343. Frau Hulle schenkt Flachsknotten.
Mündlich.
Eine Zeit lang hat es einmal in der Gegend des Kyffhäusers fortwährend geregnet; der Schäfer eines der benachbarten Dörfer, der seine Heerde auf dem Berge geweidet, hat aber jedesmal, wenn er auf denselben gekommen, [304] dort das schönste Wetter gefunden; ja die Sonne hat sogar so warm geschienen, daß Frau Hulle aus dem Berge gekommen ist und einen großen Haufen Flachsknoten ausgebreitet hat um ihn zu trocknen. Wie er abends wieder heimgetrieben hat und am Fuße des Berges gewesen ist, hat's gerade wieder so geregnet wie vorher und so ist es viele Tage fortgegangen. Da hat er's denn vielen Leuten im Dorfe erzählt, daß es hier bei ihnen fortwährend regne, dagegen auf dem Kyffhäuser das schönste Wetter sei, allein sie haben es ihm nicht glauben wollen, obgleich er es ihnen hoch und theuer versicherte und haben zuletzt gesagt, dann solle er doch einmal ein paar Hände voll Flachsknoten mitbringen, damit sie es glauben könnten. Das hat er auch versprochen und wie er an den Berg kommt, ist alles wie an den frühern Tagen gewesen und er hat Frau Hulle gebeten, sie möge ihm doch erlauben, daß er ein paar Hände voll trockener Flachsknoten mitnehme, damit er sie daheim überzeuge, was hier für Wetter sei. Da sagt sie, das wolle sie gern erlauben, er solle nur zugreifen und sich alle Taschen vollstecken; das hat er denn auch gethan und als er nach Hause gekommen ist, sind die Flachsknoten lauteres Gold gewesen.
Vgl. Norddeutsche Sagen, Nr. 245, 1., 247, 4., mit d. Anm.; Grimm, Deutsche Sagen, S. 10; Baader, Nr. 277; Schöppner, Nr. 165; Pröhle, Oberharzsagen, S. 211; Schambach u. Müller, Nr. 261, 1. mit der Anm.; ferner die weiße Frau und die hervorquellende Gerste, die zu Geld wird, bei Pröhle, S. 5; ebenso der Weizen, bei Grimm, Mythologie, S. 914; Baader, Nr. 441; Lyncker, Nr. 147, 148; Panzer, Beiträge, II, 136, Nr. 209; Meier. Schwäb. Sagen, Nr. 52-62; ebenso Bohnenschoten bei Baader, Nr. 67; Bohnen bei Rochholz, I, 226; Baader, Nr. 255.