[62] Im Lauf des Lebens
Oft muss ich denken: Wie mein Haar ergraut!
Sind denn noch immer blühend meine Wangen?
Wie wenn ein Wanderer nach rückwärts schaut
Und zu sich spricht: Wie bin ich weit gegangen!
Dann drängt inbrünstiger noch mein Gefühl
Sich zu dem Heute, das noch nicht entschwebte,
Und der Vergangenheit enttaucht so kühl,
Was ehedem so schmerzlich ich durchlebte.
So kommt ein Freund, den du verlorst, vielleicht
Von ungefähr dir übern Weg nach Jahren,
Und während fragend man die Hand sich reicht,
Schweigt man von allem doch, was man erfahren.
Die Augen nicken sich wohl grüssend zu,
Wie voll Bedauern, aus gesenkten Lidern;
Das Herz spricht unvernehmlich: Bist es du?
Und fühlt sich fremd und weiss nichts zu erwidern.