
Dich nimahls Christi geissel schämen,
Und bändigen so lang den leib,
Bis dises Ross gezähmet bleib.
Verhöhle solches falschen Winden,
Und eitelthummen Wollustkinden.
23. 143.
Yähnlich sei, das ist, dreieine
Das Gottesbildnis, das hochreine,
Das Seelgeistleibewig begrüsst,
Und mit Sophienskus durchsüsst.
Gott Vater hat in dir gebohren
Den eingebohrnen, der erkohren:
Von beiden kommt in Majestät
Der heilge Geist, der vor dich fleht.
Nun wirstdu, mensch, di Gotteswohnung,
Und des dreieingen Gottes thronung.
24. 144.
Zeitledig sei an Jesu brüsten,
Und sauge da di Milch der Christen,
Di in der zeit von zeiten leer
Versänkten gantz im Jesusmeer;
So ruh zeitledig, dir versunken,
[276]
In Jesushimmellibe trunken;
Von allem zeitband unbewust:
In brechung erster Jesusblust.
Herr Jesu, las mich gleich versinken,
Und dir in dir aus dir ertrinken!

7. Der sibentag oder Sonnabend
25. Sibentagsabendtheil

1. 145.
Abscheide dich gantzunergründlich
Von dir, das du dir unempfindlich;
Von allem zeitgeschaffnem gutt,
Trost, Reichthum, Ehre, Blutt und Mutt;
Von Büchern, Künsten, Sinnen, mängeln;
Von Freunden, Menschen, Geistern, Engeln;
Von aller neigung lustbegird;
Bis gantz verläugnet eigne zird,
Bis Gott besitz di Seel volkommen,
Wann er in dir sein Reich vernommen.
2. 146.
Bloswarte nur ohn eigenwählen,
Wann Gott sich wil mit dir vermählen:
Verläugne dich mit seel, leib, geist,
Und dich als dich drauf allermeist.
Bequeme dich ohn ein bequemen
In Gottes geben oder nehmen.
Nachaffe nichts nach eigenlib,
Und deiner seelen selbstheittrib.
Bloslasse dich dem Gottes-wille
Mit stillsterstillsterstillster stille.
3. 147.
Christgleiche, wann dich Gott erreget,
Und sich in dir aus dir beweget
Mit seiner heilgen Wunderkrafft,
Di tausendtausend kräffte schafft.
Gib ehre Gott, der durch dich werket,
Das er nur sei, der dich gestärket;
[277]
Das du sein Werkzeug auf der Erd,
Und diser gnaden nimals werth;
Das Gott davor nur sei erhoben,
Und alles Volk müss ihn beloben.
4. 148.
Danksage Gott aus Gotteshertze,
Der deine Sonn und du di Kertze,
Mit was vor licht er dich anstekk,
Und welche flamm er auch aufwekk.
Rechtunaussprechlichs Libgenüssen,
Das Gott in dir sich wolt ausgüssen,
Wi seiner Majestät gefihl,
Zu seiner freuden zil und spil.
Drum sei vor solche gnad ihm dankbar,
Und im danksagungslob unwankbar.
5. 149.
Erstarre Gott in Gottes Wesen,
Aus Gott durch Gott in Gott genesen,
Ob alles dir wär offenbahr,
Was kommt und ist und imals war.
Schreit ewigst nicht aus dem erstarren,
Und kindeinfältigst Gottes harren,
Von deines Vatern Wonn besonnt,
Von deines Vatern Sonn bewonnt.
Gott ist allein. Gott ist mittheilbar.
Wo du selbst würkst, so ist unheilbar.
6. 150.
Freimache dich vom eignem schmükken,
Und von den eignen hoffnungsblikken;
Erlerne kindlichst himmelwitz
Vom Adams fall und Satans blitz.
Si hofften beide zubestehen,
Und wolten sich Gott gleich erhöhen:
Doch fingen si sich in dem band,
Das ihnen gäntzlich unbekand,
Das gutte ist des Bösens rigel:
Di Warheit bleibt der Falschheit zügel.
[278]

