Trostgedichte in Widerwertigkeit deß Kriegs
In vier Bücher abgetheilt und vor etlichen Jahren anderwerts geschrieben

[1633.]

Das erste Buch
Inhalt

Der Poet hat hier der beredten Leute Gebrauch nicht nachfolgen können, welche dessen Unfall, den sie trösten wollen, auff das beste als möglich verkleinern; sondern er beklaget weitleuftig in diesem ersten Buche den jetzigen unglückseligen böhmischen Krieg, der größer und mehr bekannt ist, als daß er mit scheinbaren Worten möge geringer gemacht und mit Stillschweigen verdeckt werden. Darneben beweiset er, es geschehe diß alles nicht ohn sonderbare Schickung Gottes, und setzet die Ursachen, warumb er seiner Kirchen solches Creutz und Trübsal zusende.


Deß schweren Krieges Last, den Teutschland jetzt empfindet,
Und daß Gott nicht umbsonst so hefftig angezündet
Den Eyffer seiner Macht, auch wo in solcher Pein
Trost herzuholen ist, sol mein Gedichte seyn.
Diß hab ich mir anjetzt zuschreiben vorgenommen:
Ich bitte, wollest mir geneigt zu Hülffe kommen,
Du höchster Trost der Welt, du Zuversicht in Noth,
Du Geist von Gott gesand, ja selber wahrer Gott.
Gib meiner Zungen doch mit deiner Glut zu brennen,
Regiere meine Faust, laß meine Jugend rennen
Durch diese wüste Bahn, durch dieses neue Feld,
Darauff noch keiner hat für mir den Fuß gestellt.
Das ander' ist bekant; wer hat doch nicht geschrieben
Von Venus Eytelkeit und von dem schnöden Lieben,
Der blinden Jugend Lust? Wer hat noch nie gehört,
Wie das Poeten-Volck die grossen Herren ehrt,
[270]
Erhebt sich an die Lufft und weiß herauß zu streichen,
Was besser Schweigens werth, läßt seine Feder reichen,
Wo Menschen-Tapfferkeit noch niemals hingelangt;
Macht also, daß die Welt mit blossen Lügen prangt?
Wer hat zuvor auch nicht von Riesen hören sagen,
Die Wald und Berg zugleich auff einen Ort getragen,
Zu stürtzen Jupitern mit aller seiner Macht,
Und was deß Wesens mehr? Nun bin ich auch bedacht,
Zu sehen, ob ich mich kan auß dem Staube schwingen,
Und von der grossen Zahl deß armen Volckes tringen,
So an der Erden klebt; ich bin Begierde voll
Zu schreiben, wie man sich im Creutz' auch freuen sol,
Sein Meister seiner selbst. Ich wil die Pierinnen,
Die nie nach teutscher Art noch haben reden können,
Sampt ihrem Helicon mit dieser meiner Hand
Versetzen biß hieher in unser Vatterland.
Es wird inkünfftig noch die Bahn, so ich gebrochen,
Der, so geschickter ist, nach mir zu bessern suchen,
Wann dieser harte Krieg wird werden hingelegt
Und die gewündschte Ruh zu Land' und See gehegt.
Da aber ich vielleicht mich höher möchte wenden,
Als daß mir müglich sey, recht wider anzulenden,
So sey es doch genug, was ich zu thun begehrt:
In grossen Sachen ist auch Wollen Lobens werth.
Doch nein; der, den ich mir erkoren anzuflehen,
Wird seiner Gnaden Wind in meine Sägel wehen,
So daß mein kühnes Schiff, dis jetzund fertig steht,
Und auff die Höhe wil, nicht an den Boden geht.
Wann dieser Steuermann das Ruder uns regieret,
Wann dieser sanffte West wird auff der See gespüret,
Da kömpt man wol zu Port, es ist kein Stürmen nicht,
Kein Kieß, kein harter Grund, an dem das Schiff zerbricht.
Die grosse Sonne hat mit ihren schönen Pferden
Gemessen drey mal nun den weiten Kreiß der Erden,
Seyt daß der strenge Mars in unser Teutschland kam,
Und dieser schwere Krig den ersten Anfang nam.
Ich wil den harten Fall, den wir seyther empfunden
Und männiglich gefühlt (wiewol man frische Wunden
Nicht viel betasten sol) durch keinen blauen Dunst
Und Nebel überziehn, wie der Beredten Kunst
Zwar sonsten mit sich bringt. Wir haben viel erlitten,
Mit andern und mit uns selbst unter uns gestritten.
[271]
Mein Haar das steigt empor, mein Hertze zittert mir,
Nem ich mir diese Zeit in meinen Sinnen für.
Das edle teutsche Land, mit unerschöpfften Gaben
Von Gott und der Natur auff Erden hoch erhaben,
Dem niemand vor der Zeit an Krieges-Thaten gleich',
Und das viel Jahre her an Friedens-Künsten reich
In voller Blüte stund, ward und ist auch noch heute
Sein Widerbart selbselbst und frembder Völcker Beute.
