262. Der Junfernborn.
Mündlich.
Bei Alverdissen im Lippeschen ist ein Brunnen, der heißt der Junfernborn, weil sich dort ein paar weiße Junfern sehen zu laßen pflegen; man hütet sich, in die Nähe desselben zu kommen, da es nicht recht geheuer dort ist. Einmal kommt einer in der Nacht vorbei, da sieht er ein rothes [229] Sieb, das drehte sich auf dem Brunnen rund um, und eine der Junfern saß dabei; ein andermal stand ein Haspel mitten im Wege, der vorbeiführt. Besonders aber soll es als Fuchs und Hase dort umgehen. So kommt auch einmal einer des Abends spät vorbei, da sieht er den Fuchs und den Hasen, und es scheint ihm so, als wolle der Fuchs eben nach dem Hasen greifen; da denkt er: »Du sollst ihn doch auch nicht haben« und schlägt mit dem Stocke nach ihm, aber augenblicklich hebt es ihn auf, und als er wieder etwas zur Besinnung kommt, ist er oben auf dem Berge, wol eine halbe Stunde von Alverdissen. Mühsam hat er sich nach Hause geschleppt, ist leichenblaß dort angekommen, hat von dem Tage an gesiecht und ist bald danach gestorben.
Vgl. zu dem Hasen Norddeutsche Sagen, Nr. 119; Märkische Sagen, Nr. 120; Schambach u. Müller, Nr. 208 mit der Anm. Zum Haspel vgl. unten Nr. 383 Anm., und Schambach u. Müller, Nr. 13 Anm., 139, 7., 140, 5., 159, 2.