Einquartierung

Morgentau bedeckt den Rasen,
Himmel, Sonne, farbensatt;
Laut zum Aufbruch wird geblasen,
Buntes Tuch verläßt die Stadt.
Sonnenblitz auf blanken Knöpfen,
Licht auf jedem Waffenstück,
Von den helmbedeckten Köpfen
Dreht sich keiner mehr zurück.
Türen knallen, Fenster offen,
Alles ist im Städtchen wach,
Manch' ein banges Mädchenhoffen
Zieht dem Bataillone nach. – –
Der Herr Hauptmann läßt befehlen,
Daß ihr ihm sein Leiblied singt:
Derber Sang aus rauhen Kehlen
Nach den fernen Häusern klingt.
Unser Hauptmann steigt zu Pferde,
Zieht mit uns zu Feld,
Wer da fällt auf Frankreichs Erde,
Ist ein großer Held.
Spiegelblank sind unsere Waffen,
Schwarz das Lederzeug,
Können wir beim Liebchen schlafen,
Sind wir kaiserreich. – –
[130]
In der Werkstatt blitzesschnelle
Grell und schrill der Hobel pfeift
Rastlos schafft der Altgeselle,
Als ein scheuer Gruß ihn streift.
Finster kraust er seine Stirne,
Kalt sein graues Auge starrt:
»Lauf doch nach, Soldatendirne,«
Knirscht er bitter durch den Bart.
Eine Träne rinnt hernieder,
Von der Wange er sie streift,
Preßt die Zähne fest und wieder
Grell und schrill der Hobel pfeift.

Münster, Januar 1890

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TextGrid Repository (2012). Löns, Hermann. Gedichte. Junglaub. Einquartierung. Einquartierung. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-239A-A