26. Sibentagsnachttheil

7. 151.
Gehorsam als dein kindrecht fodert,
In libesflammen neubelodert,
Um deines Vatern libesbrunst,
Und ewigstgrössre Gnadengunst.
Gott hat in dich sich ausgeflossen,
Und dich mit sich so mild durchgossen,
Aus libeslibeslibes art;
Auch ewigstmehr sich dir verpaart.
Gott wil uns ewigst süsser treuffen,
Weit über der Geschöpff begreiffen.
8. 152.
Harthalte dich in deinem innern
Weit über euserlich erinnern,
Weit über euserliche Wort,
Das du bestehst an deinem Ort.
Gott ist, den du allein must meinen.
Gott ist, dem du allein solst scheinen
In Gott aus Gott zu Gotteslob,
Wi ihn di Ewikeit erhob.
Gott ist, den du, nicht dich, solst ziren,
Wo Gott dich sol mit Gott durchrühren.
9. 153.
Inlasse nicht ins seelenzimmer
Den allerkleinsten Ichheitglimmer,
Weil ihn dein zunder heimlichst fängt,
Der dich gefährlichst leicht versengt.
Ein fünkchen ist sehr leicht gefangen,
Noch leichter in di loh aufgangen:
Wo man dasselbe einst einlässt,
So ists in uns, das dis aufbläst.
Ein fünkchen in das pulver tragen
Macht alles pulver gleich aufschlagen.
10. 154.
Klahrwerde von dem klahrem klahren,
Des klährstenklährstenklahrauffahren,
Das klährer seine klahrheit klährt,
[279]
I klährer klahr sein klahr gebährt.
Schöpff ewigst klahr vom klahrtriangel,
Da klahr im klahr wächst ohne mangel,
Im klahrstenklahrstenklahrsten meer
Der klährstenklährstenklährsten klähr,
Di ewigewigewigst klährer
Wird ihrer klahrheit selbstgebährer.
11. 155.
Libküsse Jesus süsse tribe
Der süstensüstensüsten Libe
Mit ewigsüsserm Jesuskus
Im ewigsüssern Libesflus.
Libquelle Jesuslibe liber,
Imehr si quillet ewigst über,
Imehr si ewigst dich libküsst;
Libküssend ewigst dich durchsüsst;
Durchsüssend ewigst dich umhertzet;
Umhertzend ewigst in dich stertzet.
12. 156.
Machtzeige Gottesmacht allmächtig,
Das Gott in dir mit dir einträchtig
Nichts anders wil, als was du wilst;
Nichts anders bildt, als was du bildst.
Dein Wollen sei nur Gotteswollen,
Aus Gotteswillen ausgequollen,
Das du mit Gott in Gott seist eins,
Und würkst als Gott und sonsten keins;
Das Gott in dir mit seinem Sohne
Und Heilgem Geist prachtherrlichst throne.

27. Sibentagsmorgentheil

13. 157.
Nachfolge stets dem Gotteslamme,
Und heng ihm gleich am Kreutzesstamme:
Erlerne voller Jesusfrid
Sein allerheiligsts neues Lid.
Dis sing, imehr es wird gesungen:
[280]
Dis kling, imehr es ist erklungen,
Mit nierklungnem lobgesang,
Mit nigesungnem freudenklang
Des HeiligHeiligHeilig schallen
Der Himmelhimmelhimmel wallen.
14. 158.
Obopffre dich zur Opffergabe
Gantzvöllig mit dem vollem habe,
Das völlig dich auch Gott empfang,
Und völlig in dir wunderprang,
Imehr er dich mit sich empfangen,
Imehr er wolt dir wunderprangen,
Als du ihm warst ein gutt geruch,
Und aufgesigelt Lebensbuch,
Bis du ihm blosser stets gerochen,
Und ewigst wirst von ihm erbrochen.
15. 159.
Preisthöne sonder alle bilder,
Im Gottespreise stündlich milder,
Ohn alle formen, ohne licht,
Ohn ides bildlichem gesicht,
In höchster nakktheit dürrster wüsten
Der milchgeleerten Glaubensbrüsten,
Bis Gott in dir sich selbst austhön,
Und deinen glauben herrlich krön
Mit formen über formgeschöpffe
Weit über alle Menschenköpffe.
16. 160.
Quellspringe ewigewigsthöher,
Als wi dein Ewikeitsvorgeher
Aus seinem eingem einesquell
Der sibeneingen dreiheitshell:
Di ewigewigewigst heller
Der hellstenhellstenhellsten Queller
In Gott aus Gott durch Gott ausqual
Vil tausendtausendtausend mahl,
Und wird quellspringen dir unendlich,
Wo si ohn raub in dir ist kändlich.
[281] 17. 161.
Reinläutre durch das schärffste feuer
Dir di vernunfft gantz ungeheuer
Rein unvernünfftig, bis si Gold,
Das alle Ader durchgerollt,
Durch siben feur aufs neu durchleutert,
Bis sein quekksilber ausgeheitert
Durchsichtig gleich dem Paradis,
Das es der Weisenstein drauf his:
So mustdu di vernunfft durchsaltzen,
Und durch zehn zirkel sibenwaltzen.
18. 162.
Sanfftruhe in Jehovens armen
Und seinem heilgen Liberbarmen,
Höchstruhig, gleich als unbewegt,
In dir von dir nur unerregt.
Gott ist ein Geist, ein sanfftes weben,
Und ruhigruhigruhges Leben.
Wo wind, Erdbeben, Feur noch da,
Ist Gottes Ruh dir noch nicht nah.
Si gehn vor ihm. Gott kommt libbrausend,
In liblichlichter still sanfftsausend.

