[131] Una ex hisre morieris
Es flammt der Horizont des heißen Tages.
Der Schmetterlinge Flügelschlag ist hörbar,
So still ruht Baum und Blatt im Sonnenschein.
Auf fernem Steig klingt schwach des Gärtners Harke.
»In einer Dieser Stunden wirst du sterben!«
Steht auf der Sonnenuhr im großen Garten,
Auf Dessen Weiser sich ein alter Spatz
Den unscheinbaren Kragen emsig putzt
Und schnell das schiefgebogne Köpfchen kraut.
Dann fliegt er fort, im Kirschenbaum zu landen.
Doch unterwegs schlägt ihn der böse Falk.
In einer dieser Stunden wirst du sterben.
Bewegung. Menschen. Nackte braune Arme
Tragen zum Teich ein breites Fischernetz,
Und warten dann gehorsam auf Befehl
Zum Anfang.
Goldene Gitterthore springen,
Und trotz der Schwüle naht in schwerem Sammet
Die junge, wunderschöne Königin.
Auf blonder Pagen Armen schläft die Schleppe.
Rechts trägt das Dach, den riesigen Sonnenschirm,
Ein Mohrenknab' in gelb und rother Seide.
Links hält ein schlanker Fant im Puffenwams,
Mit dem sie huldvoll spricht, den gleichen Schritt;
Im schaukelnden Gehenke blitzt sein Dolch.
Der Kammerherr vom Tag und ihre Damen
Folgen in ehrerbietiger Entfernung.
[132]Indessen ist die Fürstin angekommen
Und hat im Marmorsessel Platz genommen,
Den Fuß auf rasch gelegten Teppich setzend.
Der Zug beginnt, ganz wie zu Petri Tagen:
Im Netze zappeln Karpfen und Karauschen
Mit dummen Augen, schnappend, schwer geängstigt.
Die Hoheit lacht, die Kavaliere lächeln,
Es grinst der Mohr, die blonden Pagen kichern.
Und in der allgemeinen Lustigkeit,
Das braune Auge plötzlich aufschlagend
Zum schlanken Fant im blauen Puffenwams,
Flüstert harmlos die junge Königin:
Bei Mondesaufgang an der Sonnenuhr.
Da stürzt ein Pfeil aus dunklem Tannenbusch,
Geschnitzt aus eines plumpen Störes Gräte,
Mit Lust in's liebesehnsuchtsvolle Herz
Der jungen, wunderschönen Königin.
In einer dieser Stunden wirst du sterben.