272. Die Seele im Kirchenbann.
Ein Bauer aus Langballig ritt eines Abends spät am Grundtofter Kirchhofe vorbei. Er grüßte die Toten: »Gute Nacht, ihr Christenseelen alle, und gute Nacht, du Peter Jakob.« Das war nämlich sein kürzlich verstorbener Nachbar. Da sieh! wie er eben die Worte ausgesprochen hat, knarrt die Kirchhofspforte und eine lange weiße Gestalt kommt auf ihn zu. Der Bauer erschrak, und sein Pferd durch Schläge antreibend, ging's mit ihm in vollem Rennen nach Hause, aber die weiße Gestalt folgte ihm immer. Vor dem Hause riß er dem Pferde den Zügel ab, jagte es in den Stall, er selber aber eilte in die Stube und erzählte seiner Frau, die schon im Bette lag, voller Angst sein Abenteuer. Die beherzte Frau sagte: »Lege dich nur hinter mich und halt dich ruhig.« Wie er nun eben ins Bett gestiegen, so trat durch die aufspringende Tür auch die weiße Gestalt herein. Die Frau rief: »Wer ist da?« Aber niemand antwortete. Die Frau rief zum zweiten Male; wieder keine Antwort. »Im Namen Gottes und aller Heiligen«, rief sie zum dritten Male, »tritt neun Schritt vor mein Bett und sage mir, wer du bist und was du willst.« Da sprach die Gestalt: »Ich bin euer Nachbar und kann im Grabe nicht ruhen,[183] weil ich einmal des Predigers Windhund erschlagen habe, worüber dieser den Kirchenbann ergehen ließ. Wenn ihr dies offenbaren wolltet, hätte ich Frieden im Grabe.« »Das soll morgen geschehen«, sagte die Frau, und sogleich verschwand die Gestalt und hatte von nun an Ruhe.
Aus Angeln durch Herrn Landmesser Nissen in Löstrup.