An ein Dorf

How happy he who crowns in shades like these

A youth of labour with an age of ease!

Goldsmith.


Flora krönt mit heitrer Blumenfülle
Deine Rasenhügel,
Ceres überströmt mit goldnem Segen
Dein Gefild, o Dörfchen!
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Schwesterlich, in deiner Bäume Zwielicht,
Wandeln, traut umschlungen,
Wie durch Geßners Hirtenparadiese,
Seelenruh' und Unschuld.
Sittsamkeit blieb deiner Töchter Erbe;
Ihrer Wangen Blüthe
Prangt in keuschem Jugendroth, wie Guidos
Himmlische Madonnen.
Wacker sind und kraftvoll deine Söhne;
Mit wie mancher Wildniß,
Wo die Distel herrschte, rang um Aehren
Schon ihr Arm von Eisen!
O daß einst, o Dorf, in deinen Schatten,
Bis zur letzten Woge,
Mir der Strom des Lebens, rein wie jener
Wiesenborn, entwallte!
Dort, wo Pappeln Dämmrung streun und Kühle,
Wo des Thals Gebüsche
In des Mühlenteichs kristallner Klarheit
Ihre Locken spiegeln:
Winkte meine weinumrankte Hütte,
Grünte meine Laube,
Blühten meines Blumengartens Beete,
Reiften meine Saaten!
Jenes Buchenhaines Frühgesänge
Weckten mich am Morgen;
Dieses Apfelbaumes Nachtigallen
Tönten mich in Schlummer!
Stern der Hoffnung! Doch du bist umschleiert;
Ach! das Wonnelächeln
Meiner Grazie, der holden Freude,
Starb an Lauras Grabe!

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Matthisson, Friedrich von. An ein Dorf [1]. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-2B3A-8