Der 15. (75.) Kühlpsalm

Dreieiniges allgemeines Jahrlid aus dem dreieinigem güldnem ABC, dreieinig zum lobpreis JehovahJesus und aufmunterung des dreieinigen Japhetsemham, nach recht der ewigen unendlichen gebährung im höchsten thone der 72 Wechselungen und 12 Monden endlich angestimmet in der wesentlichen Figurvollendung der Jerusalemsreise der ankommenden 10. Stämme, zu Amsterdam im Kühlerstmonden des 5825 Weltjahres und 1685. Christjahres nach 42 Monden verhinderung.

1. Das güldne sterbens ABC der Achtgestalt und des Erstanfanges
1. Kühlerstmondstheil

1.
Als Gott den Adam schuf zum Fürsten unser Welt,
So solt er halten gleich, was nun heist Jüngstgericht:
Er muste mit dem Feind zuvor den kampff angehn,
Eh er als Richter kont ausführen Gottes Recht.
[76]
Ach aber er verfil durch des gefallnen list,
Das er verschlif den ersten stand!
Er wachet auf in zwei, empfängt Verbot und tod,
Das er gebährt durch Even gleiche frucht.
So steht er nakkend da nach dem dreifachen fall,
Voll furcht vor dem gericht, das er sich selbst erwekket.
2.
Beschmertzt stund Adam, Ev; beschmertzt stund di Natur:
Beschmertzt das heilge heer vor disem neuen Ris.
Beschmertzt stund selber Gott in seinem Sohn und hertz,
Das sein erschaffner Sohn vors zweite sich abbricht.
Der Geist kam nach dem Geist, von welchem er auskam:
Der Seelen feur war ewig gifft.
Der leib empfing di form, di seine Seel besas:
Ein Ungeheur und Feind vor seinem Gott.
Der wille war ein greul; zum guttem keine saat:
Sein schwängern gab hervor unendlich Duppelteufel.
3.
Christ sprach zum Christ sich ein, der Jesueln vor schuf;
Des Vatern ewig Wort, von dem des Adams Geist.
Selbst Gottes Sohn wird Mensch, und sprach sich in den saat,
Eh noch ein Mensch erzeugt aus beider Schlangenbild.
Christ ruffet Adam zu, beginnt sein Erstgericht,
Als heimlichst er sein sibnes stellt.
Christ nimmt den Tod auf sich, verflucht di Erd zur zeit,
Das seine saat ausgrünte voller gutts.
Christ kleidet Adams leib, als er di Seele kleidt,
Und wird sein geist der will in Adams willensfreiheit.
4.
Di eusre Todesstraff erlöst vom innerm Tod,
Und traf der fluch den fluch in seinem Lügenfürst.
Di zwitracht aller ding rang nach der Eintracht zu,
Dem Satan unvermerkt in einem idem ding.
Ob von dem lebensbaum schon Adam muste weg;
Doch nahte er zum lebensbaum.
Es war um Adams gutt, das er aus Eden must,
Damit er nicht im bösem öden blib.
[77]
Des Cherubs feuerschwerd ris ihn vom feuer raus,
Eh sich das feuerfeur in seinem feur versöhnte.
5.
Es hatte GottGottGott sich Adam eingehaucht,
Nach seiner Ewikeit, nach seinem Ebenbild:
Der Adem war in ihm, der Gottes Adem selbst,
Aus welchem alles kam, was i zum wesen kam.
Der Brodem brodmete nur ewigewigst fort,
Wi er di Welt gebrodmet aus.
Sein grund war ohne grund, wird stets ungründlicher,
Wann er gleich ist ungründlich offenbahr.
Das ewig waristwird zeugt ewig istwirdwar,
Weil ewig wirdwarist das Ewigewigewigst.
6.
Feur ist der Adem Gotts, ein unausleschbar feur,
Das sich aus sich in sich fortzeugt, ernähret, mehrt,
Feur ist des Adams Seel, aus Gottesfeur entzündt,
Das sich aus sich in sich aus Gott fortquellendquellt.
Licht ist das feuer Gotts, ein unergründlich Eins,
Ein ewigschaffend einfach Licht.
Licht ist der Seelen Geist, ein Licht nach Licht zum Licht,
Ein ewiges geschaffnes Libes Licht.
Di Seele sihet sich in ihres Schöpffers feur:
Der Geist bespigelt sich in seines Schöpffers lichte.

