2.
Zu einem jungen Manne kam jede Nacht die Nachtmähr und plagte ihn so entsetzlich, daß er es zuletzt seinen Freunden klagte. Nun wußte einer von diesen, daß die Nachtmähr nur durch ein Loch kommen könnte, das mit einem Harkenbohrer gemacht sei. Sie suchten nach und fanden wirklich in der Tür ein solches Loch. Nachts paßten sie auf und verschlossen es mit einem Pflock, als die Mähr drinnen war. Am hellen Morgen fanden sie nun eine schöne Frau bei ihrem Freunde im Bette liegen. Da ließen sie Hochzeit anrichten und beide lebten zwei Jahre ganz glücklich miteinander. Sie gebar ihm in der Zeit ein paar Zwillinge. Endlich aber geriet der Mann mit seiner Frau einmal in Streit und fragte sie ärgerlich, wo sie denn eigentlich her sei. »Das weiß ich gar nicht«, antwortete die Frau, und der Mann nahm sie bei der Hand, führte sie zur Stubentür und sagte: »So will ich es dir zeigen!« und damit zog er den Pflock heraus. Da verschwand die Frau mit einem kläglichen Ton; nur an jedem Sonntagmorgen kam sie und brachte ihren Kindern schneeweiße Wäsche.
Wer von der Mähr geplagt wird, dem sei die Mistel, ein Gewächs, das auf allen Eichen wächst, empfohlen. Man nennt es darum auch Marentaken oder Alfranken. Auch die Donnersteine, die man auch Hucksteine nennt, sind Mittel dagegen.
Aus Esprehm bei Schleswig durch cand. phil. Arndt. – Westphalen Mon. ined. IV, 224 praef. – Bechstein, Thüring. Sagen I, 116. Kuhn, Märk. Sagen Nr. 48. 185. Thiele, Danm. Folkes. II, 280f. – In Dithmarschen sagt man Nachtmahr, sonst Nachtmoor, Nachtmahrt, Nachtmähr, auch Alp. Schütze Idiotik. 1, 31.