Doppelheimweh

Zwiefaches Heimweh hält das Herz befangen,
Wenn wir am Rand des steilen Abgrunds stehn
Und in die Grabesnacht hinuntersehn,
Mit trüben Augen, todeshohlen Wangen.
Das Erdenheimweh läßt uns trauern, bangen,
Daß Lust und Leid der Erde muß vergehn;
Das Himmelsheimweh fühlts herüberwehn
Wie Morgenluft, daß wir uns fortverlangen.
[288]
Dies Doppelheimweh tönt im Lied der Schwäne,
Zusammenfließt in unsre letzte Träne
Ein leichtes Meiden und ein schweres Scheiden.
Vielleicht ist unser unerforschtes Ich
Vor scharfen Augen nur ein dunkler Strich,
In dem sich wunderbar zwei Welten schneiden.

Notes
Entstanden 1837. Erstdruck 1837.
License
Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).
Link to license

Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Lenau, Nikolaus. Doppelheimweh. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-DF4F-D