[263] 296. Geist gebannt.

Mündlich.


Wenn Leute bei ihren Lebzeiten andern das Land abgepflügt oder falsch geschworen haben, so müßen sie nach ihrem Tode in feuriger (gloiniger) Gestalt umgehn. So war auch mal ein gewißer Kühne (Koien) in Ostenholz, der hatte in seinem Leben einen Meineid gethan, und kaum war er todt, so erschien er in feuriger Gestalt und ließ den Bewohnern des Hauses nirgend Ruhe. Da holten sie denn einen katholischen Pater herbei, daß der ihn wegpatern möchte, und der kam auch und paterte ihn glücklich auf einen Wagen. Auf den setzte er sich darauf und sagte zum Fuhrmann, nun solle er zum großen Moor fahren, sich aber ja nicht umsehen, sonst wäre alle Mühe verloren. Sie waren auch schon eine ganze Strecke auf der Heide gefahren, da ward der Fuhrmann neugierig und immer neugieriger, zu sehen, ob Koien noch da sei, und endlich sah er sich um; aber im selben Augenblick fiel auch Koien in die Speichen des Vorderrades und der Wagen war mit keiner Gewalt von der Stelle zu bringen. Da stieg denn der Pater vom Wagen und paterte ihn fort, und sie fuhren nun nach Hause, meinend, Koien sitze im Moor. Aber nach ein Paar Tagen war er wieder da und nun ging der alte Lärm von neuem los und es ward fast noch ärger als zuvor. Da holten sie denn wieder den Pater und der brachte ihn durch seine Beschwörung wieder auf den Wagen und abermals ging's zum großen Moor. Diesmal kamen sie aber glücklich an, denn der Fuhrmann hütete sich wohl, sich umzusehen. Nun gab der Pater dem Koien einen Melkeimer ohne Boden und sagte ihm, nur dann dürfe er wiederkommen, wenn er den Melkeimer gefüllt zurückbringe. [264] Drauf fuhren sie zurück und man hatte lange Zeit Ruhe; aber einstmals im Winter, als großer Frost eintrat, war Koien auf einmal wieder da; er hatte in seinem Melkeimer einen Boden einfrieren laßen, hatte ihn gefüllt und brachte ihn nun zurück. So wurde denn wieder der Pater geholt, der ihn auch diesmal wieder ins Moor bannte und ihm nun die Bedingung setzte, daß er alljährlich einen Hahnentrapp nach Hause thun und so endlich wieder heimkehren dürfe; bis jetzt ist er aber, obgleich es schon sehr lange her ist, nicht wiedergekommen und es werden auch wohl noch ein Paar Menschenalter drüber hingehen.

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TextGrid Repository (2012). Kuhn, Adalbert. Märchen und Sagen. Norddeutsche Sagen, Märchen und Gebräuche. A. Sagen. 296. Geist gebannt. 296. Geist gebannt. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-D4E5-2