Zwielicht

Wie düster, wie in Sterbgewanden,
Im Dämmergrau die Berge stehn!
So dunkel sind und unverstanden,
Die tiefer als die Andern sehn.
Die Menge fährt nur hocherschrocken
Aus ihrem Alltagstaumel auf,
Wenn plötzlich ihr gerät ins Stocken
Der Dinge hergebrachter Lauf.
Dann ist der Schleier weggerissen,
Der ihr die Tiefen barg, erwacht
Ein unbekanntes Weltgewissen,
Das sie vor sich erbeben macht.
Sie merkt, wofür sie sich entflammte,
Wie leer das war und wie gering,
Wie ungerecht sie oft verdammte,
Wie blindlings Strafen sie verhing.
Zu fern ist uns die Hand der Mächte,
Die unsres Schicksals Knoten flicht,
Und wer die Lösung auch erbrächte,
Sie ließ' ihm Dulden nur zur Pflicht.
Doch, ew'ges Schicksal, wem ein Ahnen
Von deiner Größe sich enthüllt,
Der sieht dich in Kometenbahnen
Und, wie im Sturze von Titanen,
Im kleinsten Lebenskreis erfüllt!

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TextGrid Repository (2012). Lingg, Hermann von. Gedichte. Ausgewählte Gedichte. 13. Buch der Betrachtung. Zwielicht. Zwielicht. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-F307-F