An einen Tyrannen

Tyrann! des Blutes, welches in Schlachten du
Vergossen kalt, das rauchte vom Henkerbeil,
Das, deinen Qualen zu entrinnen,
Strömte dein Sklave mit eigner Hand hin:
[442]
Des Blutes soll ein jeglicher Tropfen einst
Vor deinem Aug in streifender Ewigkeit
Aufschäumen, schwellen zum Vulkane,
Der von den Seligen streng dich scheidet!
Erwacht dann Sehnsucht heiß in der Seele dir
Hinüber in die Täler Elysiums,
Willst überklimmen du die Höhn, dann
Schleudern sie dich in die Tiefe donnernd!
Entgegen gleiße deinem entsetzten Blick
Ein Schneegebirg von Menschengebeinen, hoch;
Darüber bleich und unbeweglich
Starre des Mondes bekümmert Antlitz.
Dann stocke, schweige jenes Gebirg des Bluts,
Herüberklinge deinem verlaßnen Ohr
Das Wonnelied der Auserwählten,
Säuselnd, unendliche Sehnsucht weckend.
Doch plötzlich störe Kettengerassel dich,
Und Sterbgewinsel, das durch die Lüfte klagt,
Und heulend rolle dir die Windsbraut
Schädellawinen vor deine Füße!

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Holder of rights
TextGrid

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Lenau, Nikolaus. Gedichte. Gedichte. Sechstes Buch. Erste Gedichte. An einen Tyrannen. An einen Tyrannen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-DE5E-4