4. An den Herrn N**

Freund, noch sind ich und du dem Glücke
Ein leichter Schleiderball.
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Und doch belebt auf seine Tücke
Kein beißend Lied den Widerhall?
Der Tor gedeiht, der Spötter steiget,
Dem Bösen fehlt kein Heil.
Verdienst steht nach, und fühlt gebeuget
Ein lohnend Amt dem Golde feil.
Auf, Freund! die Geißel zu erfassen,
Die dort vermodern will.
Seit Juvenal sie fallen lassen,
Liegt sie, Triumph ihr Laster! still.
Geduld! Schon rauscht sie durch die Lüfte,
Blutgierig rauscht sie her!
Verbergt, verbergt die bloße Hüfte!
Ein jeder Schmiß ein gift'ger Schwär!
Erst räche dich, dich Freund der Musen.
Du rächest sie in dir!
Doch dann auch mich, in dessen Busen
Ein Geist sich regt, zu gut für hier.
Vielleicht, daß einst in andern Welten
Wir minder elend sind.
Die Tugend wird doch irgends gelten.
Das Gute kömmt nicht gern geschwind.

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TextGrid Repository (2012). Lessing, Gotthold Ephraim. 4. An den Herrn N**. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-E758-B