2. Kühlzweimondstheil

7.
Geht ein der Geist zur Seel, di Seele zu dem Geist,
So brennt sein licht im feur; ihr feuer in dem licht.
Der Geist wird voller stärk in seiner feuersmacht;
Di Seele leuchtet sanfft aus ihrer lichtesstill:
Si machen beide sich nach ihrer art den leib.
Der Vater wohnet in der Seel;
Der Sohn wird in dem Geist gebohren voller glantz,
Der heilge Geist geht von dem leichnam aus.
Di gantze Gottheit spilt ihr ewig libespil
Voll ewger Majestät der ewgen Majestäten.
8.
Haucht sich neu Gotteshauch in ihr erstbildnis ein,
So wird der einge Mensch ein recht dreieinger Mensch.
[78]
Er siht in seiner Seel des Vatern Allesnichts
In dem unendlichem Nichtsallemallem alls.
Er gibt in seinem geist des Sohnes höchste pracht,
Di alls in alls mit alls bestrahlt.
Er fährt im euserm leib im heilgen Geistes hauch,
Aushauchend sich in formen sonder end.
Dann gehn di Wunder auf zu des dreieingen lob,
Di sich auf ewigst mehrn, imehr si sich vermehren.
9.
Inisst di Seel ihr selbst, so bricht si sich von Gott,
Und wird ihr offenbahr, was Gottesallmacht sei.
Si sind ein ewiges Geschöpffenunbekand,
Das ewig in dem licht vor kindern sich verbarg.
Si wird ein Schöpffer nun von einer neuen Welt,
Di Gottesgrimms fusschemmel bleibt.
Si siht sich immermehr im zorn erschrekklicher,
Versinkt imehr, imehr si aufwerts dringt.
Unendlich war di qual, di nicht mehr, wi si war,
Und ewigst nimmer wird, wi si ihr gleich gewesen.
10.
Kleidt einmahl sich di Seel mit ihrer finsternis?
Si wird stets finsterer, imehr si finster ward,
Und zeugt sich grauser fort, i grauser si sich zeigt.
Si kommt i weiterer von ihrem ursprung, Gott,
Und schaut i minder ihn, imehr si ihn empfindt.
Das höchste Weis gibt gleiches schwartz:
Ihr stets verwandelen wird ewigst nagender.
Si ist im feur, und ist gantz feuerleer,
Fühlt eine feuersart, di über di Natur,
Das in dem schwefelsud das kälteste zähnklappern.
11.
Lernt di verlohrne Seel, wi alles folge nach,
Dann ist es vil zu spät zuwünschen nach dem geist!
Der leichnam ist dahinn, darinn di freiheit stund
Zusäen eine saat zum leben oder tod.
Der samen ist verflucht: verflucht ist seine erndt.
Di bösen werke werden bös,
Und ewig böserer, i böserer si warn:
[79]
Ein einger tropff wird ihr ein gantzes meer.
Si sihet ihre schand stets sich verschändlichern;
Vermillionen sich, was si erst zweifach zählte.
12.
Merkt di verdammte Seel der straffen ewig quell,
So wächst ihr straffen erst aus ihrer ewgen straff.
Ihr fluch entzündt den fluch, imehr si sich verflucht.
Ihr rasen ewigt sich, imehr si ewig rast.
Si lernt, was Gotteszorn vor ewig bitter ding,
Vor unbegreifflichst straffen sei.
Si schaut aus seinem grimm, was si vor gutt verlohr,
Weil leid und freud entspringt von einem eins.
Si führt aus Gotteszorn, i minder si ihn wil,
Und wird ihr enden stets des Anfangs erstes finden.

