56. Hülfreiche Zwerge.

Mündlich.


In Prenzlau lebte einmal ein armer Tagelöhner gar kümmerlich mit seiner Frau, und arbeiteten im Schweiß [52] ihres Angesichts, daß sie nur mit Mühe das liebe Brot kaufen konnten, aber sie konnten's doch noch. Nun aber kam die Frau in die Wochen, und sie wußten nicht, wo sie das Geld zum Kindelbier hernehmen sollten; da ging der Mann traurig fort, seine alten Freunde und Bekannten anzusprechen, aber die wollten nichts geben. Während deß lag die Frau daheim im Bett, und sah auf einmal den Boden sich öffnen und ein kleines Männlein heraufsteigen, das trat zum Bett und fragte sie, warum sie denn so betrübt sei? Da der Kleine so zutraulich fragte, schüttete sie ihm ihr ganzes Herz aus und erzählte ihm alles, wie sie so gar arm wären, aber sich doch immer redlich von ihrer Hände Arbeit genährt hätten, nun aber sei noch ein Drittes da, das müsse noch getauft werden und dazu brauche man Geld, denn der Prediger thue nichts umsonst und der Küster gar nicht, und die Gevattern wollten doch auch nicht mit trocknem Munde fortgehn. Das alles hörte der Kleine an und sagte ihr, »sie solle nur aufstehn und mit ihm gehn, dann werde alles besser werden.« Das that sie denn auch und nun stiegen sie da, wo das Männlein aus dem Boden gekommen war, in einen langen Gang hinab und kamen endlich wieder ans Tageslicht, und wie sich die Frau umsah, war sie in der neustädtischen Kirche; da lag alles voll Gold und der Kleine sagte zu ihr: »davon nimm dir eine Wanne voll.« Das ließ sie sich denn auch nicht zweimal sagen, und der Kleine half ihr tragen, bis sie nach Haus kam, und dort schob sie die Wanne unter's Bett. Nicht lange darnach kam ihr Mann wieder; war der traurig fortgegangen, so war er noch trauriger heimgekehrt, denn keiner hatte ihm etwas gegeben, soviel er auch gebeten und ihnen sein Elend vorgestellt hatte. Als er nun alles erzählt hatte, da hieß ihn die Frau Muth haben und sagte, er solle doch einmal die Wanne unter [53] dem Bette vorziehen; und wie er nun da das blanke Gold sah, da war die Freude groß, und nun richteten sie das Kindelbier aus und waren reiche Leute, und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch heute.

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TextGrid Repository (2012). Kuhn, Adalbert. Märchen und Sagen. Norddeutsche Sagen, Märchen und Gebräuche. A. Sagen. 56. Hülfreiche Zwerge. 56. Hülfreiche Zwerge. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-BECA-9