Im Dämmerschein

Verronnen ist der schwüle Tag,
verrauscht ist Sturm und Wetterschlag,
und durch die regenfeuchte Luft
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weht träumerischer Lindenduft; –
es spinnt die Welt ein Zauber ein:
Ich harre dein!
Ich harre dein seit langer Zeit;
gewintert hat es und gemait, –
für jede Rose, die erblich,
entfaltet eine andre sich;
aus jeder Nacht bricht Frührotsschein:
ich harre dein!
Ich harre dein am alten Platz, –
und weißt du's noch, herzlieber Schatz,
weißt noch, wie du vor Jahresfrist
allabendlich gekommen bist?
Allabendlich im Dämmerschein
ich harrte dein!
Nun dünkt's mich fast ein süßer Traum;
vorm Haus der alte Lindenbaum,
die alte Sehnsucht in der Brust
nach Märchenzauber, Liebeslust –
und rings die Welt im Dämmerschein
und ich allein! –
Und unten tief im Böhmerland
ein Städtchen liegt an Bergesrand;
der letzte feuchte Abendstrahl
küßt Meeresstrand und Felsental –
es spinnt auch dich der Zauber ein:
Gedenkst du mein?

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TextGrid Repository (2012). Müller-Jahnke, Clara. Gedichte. Gedichte. Alte Lieder. Im Dämmerschein. Im Dämmerschein. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-5473-E