3. Kühldreimondstheil

13.
Nun ist des Weibes saat di Lichtssaat in der Seel:
Er geht im mitten auf den höllenreich zutrutz.
Sein einig funke kan entstekken eine kertz,
Da bei ihr gantz gemach verleuhrt sein Ach und Nacht.
Di einge kertze kan Vermillionen sich,
Und eine lichtwelt zeugen fort.
Wo mit der seel di saat ein einigs eines wird,
So sprosset auf in ihr di Lichteswelt.
Es ist der kleinste saat, und wird der gröste Baum,
Und gleicht dem funken recht im schwartzem feuersteine.
14.
Ohnmächtig wird der stich der Schlangen in der Seel,
So si gelassen folgt dem Jesusbeispil nach.
Si wird das Gottes Lamm, darinn ihr Christ ermordt:
Der ewig es belebt, imehr es ward entlebt.
Ihr würgen stehet ihr zu ihrer Sigeskron,
Wi Jesu wunden ewigst stehn.
Das leben gehet an, wann si ihr leben hasst,
Weil ihr gericht verschlinget das gericht.
Si kommt zur ersten ehr, selbst auf dem Richterstuhl,
Vor welchem Satanas sein Endgericht empfänget.
[80] 15.
Printz Jesus richtet auf in ihr sein himmlischs Reich,
Verborgen aller Welt, im mitten ihres kreutzs.
Des Lammes hochzeit kommt in ihres hertzens grufft,
Und wird si zu der Braut sehr herrlichst zugeschmükkt.
Ob si im euserem vom Babelsdorn verwundt:
Doch ist ihr inners Gottesthron.
Ob Satan stürmt auf si mit seinem Falschgeschlecht:
So reinigt er si nur vom eignem will.
Der Perlenbaum wird meist vorm euserm aug verdekkt,
Wann er im innerstem am allerschönstem blühet.
16.
Quittirt der leib di seel an ihres Jesu zeit,
Dann ists ihr sechs vollbracht, und geht si ein zur form.
Wi hoch si sich gradirt in ihrer Pilgramschafft,
So hoch wird si gestellt vor aller Welt im Port.
Nun ist di dekke weg, di hir der Glauben his;
Nun sihet si di Christzukunfft.
Nun kennet si den leib, den si hir abgelegt,
Erfreuend sich, das si dem Lamm gefolgt.
Si siht, was si nicht sah in ihres leibes schal,
Und wandelt aller Orts in freiheit ohne bande.
17.
Reisst aus di seel in sich den wahren Christussaat,
So geht das warnen an vom Christus in der seel.
So lang dis leben daurt, daurt auch zur Bus der ruf,
Wo nicht der gantze funk aus Gottes Rach erstökkt,
Weil sich di seele selbst verteufelt schon im leib.
Christ ruffet stets der Seelen zu,
Di auf dem irrweg eilt, anbitend ihr sein licht.
Natur und Schrifft erschrekken stets di seel,
Di von Natur und Schrifft im eignem willen laufft:
Es wird des Satans gifft ihr allenthalben offen.
18.
Saufft ein di seel im leib muttwillig ihren tod,
Bis si der eusre Tod von ihrem leben scheidt,
So wird ihr Tod ein Tod, wi si es bald erfährt.
Si siht des Satans trug, was er an ihr gesucht,
Das er aus vollem neid zu seinem leid si brächt.
[81]
Si fliht das licht, das licht fliht si,
Weil ihre finsternis erfasst nicht mehr den saat.
Dis leben steht, darinn si stund, entdekkt,
Nachdem ihr leben weg, und ihre zeit vorbei.
Si wandelt voller band, wo si nunmehr auch wandelt.

