513. Josias Ranzaus gefeites Schwert.
Anna Walstorp wurde eines Nachts, als sie im frommen Gebete ihres abwesenden Gemahls gedachte, von einem unterirdischen Bergmännchen gar demütig ersucht, seiner kreisenden Gemahlin hilfreiche Hand zu leisten. Sie folgte dem Männlein durch viele ihr ganz unbekannte Keller und Gewölbe ihres Schlosses Breitenburg, bis an einen kristallhellen Felsen. Auf die Berührung ihres Begleiters spaltete sich dieser und sie sah in einer geräumigen Halle eine zahllose Menge ebensolcher Männlein um eine Erhöhung versammelt. Sie trat hinzu und fand die Königin in schweren Kindesnöten, dem Verscheiden nah. Frau Anna, in der Bereitung von Heilmitteln wohl erfahren, mischte der Leidenden einen Trank, worauf sie bald eines Söhnchens genas. Der Jubel war groß und der dankbare Ehemann reichte der Helferin einiges Gold, das wie Späne aussah, und legte ihr zugleich ans Herz, selbiges wie den größten Schatz zu hüten; darauf beruhe ihres Hauses Glück. Sie ließ später dreierlei daraus verfertigen, einige kleine Münzen, einen Wocken und einen Hering, die sich in der Folge unter die verschiedenen Glieder des Hauses verteilten.
Dem Josias Ranzau ward später der Hering zuteil, der ihn voll Eifer für den Krieg in einen Degengriff umformen ließ. Er ging darauf in französische Dienste, machte unzählige Schlachten mit und ward endlich Generalfeldmarschall. Er war einer der ärgsten Raufbolde, und als er schon in hohem Alter und der höchsten Würde stand, ging er verkleidet unter die Lanzknechte und fing mit ihnen Händel an. Mit einem guten Freunde schlug er sich einmal, weil er seinen Namen verkehrt geschrieben hatte. Aber so lange er das gefeite Schwert trug, ward er in keiner Schlacht von einer Kugel oder von einem Hiebe verwundet. Man traute ihm schon lange nicht mehr und sah wohl ein, daß es nicht mit rechten Dingen zugehe. Als daher ein holsteinischer Edelmann, Kaspar von Bockwold, die Geschichte vom Bergmännlein einmal in Straßburg beim Weine ausplauderte, ließen sich gar viele Stimmen vernehmen, welche dem Josias Mut und Tapferkeit absprachen und alle seine Taten dem Heringe beilegten. Josias darüber ergrimmt, warf in aller Gegenwart den Degen in den Rhein und forderte Kasper Bockwold zum Zweikampf. Auch seit der Zeit verließ ihn selten der Sieg, aber er mußte ihn teuer erkaufen, so daß er zuletzt von allen Gliedern, die ein Mensch doppelt hat, eins verloren hatte und überhaupt sechzig schwere Wunden an seinem Körper trug.
[348] Schilderungen eines Vielgereisten 1883, Bd. 3, S. 78ff. – Auch Gustav Adolf soll einen solchen gefeiten Degen gehabt haben. Georg Wallin Dissertat. III. refutatio commenti de gladio Gust. Ad. magico Upsal. 1728. 29.