[306] Fastnacht.
Am Fastnachtstage ziehen in der Altmark die Knechte mit Musik von Hof zu Hof mit Birkenreisern und stäupen zuerst die Hausfrau, dann die Töchter, dann die Mägde; die Hausfrau giebt Schnaps, in einigen Dörfern Eier oder Mettwurst; die Mädchen beschenken dagegen die Knechte mit einen Strauß von Buchsbaum oder andrem Grün mit Bändern verziert, der an den Hut gesteckt wird. Die Würste werden auf eine große Gabel gesteckt und jubelnd durchs Dorf getragen, um zu zeigen, welche Wirthin die längste gegeben. Ist der Umgang beendet, so ziehet die ganze Masse nach dem Kruge; Würste und Eier werden in einen Tiegel gebracht und verzehrt. In vielen Dörfern wird nachher getanzt, hin und wieder nicht im Kruge, sondern auf den Bauerhöfen der Reihe nach.
Dritter Jahresbericht des altmärkischen Vereins für vaterländische Geschichte und Industrie. S. 84.
An vielen Orten der Mittelmark ziehen die Knechte ebenfalls Gaben einsammelnd im Dorf umher, und man nennt diesen Gebrauch »zampern oder zempern«, in andern Orten auch »hänseln«. In einigen Gegenden wird [307] auch ein Reiter auf einem Schimmel vorgestellt, und zwar dergestalt, daß einem der Knechte ein Sieb vor die Brust und eins auf den Rücken gebunden wird; darüber deckt man ein weißes Linnen und befestigt vorn einen Pferdekopf. Dieser Reiter macht dann allerhand possierliche Sprünge und ergötzt so die Versammlung. – An andern Orten wird in ähnlicher Weise ein Ochse gebildet, der dann geschlachtet wird; man bindet dem Darsteller einen großen Topf vor die Stirn, gegen welchen dann der Schlag gerichtet wird, und sobald er trifft, giebts natürlich allgemeinen Jubel.
Mündlich.
In Köpenick versammeln sich die Fischer des Kiezes und gehen unter Anführung von zweien, die mit Eishaken bewaffnet sind, in den Häusern umher, zwei andre tragen Fischkescher, um die gesammelten Gaben darin aufzunehmen. In dem Hause angekommen, setzen die Anführer die Eishaken in den Balken oder die Flurdecke und nun wird gesungen;
In Stralow bei Berlin ist der Vorgang mit Gesang und Gabensammeln derselbe, doch kommt noch ein andrer Gebrauch hinzu. Am Sonntag vor Fastnacht versammeln sich nämlich die Hofbesitzer und loosen um die in drei Theile oder Kaweln getheilte Fischerei auf [309] der Spree für das nächste Jahr, wobei die zwei Fischer, welche für das Kalender-Jahr den Rummelsburger See befischen, als Unparteiische für die neun übrigen das Loos ziehen. Am folgenden Tage versammeln sich dann Nachmittags die Knechte, von denen einer ein an einer Stange befestigtes, bunt geschmücktes Schiffchen trägt und ziehn im Dorfe umher. Das gesungene Lied ist fast wie das zu Köpenick gebräuchliche, doch hat es noch folgenden Schluß:
Wir wünschen dem Herrn Wirth einen vergoldenen Tisch
Auf alle vier Ecken einen gebratenen Fisch,
Und in der Mitte eine Kanne voll Wein,
Das soll dem Herrn Wirth sein Fastelabend sein!
Wir wünschen Frau Wirthin zum Fastelabend
Einen jungen Sohn mit schwarzbraunem Haar!
Tanz und Verspeisung der Gaben im Kruge beschließt das Fest.
Vgl. meine Abhandlung über einen Fastnachtsgebrauch zu Stralow in den Märkischen Forschungen. Bd. I. S. 294-318.
In Müggelsheim bei Köpenick (einer im vorigen Jahrhundert gegründeten Pfälzercolonie) trug man noch vor wenigen Jahren am Fastenabend einen Marder oder Iltis, der auf ein Brett genagelt war, umher, indem man zugleich Eier einsammelte. Dabei sang man folgendes Lied:
Hahn, Appel, Hahn! Die Fassenacht geht an! Der Kuche will nit ritschen, [310] Gebt mir euern Speck, Dann geh ich von der Thüre weg; Ich stell die Letter an die Wand Und schneid mir ein Stück Speck drei Ellen lang, . . . . . . . Von den langen, Die kleinen laß ich hängen. Ei, Mütterchen, ei! Gebt mir zwei oder drei, Daß mein Körbche vull sei! Eier 'raus! Oder ich schick den Fuchs ins Hinkelhaus (Hühnerhaus)!