15. Neujahrs-Lied

Das Jahr ist fortgelauffen
Hat seiner Tage Hauffen
Das letzte Ziel gemacht;
Was haben wir indessen
Für Missethat vergessen,
Für gutes Werck vollbracht?
Groß ist die Zahl der Stunden,
Noch wird sie überwunden
Von Rechnung unsrer Schuld:
Doch, Christe, dein Gemüthe
Reicht weiter zu an Güte,
An Langmuth und Gedult.
Was deiner Herde Sachen
Nicht wissen gut zu machen,
Zahlt deine Liebesbrunst.
Ach! laß auch künfftig schauen,
Wie billich, daß wir bauen
Auff solche treue Gunst.
Es sey ein mal ein Ende
Dem Kriege, der die Hände
Sehr tieff hat eingesetzt;
Wir müssen bald erliegen,
Woferren durch dein Siegen
Das Leyd nicht wird ersetzt.
Nun, Herr, du wirst dich regen
Mit einem neuen Segen,
Auff dieses neue Jahr;
Gieb, also nur zu leben,
Daß wir dir Anlaß geben
Zu retten deine Schar.

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TextGrid Repository (2012). Opitz, Martin. Gedichte. Geistliche Dichtungen. Geistliche Oden oder Gesänge. 15. Neujahrs-Lied. 15. Neujahrs-Lied. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-624F-2