[24] Der Tod des verbannten Marschalls
Der Marschall steht oben am Fenster im Schloß
Und starrt in den einsamen Garten.
Schon ein Jahrzehnt, das ihm verfloß;
Wie lang läßt der Tod auf sich warten.
»Was soll mir das Leben, was soll mir der Tag,
Zu dem ich mich freuen nicht kann und nicht mag;
Längst bin ich vergessen, vergessen.
Und nicht ertrüg ich, wenn je ein Soldat
Vorbei meinem Hause marschierte,
Und gar, wenn hier unten im staubigen Staat
Ein Bataillon präsentierte.
Zehn Jahre bald sah ich kein Regiment;
Und zög eins vorbei, dann wär es mein End,
Ich könnts nicht ertragen, ertragen.«
Horch! Horch! Pumplum, ganz schwach und leis,
Wie Trommelgetön in der Leere.
Im Walde dort drüben, im Sonnenstrahl heiß,
Es blitzen wohl tausend Gewehre.
Nun zieht es heran, nun zeigt es sich schon,
Mit lustigen Liedern ein Bataillon,
Soldatengesänge, Gesänge.
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Und dem Marschall wird kalt, und der Marschall wird bleich,
Es beben ihm alle Glieder.
Rasch stürzt er ins Zimmer; im Waffenrock gleich
Steht er am Fenster wieder.
Im Knopfloch hängt am blutroten Band,
Zum ersten Mal trägt ers, seitdem er verbannt,
Das Kreuz der Ehre, der Ehre.
Das Bataillon steht links eingeschwenkt,
Der Kommandeur vor der Mitte;
Die Fahne ist tief zur Erde gesenkt,
Wie eine stumme Bitte.
Doch dann bricht ein Hurra wie Donner heraus,
Der Burghof zittert, der Garten, das Haus:
Es lebe der Kaiser, der Kaiser!
Und in Sektionen rechts abgeschwenkt,
Der Kommandeur an der Tete.
Der Schloßherr hat schwer das Haupt gesenkt:
Die Fahne, sie wehte, sie wehte.
Sie wehte noch immer, die Trommel klang,
Als der Marschall sich über die Brüstung schwang –
Lebt wohl, Soldaten, Soldaten.