Predigt


in der

Wahlfahrtskirche zu Krähwinkel
1819


bei der Ankunft des Kurfürsten von ***

als

das tausendjährige Jubiläum war.

Text: Dös is der Kurfürst und ös seid's Bauernlimmeln.


(Räuspert sich.)


Räuspern muß i mi, räuspern! – damit's ös wohl versteht's und recht hör'n könnt's, was i [73] enk sog heut' von den Pflichten des Unterthan's geg'n Landsherrn; denn enkri Ohr'n räumt's ös enk so 's ganz Jahr net aus, daß i a Fartl Mist weniga brauchet, wenn i den Treck all'n hätt, der in enkern Lusern drin sitzt. O ös Säu ös, – seid's halt Säu – i sog non grod, wie Se. kurfürstliche Durchlaucht in enka stinkete Mit!' 'rein mog! – Aber i mog mi net aufhalten mit enk, da is Chrisam und Tauf verloren. I schreit' daher zu mein' Vortrag und theil' meine Predi ein in die Pflichten


a) geg'n Gott,
b) geg'n an Landsherrn,
c) geg'n an Pfarrer,

I. Theil.
Die Pflichten geg'n Gott.

Wie viel sind Sakrament? hob i neuli 'mal 'n Steffelbauern san Bub'n g'ragt in der Christenlehr', und wos moant's wos a g'sagt hot? – »Wenigstens tausend, noch mein Votern z'schließen.« – Itzt hobe tan aber oani 'nafgeb'n af d'Waffel, dem Rotzlöffl, denn – solchen Grundsätz' prägt's ös enkern Kindern ein! und wenn [74] ma hernach an so an Lauser zieg'n will, und will'n zieg'n, indem ma 'n bei die Ohren nimmt und gibt 'n a Poar affi af d'Votzen, daß 'n der rothi Goafer runterrinnt, so renna's und lafa's in Pfarrhof 'nein, als wenn ma 'n schon derschlag'n hätt'! – Kummt's nonmal, an groß'n Hund stell i ma ein, und laß enk aussi hetzen, daß enk – verzeih mir's Gott – der Teufel hol'n möcht.

Hot's mein Köchin neuli 'mal g'sagt, wos die Dörfelkinder so lau in Religionssachen sein; sagt's, hot's g'sagt, dös is net zon sogn, sagt's – woher aber kummt's? – Pomum hand procul ad arbore – hoaßt so viel als: Is der Voter a Saumogn, so ist der Bua a Saumagl; denn bedenkt's es nur selba, is mehr a Religion unter enk? –

In der Früh stehnas af, ös bet' koans an Vaterunser, is die erst Frog: Wo is die sauer Suppen? San d'Erdäpfel firti? Z' Mittag, da hört ma koan Tischgebet, sondern hing'sessen und mit'n Fingern in d'Schüßl nein, und 's Kraut neig'schlampt, daß ihna allweil rent und drent d' Suppen über d'Votzen abarinnt. Auf d'Nacht, da hob'n da d'Limmelu vor'm Kammerfenster net Zeit, [75] daß a Nachtgebet beten, do is ihna koan Loata net z'hoch, bis a mal an etli so Sauschwanz runtaplumpsa und d'Haxen brecha und an Teufel in Arsch 'neinfahr'n; nacha, Herr Pfarrer! mach's gut – sitz da auf der Ofabank – nacha lassen's an etli Messeln lesen und itzt sans's geh schon d'robn in Himmel, gleichsam wie ma 's in a Spital einkaft, wenn's glei af der Erden den schlechtesten Lebenswandel g'führt hob'n. – Ja, ja! do wird si geh unser Herrgott glei a rechti Ehr' draus macha, a so an Maulaffen, so an unputzten, in Himmel nein z'lassen. O mein Gott! do ließ si gor viel drüba sogn. Und der Beichtstuhl, wie wird der ästimirt? – 's Jahr einmal und da kaum recht. Es geht schon recht so, ös richt's enk schon nach dem saubern Zeitgeist, ös wär'n schon keine Geistlichen mehr zog'n wie ma's vor Zeiten zog'n hat. – Is denn dös ah a Manier, so a Bürschl sitzt a dreiviertel Jahr z'Haus in der Vokanz, und a viertl Jahr besucht a seine Collegien. Ja! nacha war's non recht, wenn a studiret – aber nix, ja mit'n Dobmayr seiner Dogmatik könnts'n ös in allen Summakellern antreffa, und do studirt er, kotz [76] Kreuz, wie studirt er do – und Abends nacha im Wirthshaus – do sitzt er drinn in der Unterhosen, die non halbet runten, und fiselt si d'Flöh ausi. Ja wohl, schama vor a Kellnerin; mein Gott nan! Nacha hobn's Menscha a non, kummt oan Brief um an andern davon her. Itz dös werd'n Theologen! I sog sonst nix, als dös werd'n Theologen!! Ja, wisset'ns non ihr Vorständ, wie's hintergangen werden bei aller Strenge! – Freut's enk Bauernlimmeln! da kriegt's a mal an Pfarrer, der is net streng; do könnt's enka Ludaleb'n ungeahndet fortführ'u; da wird's heißen: s' is glei an anderer, als der vori. – O Welt! wie lange wirst du non steh'n, lang konnst dös nimma treib'n. Unser Hergott muß an Exempel statuiren; ö hilfts nix weil ma gor net an ihn denkt, und die Pflichten geg'n ihn gor net respektirt. I red' koan Wort mehr von den Pflichten geg'n Gott: ös wisset's a so, ös möcht's si's aber net thoan, was hilft ma nacha mein Red'n, wenn i allweil in so Stoanesel 'neinpelver. I schreit' daher zum zweiten Theil meines Vortrags, zu den Pflichten geg'n den Landsherrn. –

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TextGrid Repository (2012). Müller, Karl Theodor. Gedichte, Aufätze und Lieder. Gedichte, Aufätze und Lieder im Geiste Marc. Sturms. Predigt in der Wahlfahrtskirche zu Krähwinkel 1819. 1. Theil: Die Pflichten geg'n Gott. 1. Theil: Die Pflichten geg'n Gott. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-5527-1