2.

Es wird erzählt, daß König Abel all sein Lebtage ein großer Jäger gewesen, also daß er, da er endlich zum Sterben kam, sich statt der ewigen Seligkeit wünschte, ewig jagen zu können. Und das ist ihm gewährt worden. Früher jagte er nun auf der Erde und da belästigte er alle Menschen, die er antraf, und tat ihnen Leides an. Da aber grub man seinen Leichnam aus, der im Tiergarten bei Schleswig liegt, und wandte ihn um, und stieß einen Pfahl hindurch. Seit der Zeit jagt er nicht mehr auf der Erde, sondern man hört nur seine Stimme, wie er immer Hurra! Hurra! ruft. Aber seine Hunde laufen noch auf der Erde, haben brennende Augen und speien Dampf und Feuer aus. Man hört ihn oft auf dem Schubyer und Husbyer Felde jagen, und viele haben mit ihm zu tun gehabt.

Einst kam ein Bauer aus Schuby heimgefahren vom Markte, der hatte wohl ein wenig zu viel getrunken. Da hörte er das Hurrarufen, das Peitschenknallen und das Schnauben und Prusten der feurigen Rosse und Hunde. Er rief den König Abel an, und auf vieles Bitten erlaubte ihm dieser, an der Jagd teilzunehmen. Da mußte er nun mit der wilden Schar, man gab ihm Pulver und Flinte und er schoß Hasen genug. Als die Jagd aber gegen Morgen beendet war, bat er den König Abel um ein Stück Wild mit nach Hause zu nehmen, und der warf ihm auch eine schwere Last auf den Wagen, indem er sagte: »Da hast du einen Braten, viel zu gut für einen Bauern.« Als der Bauer nun nach Hause kam, fragte seine Frau, wo er so lange gewesen sei. Da erzählte er, wie er mit König Abel auf der Jagd gewesen sei und habe auch ein paar Hasen oder eine Hirschkeule mitgebracht. Da sah die Frau nach, aber was fand sie? Es war keine Hirschkeule, sondern die Keule von einem Pferdeaas.

Es gibt viele Leute, die den König Abel gehört und mit ihm gesprochen haben, aber sehen läßt er sich nicht mehr. Der, der dies erzählte, hatte einen Vaterbruder, der, als er noch jung war, einmal selbst dem König Abel seine Hunde hat halten und mit ihm laufen müssen.


Aus der Nähe von Schleswig durch Kandidat Arndt nach der Erzählung eines Bauern, der weder von Erich, noch sonst was weiter von König Abel wußte. Damit stimmt Grauer, Advokat in Tondern, Erklärung des Götzendienstes-Horn. Tondern 1737. S. 32: König Abel hatte einmal gewünscht, in Ewigkeit jagen zu können. Einmal im Jahre, besonders im Schleswiger Holze, wird er mit seinen Jagdhunden und Hörnern in der Luft gehört, mit großem Jagdgeschrei. Seine Statue, in Stein ausgehauen, mit Hunden umgeben, ist bis auf diese Stunde in Schloßgarten zu sehen. – Unter Mommsens Papieren finde ich, daß eine ungedruckte poetische Bearbeitung der Sage von C. Schumacher ähnlich anknüpft: Abel ist leidenschaftlicher Jäger. Er will im Pöler Walde jagen. Da erscheint ihm der Herr des Waldes, halb Bär, halb Jäger, und verbietet es ihm; nur der König dürfe hier jagen. Da ruft's von allen Zweigen: Heil dem König Abel! Darauf erschlug er seinen Bruder, [382] den König Erich usw. – Eine gleich apokryphische Nachricht lautet: Im Gehölz von Schuby, ganz nahe bei Schleswig, begegnet den Landleuten mitunter der Waldgott, der die Waldgöttin verfolgt. Wenn das nicht der Wôld, der Wohljäger, der die Waldfrauen verfolgt, s. Nr. 577, sein soll, so weiß ich nicht.

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TextGrid Repository (2012). Müllenhoff, Karl. Märchen und Sagen. Sagen, Märchen und Lieder. Drittes Buch. 563. König Abels Jagd. 2. [Es wird erzählt, daß König Abel all sein Lebtage ein großer Jäger]. 2. [Es wird erzählt, daß König Abel all sein Lebtage ein großer Jäger]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-4D79-6