4.
An mein väterlich Gut, so ich drey Jahr nicht gesehen

Glück zu, du ödes Feld! Glück zu, ihr wüsten Auen!
Die ich, wann ich euch seh, mit Threnen muß betauen,
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Weil ihr nicht mehr seyd ihr; so gar hat euren Stand
Der freche Mord-Gott Mars grund auß herum gewand.
Seyd aber doch gegrüst, seyd dennoch fürgesetzet
Dem allem, was die Stat für schön und köstlich schätzet.
Ihr wart mir lieb; ihr seyd, ihr bleibt mir lieb und werth;
Ich bin, ob ihr verkehrt, noch dennoch nicht verkehrt.
Ich bin, der ich war vor. Ob ihr seyd sehr vernichtet,
So bleib ich dennoch euch zu voller Gunst verpflichtet,
So lang ich ich kan seyn. Wann dann mein seyn vergeht,
Kans sein, daß Musa wo an meiner Stelle steht.
Gehab dich wol, o Stadt! die du in deinen Zinnen
Hast meinen Leib gehabt, nicht aber meine Sinnen.
Gehab dich wol! mein Leib ist nun vom Kerker los;
Ich darff nun nicht mehr seyn, wo mich zu seyn verdroß.
Ich habe dich, du mich, du süsse Vater-Erde!
Mein Feuer gläntzt nunmehr auff meinem eignen Herde.
Ich geh, ich steh, ich sitz, ich schlaf, ich wach umbsonst;
Was theuer mir dort war, das hab ich hier aus Gunst
Des Herren der Natur um Habe-Dank zu nissen
Und um gesunden Schweiss; darff nichts hingegen wissen
Von Vortel und Betrug, von Hinterlist und Neid,
Und wo man sonst sich durch schickt etwan in die Zeit.
Ich ess' ein selig Brot, mit Schweiß zwar eingeteiget,
Doch daß durch Beckers Kunst und Hefen hoch nicht steiget,
Das zwar Gesichte nicht, den Magen aber füllt
Und dient mehr, daß es nährt, als daß es Heller gilt.
Mein Trinken ist nicht falsch; ich darf mir nicht gedenken,
Es sei gebrauen zwier, vom Bräuer und vom Schenken.
Mir schmeckt der klare Safft; mir schmeckt das reine Naß,
Das ohne Keller frisch, das gut bleibt ohne Vaß,
[55]
Drum nicht die Nymphen erst mit Ceres dürffen kämpffen,
Wer Meister drüber sei, das nichts bedarff zum dämpffen,
Weils keinen Schweffelrauch noch sonsten Einschlag hat,
Das ohne Geld steht feil, das keine frevle That
Hat den iemals gelehrt, der dran ihm ließ genügen.
Der Krämer fruchtbar Schwur und ihr genißlich Lügen
Hat nimmer Ernt' um mich; der viel-geplagte Lein
Der muß, der kan mir auch anstat der Seiden seyn.
Bewegung ist mein Artzt. Die kräuterreichen Wälde
Sind Apotheks genug. Geld, Gold wächst auch im Felde;
Was mangelt alsdann mehr? Wer Gott zum Freunde hat
Und hat ein eignes Feld, fragt wenig nach der Stat,
Der vortelhafften Stat, da Nahrung zu gewinnen,
Fast ieder muß auff List, auff Tück', auff Ränke sinnen.
Drum hab dich wol, o Stat! Wenn ich dich habe, Feld,
So hab ich Haus und Kost, Kleid, Ruh, Gesundheit, Geld.

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TextGrid Repository (2012). Logau, Friedrich von. Gedichte. Sinngedichte. Salomons von Golaw Deutscher Sinn-Getichte erstes Tausend. Desz ersten Tausend drittes Hundert. 4. An mein väterlich Gut. 4. An mein väterlich Gut. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-FF19-5