[39] Der Hahn und der Fuchs
Auf einem Baume saß ein alter Hahn,
Ein schlauer Kopf in allen Lebenslagen.
»Freund,« sprach ein Fuchs und dämpfte sein Organ,
»Wir wollen uns von heute an vertragen,
Ein allgemeiner Friede ist befohlen.
Ich komme, dir’s zu künden; steige nieder
Und küsse mich, von nun an sind wir Brüder.
Gleich muß ich weiter auf beschwingten Sohlen,
Noch zwanzig andre Leute aufzusuchen.
Komm nur herab, dort unter jenen Buchen
Kannst du mit deinen Kindern Käfer picken.
Komm schnell, daß wir uns in die Augen blicken
Und herzlich küssen, weil nun Friede ist.«
»Freund,« sprach der Hahn, »es hätte nie
Mir süßre Botschaft werden können
Als diese Friedensmelodie.
Wie schön, daß du ihr Überbringer bist!
Dort seh ich noch zwei Hunde rennen,
Vermutlich wählte man die schnellen Tiere
Zur Friedensbotschaft als Kuriere.
Sie fliegen fast, gleich sind sie hier;
Dann küssen wir uns alle vier!«
»Lebwohl,« rief da der Fuchs, »mein Weg ist weit;
Wir wollen zu gelegenerer Zeit
Die Freude feiern.« Und der Bursche nahm
Reißaus so schnell, man glaubt es kaum,
Betrübt, daß er um seine Beute kam.
Der alte Hahn saß lange noch im Baum
Und bog sich krähend vor Vergnügen.
Welch doppelter Genuß, Betrüger zu betrügen!