Ist noch ein Ort, dahin der Krieg nicht kommen sey,
So ist er dennoch nicht gewesen Furchte frey.
Das Land hat grausamlich von Reuterey erklungen,
Der übergrossen Last zuweichen fast getrungen.
Kein Vorgebürge hat sich weit genug erstreckt,
Kein weiter Wald die Zahl deß Heeres gantz bedeckt.
Waß hilfft es, daß jetzund die Wiesen grüne werden
Und daß der weisse Stier entdeckt die Schoß der Erden
Mit seiner Hörner Krafft, daß aller Platz der Welt
Wie neugeboren wird? Das Feld steht ohne Feld,
Der Acker fraget nun nach keinem grossen Bauen,
Mit Leichen zugesät; er fragt nach keinem Tauen,
Nach keinem Düngen nicht. Was sonst der Regen thut,
Wird jetzt genug gethan durch faistes Menschenblut.
Wo Tityrus vorhin im Schatten pflag zu singen,
Und ließ von Galathee Wald, Thal und Berg erklingen,
Wo vor das süsse Lied der schönen Nachtigall,
Wo aller Vögel Thon biß in die Lufft erschall,
Ach, ach, da hört man jetzt die grausamen Posaunen,
Den Donner und den Plitz der feurigen Carthaunen,
Das wilde Feldgeschrey; wo vormals Laub unnd Graß
Das Land umberönet hat, da ligt ein faules Aaß.
Der arme Bauersmann hat alles lassen ligen,
Wie, wann die Taube sieht den Habicht auff sich fliegen,
Und gibet Fersengelt; er selbst ist in das Land,
Sein Gut ist fort geraubt, sein Hof hinweg gebrandt,
Sein Vieh hindurch gebracht, die Scheuren umbgeschmissen,
Der edle Rebenstock tyrannisch außgerissen,
Die Bäume stehn nicht mehr, die Gärten sind verheert;
Die Sichel und der Pflug sind jetzt ein scharffes Schwert.
Und dieses ist das Dorff. Wer aber wil doch sagen
Der Stätte schwere Noth, den Jammer, Weh und Klagen,
So männiglich geführt, das unerhörte Leid,
Deß Feindes Uebermuth und harte Grausamkeit?
[272]
Das alte Mauerwerck ist worden auffgesetzet,
Die Thore starck verwahrt, die Degen scharff gewetzet,
Die Waffen außgebutzt, die Wälle gantz gemacht,
Die Pässe weit umbher verhauen und bewacht.
Ein jeder ist verzagt. Eh', als der Feind noch kommen,
Da hat die Furchte schon viel Oerter eingenommen
Und Oberhand gehabt. Mir schüttert Haar und Haut,
Wann daß ich dencken wil, was ich nur angeschaut.
Das Volck ist hin und her geflohn mit hellem Hauffen,
Die Töchter sind bey Nacht auff Berge zugelauffen,
Schon halb für Schrecken tod, die Mutter hat die Zeit,
In der sie einen Mann erkant, vermaledeyt.
Die Männer haben selbst erbärmlich müssen flehen,
Wann sie ihr liebes Weib und Kinder angesehen.
Die kleinen Kinderlein, gelegen an der Brust,
So noch von keinem Krieg' und Kriegesmacht gewust,
Sind durch der Mutter Leyd auch worden angereget
Und haben allesampt durch ihr Geschrey beweget;
Der Mann hat seine Frau beweynt, die Frau den Mann,
Und was ich weiter nicht auß Wehmuth sagen kan.
Viel minder werd' ich nun deß Feindes harte Sinnen
Und grosse Tyranney genug beschreiben können,
Dergleichen nie gehört. Wie manche schöne Statt,
Die sonst das gantze Land durch Pracht gezieret hat,
Ist jetzund Asch unnd Staub? Die Mauren sind verheeret,
Die Kirchen hingelegt, die Häuser umbgekehret.
Wie wann ein starcker Fluß, der unvorsehens kömpt,
Die frische Saate stürtzt, die Aecker mit sich nimpt,
Die Wälder niderreißt, läufft ausser seinen Wegen,
So hat man auch den Plitz und schwefelichte Regen
Durch der Geschütze Schlund mit grimmiger Gewalt,
Daß alles Land umbher erzittert und erschallt,
Gesehen mit der Lufft hin in die Stätte fliegen;
Deß Rauches Wolcken sind den Wolcken gleich gestiegen,
Der Feuerflocken See hat alles überdeckt
Und auch den wilden Feind im Lager selbst erschreckt.
Das harte Pflaster hat geglüet und gehitzet,
Die Thürne selbst gewanckt, das Ertz darauff geschwitzet;
Viel Menschen, die der Schaar der Kugeln sind entrannt,
Sind mitten in die Glut gerathen und verbrannt,
Sind durch den Dampff erstickt, verfallen durch die Wände;
Was übrig blieben ist, ist kommen in die Hände
[273]
Der ärgsten Wüterey, so, seyt die Welt erbaut
Von Gott gestanden ist, die Sonne hat geschaut.