4. Kühlvirmondstheil

19.
Triumf geht aus der seel in ihrer stillster still,
Di in dem glauben hir den Tod im Tod getödt.
Si siht ihr leben durch, und was darinn gewerkt;
Wi nahe ihr di höll in disem, jenem war;
Wi Christ si wunderlich durch dis und jenes ris.
Dann findet si den seelenartzt,
Der stets zur rechter zeit den kranken hülfe gibt,
Nach solcher art, als dessen noth befahl.
Si siht, was rechts und links, und was der Welt geheim,
Was Babel, Fabel war, worinn des Abel sigen.
20.
Verlangt di seel des leibs in ihrer stillen ruh,
So lernt si, das di zeit nunmehr nicht weit gesätzt,
Si sihet ohne bild di bilder in der Schrifft,
Der zeiten volle füll ohn alle hüll recht klar.
Was den Propheten ist allein ein dunkel wort,
Das öffnet sich auf ihrer Wart.
Schreit si zu ihrem Gott in disem, jenem stükk,
So hat si gleich nach ihrer art auch trost.
Dann gehts bereiten an auf ihres Jesus kunfft,
Di si mit voller lamp nach ihrer art erwartet.
21.
Weh, weh ist bei der seel, di in dem sterben starb;
Di voller unruh ligt in ihrer falschen ruh.
Ihr leben schrekket si, das si zuspät durchsiht:
Der himmel hilft ihr nichts, der ihr vor war so nah;
Das gutte wird ihr bös, das böse wird ihr gutt.
Si siht, wi si sich selbst verlohr,
Und das erbarmen Gotts in Christ mit füssen trat,
Bis si erzwängt unendlich ihre straff.
[82]
Si siht, wi si verführt, im Gottesgeist verschmäht,
I näher er si rif von aussen und von innen.
22.
X ist der seelen Kreutz, di von dem Kreutze sprang;
Di Christi heiligs Kreutz im leben gantz versäumt.
Si schämet sich der scham, di si vorm Kreutze trug,
Das Jesus selbst stat si, wi si nun lernt, aufnahm,
Weil Adam von dem Kreutz im erstem Kreutz ablif.
Si siht ihr leben voller Kreutz,
Das ihr im fluche kommt, als si vom Kreutze ging,
Wi ewigst si des Kreutzes Kreutze trag.
Si Kreutzet voller Kreutz ihr ewig schandenkreutz,
Das millionenfach, als Christus Kreutz, ist schwerer.
23.
Y ist der seelen zwei, di in dem zwei verblib;
Di an dem jüngstgericht umsonst zu Jesu dringt!
Si heuchelt ihr mit ihr, treibt noch das heuchelspil,
Das ewig ihr zutheur, im Christusfluche steht.
Si wil rechtfertigen selbst gegen Christ sein Wort,
Das er sich ni geoffenbahrt,
Das si in seinem nahm, in seinem wunder ging,
Erbauend ihm ein grosses Christenthum.
Der zweifel plagt si noch, wi si ihr zwei hir plagt,
Voll furcht, voll jammerangst vor ihrer höllenkette.
24.
Zur zukunfft Christi eilt di falsche seel zuspät,
Als si di lamp umsonst nach ihrem sterben ölt.
Das Lichtesthor ist zu vor ihrer finsternis:
Ob si noch tausendfach ihr erstes wesen treibt,
So ist si sonder leib, an dem der glauben stund.
Si predigt, singt, nach ihrer art,
Und sucht in unruh ruh, bewegung in der still,
Von deme nichts ihr gantzes Babel weist.
Christ wird am jüngstgericht entdekken ihr geheim.
Nach ausgeleschtem licht ist allzuspät zuklopffen.

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TextGrid Repository (2012). Kuhlmann, Quirinus. Gedichte. Der Kühlpsalter, Band 2. Fünfftes Buch. Der 15. (75.) Kühlpsalm. 1. Das güldne sterbens ABC. 1. Das güldne sterbens ABC. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-B9E4-4