Ewiges Diesseits

Löscht die Lichter aus auf den Altären!
Nicht in Kirchen und in Synagogen
sucht den Gott, noch hinter Himmelsschleiern.
Wo der Perlschaum quirlt auf Meereswogen,
wo der Wind kämmt über blonden Ähren
und im Bergschnee mögt ihr Andacht feiern.
Besser noch: am eignen Feuerherde,
in der Einung mit dem nackten Weibe
laßt euch heilige Weihe überkommen.
Wenn die Seele eins wird mit dem Leibe
und die Stunde zeitlos auf der Erde,
dann erzeugt ihr Gott in euch, ihr Frommen!
Alles keimt zugleich und blüht und schwindet.
Wenn ihr Wein trinkt, sollt ihr schon die Reben
für die neue Ernte reifen wissen.
Diesseits, irdisch ist das ewige Leben!
Was den Menschen an die Menschheit bindet,
wird von keinem Tode je zerrissen.
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TextGrid Repository (2012). Mühsam, Erich. Lyrik und Prosa. Sammlung 1898-1928. Erster Teil: Verse. Beschauliche Weisheit. Ewiges Diesseits. Ewiges Diesseits. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-4489-E