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Der Name Vergodendêl für den bei der Roggenärnte stehn bleibenden Busch, sowie die mit demselben verbundenen, in den märkischen Sagen S. 337 ff. beschriebenen Gebräuche finden sich hauptsächtlich nur in dem dort angegebenen Landstriche und kommen auch hier in neuerer Zeit immer mehr in Abnahme. Hin und wieder bricht jedoch der Name oder der erste der damit verbundenen Gebräuche noch in andern Gegenden hervor. Südlich findet sich derselbe bis in die Gegend von Brome, von Voitze etwa bis Barwede; an ersterem Orte wird der Roggen Vormittags abgemäht, der vergodendêlsstrûss bleibt dagegen bis zum Nachmittag stehen; nach Tische ziehen die Knechte und Mägde hinaus und tanzen um denselben, der Vormäher schneidet ihn darauf ab und er wird mit Jubel heimgebracht. In Mellin herrscht dabei noch die Sitte, daß alle über den Busch fortspringen müßen. In Jeimke, eine halbe Meile von Barwede, ist der NameVergodendêl für die Aernte nicht mehr vorhanden, man zieht aber Aehren aus jeder Stiege und macht davon einen Strauß, der heimgetragen wird; ebenso in Vorsfelde. Noch südlicher auf den herrschaftlichen Gütern um Hehlingen ließ man sonst, nachdem aller Roggen abgefahren war, einen Busch Roggen oder ein Paar Stiegen stehen, die nachher mit Musik ins Dorf geholt wurden; der Name war und ist einfach de êren (Aernte). Im Osten bricht der Name noch einmal in Neuermark an der Elbe hervor, wo das Aerntefest[394] Vergodendêl heißt, dabei wird aber ein bloßer Kranz mit Musik in's Dorf gebracht. Im Norden führt die Aernteköst noch an manchen Orten in der Umgegend von Arendsee den Namen Vergodendêl, aber weiter hinauf im Lenngau und im Hannöverschen ist der Name nicht mehr bekannt, im Westen begrenzt das hannöversche Land im allgemeinen das Gebiet des Gebrauchs, weiterhin ist der Name kaum noch gekannt, nur in Weyhausen bei Uelzen sagte ein Landmann, daß man im Wendlande das Aerntefest so nenne. Weiter hinauf zwischen Uelzen, Lüneburg, Blekede ist Name und Gebrauch nicht mehr bekannt.