26b. De deipen pöhle.

Mittheilungen des Historischen Vereins zu Osnabrück, 1853, S. 224. Mitgetheilt von J. Sudendorf.


In dem groten more tüsken Hunteborg un Vörden, nig wiet van'n lesten orde sint twei moorkölke, »dei deipen pöhle« geheiten. Hier hew de düwel sien spill dräwen. Äs dei ersten kerken baut wören [22] un ok de Damsken eine bauden, da wörd de Düwel recht vertörend. Nog duller awerst wörd hei, äs erst de klockens goaten wören un lüeden. Dar quam e det nachts vör'n hillgen kristfest, reet de klockens ut'n tor'n, dat se schüddeden un de lüe sück doane verfehrden, flög darmit dör de luft, dat et brus'de un schmeet se recht deip in'n grund in de deipen pöhle. Van düser tyd an latet de lüe de klockens döpen as lütke kinner. Denn de düwel dröf sick nich vergriepen an de sake, dei mit'n hillgen krütze gewiet is. Dei Düwel kunn nu niene klockens mehr rowen. Davor rögt he awerst an'n hillgen kristfest, wennehr de klockens in der kasuchte lüed, ok siene klocken in'n deipen pöhlen, üm de kristen tau verhöhnen.

Dei kerklüe, dei düssen storm höret, segget: »nu lud dei düwel in den deipen pöhlen.«


Ueber die ungetauften Glocken vgl. oben zu Nr. 19, Norddeutsche Sagen zu Nr. 62; an unsere Sage schließen sich namentlich auch die dortigen Nr. 355 und 356 an. Von einer Glocke zu Warendorf wird dasselbe erzählt, der Teufel wirft sie in den grundlosen Kolk in der Ems; wenn an den vier hohen Festtagen abends in der Stadt mit allen Glocken geläutet wird und man wirft einen Pfennig in den Kolk, so fängt auch die ungetaufte Glocke tief unten an zu läuten; Stahl, Westfälische Sagen, I, 112. Den Anlaß zur Sage vom Glockenklange hat zunächst der Unkenruf gegeben, der in solchen Teichen und Seen oft täuschend wie Glockenklang tönt, darum finden sich auch die Glockensagen so vorzugsweise zahlreich in Norddeutschland, wo die Seen und Teiche häufig sind; aber nur den Anlaß; in der Unke selbst erscheint die in die Unterwelt gebannte weiße Frau, und ebenso in der vom Teufel geraubten Glocke, die sehnsüchtig wieder zur Erde aufsteigt und die es zuweilen dauernd für die Oberwelt zu gewinnen gelingt, worauf sie nur von Rindern sich zur heiligen Stätte ziehen laßen will. Glaubte man der Göttin Stimme aus der Tiefe zu vernehmen, so wird dieselbe auch, solange sie noch auf [23] der Oberwelt weilte, ein eigenthümliches Merkmal derselben gewesen sein, der Donner als die Stimme der weißen Frau, der Wolkengöttin gegolten, und der gewaltige Klang der Glocken zur Verwandlung der Göttin geführt haben. In ganz analoger Weise legte man der Stimme der Athene den schmetternden Schall tyrrhenischer Erzdrommeten bei, und wurde sie zu Argos als Σάλπιγξ selbst verehrt (vgl. Jacobi, Mythol. Wörterbuch, Athene); auch daß sie als Erfinderin der Flöte galt, ruht auf ähnlichem Grunde, indem sie durch das Zischen der Gorgonen darauf gebracht worden war, als sie den Perseus geleitete; vgl. über diese Vorstel lungen meinen Aufsatz über Saranyû-Erinnys in der Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung, I, 462 fg., 469. Die kürzlich erschienenen Siebenbürgischen Sagen von Müller, Nr. 86, bestätigen diese Gleichsetzung von Donner und Glockengeläut; hier läßt sich das Glockengeläut im Berge gerade bei Gelegenheit eines schweren Wetters, das von Sturm und Donnerschlägen begleitet war, hören.

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TextGrid Repository (2012). Kuhn, Adalbert. Märchen und Sagen. Sagen, Gebräuche und Märchen aus Westfalen. Erster Theil. Sagen. 26b. De deipen pöhle. 26b. De deipen pöhle. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-CE42-1