[260] Frühlingskranz aus dem Plauenschen Grunde bei Dresden

Frühlingseinzug

Die Fenster auf, die Herzen auf!
Geschwinde! Geschwinde!
Der alte Winter will heraus,
Er trippelt ängstlich durch das Haus,
Er windet bang' sich in der Brust,
Und kramt zusammen seinen Wust
Geschwinde, geschwinde.
Die Fenster auf, die Herzen auf!
Geschwinde! Geschwinde!
Er spürt den Frühling vor dem Thor,
Der will ihn zupfen bei dem Ohr,
Ihn zausen an dem weißen Bart
Nach solcher wilden Buben Art,
Geschwinde, geschwinde.
Die Fenster auf, die Herzen auf!
Geschwinde! Geschwinde!
Der Frühling pocht und klopft ja schon –
Horcht, horcht, es ist sein lieber Ton!
Er pocht und klopfet, was er kann,
Mit kleinen Blumenknospen an,
Geschwinde, geschwinde.
[261]
Die Fenster auf, die Herzen auf!
Geschwinde! Geschwinde!
Und wenn ihr noch nicht öffnen wollt,
Er hat viel Dienerschaft im Sold,
Die ruft er sich zur Hülfe her,
Und pocht und klopfet immer mehr,
Geschwinde, geschwinde.
Die Fenster auf, die Herzen auf!
Geschwinde! Geschwinde!
Es kömmt der Junker Morgenwind,
Ein bausebackig rotes Kind,
Und bläst, das Alles klingt und klirrt,
Bis seinem Herrn geöffnet wird,
Geschwinde, geschwinde.
Die Fenster auf, die Herzen auf!
Geschwinde! Geschwinde!
Es kömmt der Ritter Sonnenschein,
Der bricht mit goldnen Lanzen ein,
Der sanfte Schmeichler Blüthenhauch
Schleicht durch die engsten Ritzen auch,
Geschwinde, geschwinde.
Die Fenster auf, die Herzen auf!
Geschwinde! Geschwinde!
Zum Angriff schlägt die Nachtigall,
Und horch, und horch, ein Wiederhall,
Ein Wiederhall aus meiner Brust!
Herein, herein, du Frühlingslust,
Geschwinde, geschwinde!

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TextGrid Repository (2012). Müller, Wilhelm. Gedichte. Lyrische Reisen und epigrammatische Spaziergänge. Frühlingskranz. Frühlingseinzug. Frühlingseinzug. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-5ABB-9