[158] Die Gedanken des Königs René

Der fromme Lautenschläger Herr René
Trug braune Locken – sie sind weiß wie Schnee.
An seiner Stirn verglomm der Kronen Glanz,
Da haftet nichts als nur ein Lorbeerkranz.
Schloß Tarascon – er bietet's zum Verkauf –
Dran blitzt die blaue Rhone scherzend auf,
Von hoher Warte wandert rings der Blick –
Der König wägt als Denker sein Geschick:
»'s ist eigen, daß man immer mich vertreibt!
's ist eigen, daß mir nichts in Händen bleibt!
Lothringen erbt ich, wo die Trift sich sonnt,
Das nahm mit weg Anton von Vaudemont.
Dann erbt ich flugs das Fürstentum Anjou
Und noch das nette Ländlein Bar dazu –
Herr König Ludwig trat in mein Gelaß,
Als Gast, und schrieb mir meinen Wanderpaß.
Reich Napel war's, das dann zu Erb mir fiel,
Dort mischte sich der Aragon ins Spiel –
Das schöne Napel! Richtig werd ich schlemm!
Mir bleibt das himmlische Jerusalem!
Da schimmert unvergänglich Dach und Fach –
Ich erb es schon. Das Erben ist mein Sach!
Doch geht mein Sach, wie hier, so droben dort,
Holt aus dem Himmel mich der Teufel fort.«

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TextGrid Repository (2012). Meyer, Conrad Ferdinand. Gedichte. Gedichte (Ausgabe 1892). 7. Frech und Fromm. Die Gedanken des Königs René. Die Gedanken des Königs René. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-3461-0