13. Die Heckenthür.

Mündlich aus Heteborn.


Es war einmal eine Frau und die hatte zwei Kinder, einen Jungen und ein Mädchen; da ging sie nun mal auf die Reise und sagte zu ihnen: »Hört einmal, Kinder, ich reise nun fort und ihr bleibt allein daheim, drum paßt mir ja hübsch auf die Heckenthür!« und damit meinte sie, sie sollten sorgen, daß sich kein Spitzbub hineinschliche. Eine Weile war sie schon fort, da bekamen die Kleinen Langeweile und der Bruder sagte zur Schwester: »Komm, wir wollen ein wenig hinaus in den Wald und die Heckenthür nehmen wir mit, dann ist's gut!« Das war sie zufrieden und sie gingen hinaus in den Wald; aber wie sie da herumliefen, verirrten sie sich und die Nacht überfiel sie, so daß sie wohl sahen, sie würden doch nicht mehr heim kommen, und vor Angst auf einen Eichbaum kletterten, um dort bis zum Morgen zu bleiben, damit sie nicht von den wilden Thieren zerrißen würden. Eine Zeit lang haben sie da geseßen, da kommen Spitzbuben, die schleppen einen großen Haufen Geld zusammen, den zählen sie. Da halten sich die Kleinen ganz still im Baum, damit sie nicht von den Spitzbuben bemerkt werden; aber endlich kann sich der Bruder doch nicht mehr halten und sagt zur Schwester:[355] »Ich muß einmal was Kleines machen.« – »Na so thu's.« Da thut er's, die Spitzbuben aber zählen ruhig weiter und sagen: »'s ist ein wenig Regen der fällt!« Wieder nach einer Weile sagt der Bruder zur Schwester: »Ich kann's nicht länger halten, ich muß was Großes machen.« – »Na so thu's.« Da thut er's, aber die Spitzbuben zählen ihr Geld ruhig weiter und sagen: »'s ist ein wenig Mist von den Vögeln, die im Baume sitzen.« Nun sitzen sie wieder eine lange Weile, aber da sagt der Bruder: »Ich kann die Heckenthür nicht mehr länger halten!« – »So wirf sie hinab!« sagt die Schwester. Da wirft er sie hinab, und sie fällt mitten unter die Spitzbuben, da laufen sie eiligst davon und rufen: »Gehn die Wo–lken hier, gehn die Wo–lken hier!« Nun war's aber Morgen geworden und da stiegen Bruder und Schwester hinab vom Baume, und nahmen die Heckenthür und das Geld, was die Spitzbuben im Stich gelaßen, dazu, und kamen glücklich wieder nach Hause. Da kam ihnen die Mutter entgegen und jammerte und schalt, daß sie nicht auf die Heckenthür gepaßt und nun die Spitzbuben dagewesen seien und das ganze Haus ausgeräumt hätten. Die Kleinen aber erzählten alles, wie es ihnen im Walde ergangen, und da war sie froh und von dem Gelde kaufte sie neue Kleider und neues Geräth dazu und es blieb noch so viel übrig, daß sie ihr Leben lang alle drei daran genug hatten.

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TextGrid Repository (2012). Kuhn, Adalbert. Märchen und Sagen. Norddeutsche Sagen, Märchen und Gebräuche. B. Märchen. 13. Die Heckenthür. 13. Die Heckenthür. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-D4EE-0