28. Sibentagsmittagtheil

19. 163.
Treuhalte treuste treu mit treuen,
Di ewigst mehr dich wird erfreuen,
Weil Gott mehr hält, als er zusagt,
Und wahrer treue treuer tagt.
Di treue kan Gott überwinden,
Und seine stärke libreich binden
Mit ihm aus ihm durch seinen bund,
Und sein verlihnes Eigenpfund.
Di treue mag zu uns Gott neigen,
Das er sich selbst uns schenk als eigen.
20. 164.
Vereinge dich, dir unempfindbar,
Mit blosser blösse, di ungründbar
[282]
Der blöstenblösten blösse bleibt,
Das Gott in dir recht dir bekleib.
Gott ist das ein: das allereinste.
Gott schuf das ein, so uns das reinste.
So unser ein Gott mannigfalt,
Was hat nicht vilheit vor gestalt?
I blösser du dich dir entzogen,
Imehr ist Gott dir huldgewogen.
21. 165.
Werkwürke so in eusern dingen,
Das dich kein Werk nicht könn abbringen
Von Gotteszukehr im gemütt,
Von klarheit, di im Seelgeblütt.
Sei in den Werken ungeschiden
Von dem erlangtem innerm Friden.
Lass Gott um Gott. Sei unzerstreut,
Werk ohne werk zu aller zeit.
Werk voller werk in allen werken
Um Gott aus Gott auf Gott zumerken.
22. 166.
Xkreutze Christo nach am kreutze,
Das dich dein Fleisch vom kreutz nicht reitze;
Einfältig, wi dein Heiland ging,
Als er vor uns das Kreutz empfing:
Grosmüttig nach des Königs farben,
Nach den fünffachen Sigesnarben;
Hochdürstig nach der Marterkett,
Und der beblutten Schädelstätt.
Weil Jesus lid um uns di Marter,
So sei um Jesus auch ihr warter.
23. 167.
Ytrage recht di heilge Dreiheit,
Das lichte kleid der ersten Freiheit,
In deinem innerm Seelenreich,
Der unschuld vor dem falle gleich.
Sei Seelgeistleibewig im wandel!
Sei Geistseelleibewig im handel!
Sei Leibgeistseelewig im thun!
Sei Seelleibgeistewig im ruhn!
[283]
Sei Geistleibseelewig erflammet!
Sei Leibseelgeistewig bestammet!
24. 168.
Zeitende in dem innerm himmel;
(Von aussen nur am zeitgetümmel;)
Inwendig schon an Gottesschos
Und alles euserlichen los.
Sei aussen unter den vir winden:
Inwendig bei den Gotteskinden,
Bei Jesus Christ im Paradeis
Auf Henochs und Elias Reis.
Nihm, Jesus, mich in deine hände
In solchem Geist an meinem

ENDE.

License
Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).
Link to license

Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Kuhlmann, Quirinus. Der 8. (53.) Kühlpsalm. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-B982-D