20.
Brautschrifft

Bey so wildem wüsten Wesen,
Da fast niemand kan genesen,
Da die Wolfahrt gar verfähret,
Da das Heil sich abezehret,
Wil von ihren besten Sachen
Ordnung eine Jungfer machen.
Nämlich alles liebe Ding,
Das sie auch zum Erb empfing,
Wil sie einem Freunde geben,
Weil sie noch fühlt Wärmd und Leben.
Nun, die Testamenterin
Frisch von Leibe, frisch von Sinn,
Führt ihr volles Wolbelieben
In dem Busem auffgeschrieben,
Hat auff Jungfern-Pergament
Erb und Erben selbst benent,
Sagt: Hierinne steckt mein Wille,
Bittet aber in der Stille,
Daß erst morgen auff die Nacht
Dieser Brieff werd auffgemacht;
Dann sie schämt sich, daß bey Leben
Dieses Ding sie auff soll geben,
[164]
Wil auch, daß kein andrer nicht
Ihres Willens Siegel bricht
Als der Erbe, den zu nennen
Sie erröthet, doch zu kennen
Tückisch richtet einen Blick
Hin auff Nachbar Ludewig.
Merckt, ihr Zeugen, daß der Erbe
Um bedenck-Zeit gar nicht werbe,
Wil das Erbe treten an,
Wann er soll, und wann er kan.
Nur er dingt ihm auß zu lachen,
Wie der Erben Brauch; wil machen,
Daß auch sie dann lachen soll,
Wann sie spürt, es thu so wol,
Wann man siht noch für dem sterben,
Wie so danckbar sind die Erben.
Denn der Erbe bleibt bedacht,
Wie es so werd außgemacht,
Daß man steiffes Wolbeginnen
Mercke nicht sehr weit von hinnen,
Daß die liebe Danckbarkeit
Jährlich auß der Wiege schreyt.

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TextGrid Repository (2012). Logau, Friedrich von. Gedichte. Sinngedichte. Salomons von Golaw Deutscher Sinn-Getichte erstes Tausend. Desz ersten Tausend achtes Hundert. 20. Brautschrifft. 20. Brautschrifft. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-02D5-A