Ein Projekt für Schriftsteller und Buchhändler
[781] Wie? es sollte dem Schriftsteller zu verdenken sein, wenn er sich die Geburten seines Kopfs so einträglich zu machen sucht, als nur immer möglich? Weil er mit seinen edelsten Kräften arbeitet, soll er die Befriedigung nicht genießen, die sich der gröbste Handlanger zu verschaffen weiß – seinen Unterhalt seinem eigenen Fleiße zu verdanken zu haben?
Aber Gelehrte, sagt man, die sich mit Bücherschreiben abgeben, stehen doch gewöhnlich in bürgerlichen Bedienungen, durch welche für ihr genugsames Auskommen gesorgt ist.
Ich weiß wirklich nicht, ob dieses die Absicht aller Amtsbesoldungen sein kann. Ich weiß, daß sehr viele derselben dieser Absicht jetzt nicht mehr entsprechen, indem sie zu einer Zeit festgesetzt worden, zu welcher die Preise der Bedürfnisse bei weitem nicht die jetzigen waren.
Aber Weisheit, sagt man weiter, feil für Geld! Schändlich! Umsonst habt ihrs empfangen, umsonst müßt ihr es geben! So dachte der edle Luther bei seiner Bibelübersetzung.
Luther, antworte ich, macht in mehreren Dingen eine Ausnahme. Auch ist es größtenteils nicht wahr, daß der Schriftsteller das umsonst empfange, was er nicht umsonst geben will. Oft ist vielleicht sein ganzes Vermögen darauf gegangen, daß er jetzt im Stande ist, die Welt zu unterrichten und zu vergnügen. Oder sollen ihm die Amtsbesoldungen das zugleich mit gut machen? Der Staat oder Regent bezahlt ihn nur grade für das, was er wegen seines Amtes zu wissen und zu können notwendig braucht, welches oft wenig genug ist. Was er mehr weiß, ist für seine Rechnung: und wenn er über dieses Mehr noch mehr wissen will, das geht den Staat vollends nichts an. Daß gleichwohl so viel junge nichts Gemeines [781] versprechende Gelehrte, in ihrem Amte, das sie anzunehmen sich nicht enthalten können, wie man zu sagen pflegt, verbutten und versauern, kommt größtenteils daher, weil ihre Besoldungen nicht hinlänglich sind und sein können, um sich die Bücher und Instrumente anzuschaffen, welche zum Fortschreiten in einer Wissenschaft unentbehrlich sind. Warum diesen die Quelle eines Zuflusses verstopfen oder verleiden, der noch oft der einzige für sie ist!
Aber, setzt man hinzu, die alten Gelehrten, die Schriftsteller bei den Griechen und Römern begnügten sich doch nur mit der einzigen Ehre, nahmen für ihre Arbeiten kein Geld!
Ei! woher hat man denn das? Etwa, weil Quintilian in der Zuschrift an seinen Verleger keines Honorarii gedenkt? Oder, weil Eckhard de Edit. librorum apud Veteres nichts davon beigebracht?
Man denke an Horazens: Gestit numos in loculos demittere!
Und Statius, gab er wohl seine Agave umsonst aufs Theater? 1 Um ein Billiges freilich, denn er mußte froh sein, wenn ihm der Komödiant gab, was ihm die Großen versagten:
Quod non dat procer, dabit histrio.
Und so viele andre Dichter, welche die Römische Bühne einträglich fanden,
Quoque minus prodest, scena est lucrosa poëtae.
Die erste Hälfte dieses Verses mag jetzt von deutschen Theatern oft genug wahr sein; aber auch die andere?
Und selbst Terenz, auch er verkaufte seine Stücke nicht bloß den Ädilen, und nahm nicht bloß Geld, weil er die Ehre hatte, es vom Staate zu bekommen. Er nahm es vom Schauspieler, ohne diese Ehre, und lachte hoffentlich mit, wenn dieser ihn seines Geizes wegen im Prolog anstach, wo er nicht gar die Spötterei diesem in den Mund gelegt hatte. Wir wissen ja sogar noch, welches Stück ihm am teuersten bezahlt worden, und wie teuer. Eunuchus meruit pretium, quantum [782] nulla antea cuiusquam Comoedia, id est, octo millia nummum, das macht nach unserm Gelde – – doch für wen sollt', ichs wohl in Deutschland berechnen? – – –