Der Alten graues Haar, der jungen Leute Weynen,
Das Klagen, Ach und Weh der Grossen und der Kleinen,
Das Schreyen in gemein von Reich und Arm geführt
Hat diese Bestien im minsten nicht gerührt.
Hier halff kein Adel nicht, hier ward kein Stand geachtet,
Sie musten alle fort, sie wurden hingeschlachtet,
Wie wann ein grimmer Wolff, der in den Schaffstall reißt,
Ohn allen Unterscheyd die Lämmer nider beißt.
Der Mann hat müssen sehn sein Ehebette schwächen,
Der Töchter Ehrenblüth' in seinen Augen brechen,
Und sie, wann die Begier nicht weiter ist entbrandt,
Unmenschlich untergehn durch ihres Schänders Hand.
Die Schwester ward entleibt in ihres Bruders Armen,
Herr, Diener, Frau und Magd erwürget ohn Erbarmen,
Ja, die auch nicht geborn, die wurden umbgebracht,
Die Kinder, so umbringt gelegen mit der Nacht
In ihrer Mutter Schoß; ehe sie zum Leben kommen,
Da hat man ihnen schon das Leben hingenommen:
Viel sind, auch Weib und Kind, von Felsen abgestürtzt
Und haben ihnen selbst die schwere Zeit verkürtzt,
Dem Feinde zu entgehn. Was darff ich aber sagen,
Was die für Hertzenleyd, so noch gelebt, ertragen?
Ihr Heyden reicht nicht zu mit eurer Grausamkeit,
Was ihr noch nicht gethan, das thut die Christenheit,
Wo solcher Mensch auch kan den Christen-Namen haben,
Die Leichen haben sie, die Leichen auffgegraben,
Die Glieder, so die Erd' und die Natur versteckt,
Sind worden unverschämt von ihnen auffgedeckt.
Mehr hat mich Grau unnd Scheu nicht schreiben lassen wollen,
Und derer wegen auch die nach uns kommen sollen
(Wo daß die schlimme Welt noch länger kan besteht)
Wil ich und muß auch viel mit Schweigen übergehn.
Ey, ey, du werthes Land, was kanstu doch erfahren,
Das nicht genugsam schon in diesen kurtzen Jahren
An dir verübet sey? Wie hat dein alter Stand
In solcher kurtzen Zeit so sehr sich umbgewand?
Du warest sonst der Marckt und Schauplatz aller Sachen,
Dardurch ein schöner Ort sich kan beruffen machen,
Du giengest überhoch den andern Ländern für,
Was allenthalben ist, das sahe man bey dir.
[274]
Diß Lob ist jetzt dahin; die kirchen sind beraubet,
Die Cammern sind erschöpfft, das Gold ist auffgeklaubet,
Viel Weiber ihrer Ehr' und Männer quit gemacht,
Sehr vielen Kindern sind die Vätter umbgebracht;
Und nicht nur durch das Schwert; die Lufft ist schädlich worden,
Hat auch das Feld geräumt, und jämmerliches Morden
Durch strenge Pestilentz und Kranckheit angestelt.
Wie mancher kühner Mann, wie mancher freyer Held,
Der hohes Lob gehofft mit Streiten zu erwerben,
Hat müssen ohne Blut deß faulen Todes sterben,
Hat seinem Mörder nicht entgegen können gehn
Und, wie ein Krieger sol, zu seinem Ende stehn.
So ist die Gottesfurcht auch mehrentheils verschwunden,
Und die Religion gefangen und gebunden,
Das Recht ligt unterdrückt, die Tugend ist gehemmt,
Die Künste sind durch Koth und Unstat überschwemmt.
Die alte teutsche Treu hat sich hinweg verloren,
Der Frembden Uebermuth der ist zu allen Thoren
Mit ihnen eingerannt, die Sitten sind verheert,
Was Gott und uns gebührt ist alles umbgekehrt.
Wer hier nicht wird bewegt, wer sonder Weh und Schmertzen
Diß ungerechte Recht deß Krieges kan behertzen,
Der ist auß hartem Stahl und Kieselstein erzeugt,
Es hat ein Tyger ihn an seiner Brust gesäugt.
Daß aber jemand nun vermessen wolte meynen,
Wir wären ausser Schuld, und unbedacht verneinen,
Gott habe seinem Volck' und Kirchen dieses Leid
Vergeblich zugeschickt, der irret trefflich weit.
Der Herr von Anbeginn, ein Richter aller Sachen,
Der alles sieht und hört, der Augen hat zu wachen,
Dem niemand kan entgehn, der kräfftig umb und an
In allem ist, was ist, was war und werden kan,
Der schickt uns aber zu, der ordnet alle Dinge
Im Himmel und bey uns, wie groß und wie geringe
Sie immer mögen seyn; Glück, Unglück, Leben, Tod,
Krieg, Fried' und Einigkeit kömpt alles her von Gott.
Was suchen wir viel nach, was darff man Zweiffel tragen?
Wie lange sol er auch durch Wunderzeichen sagen,
Diß komme nicht ohn ihn? Hat nicht die hohe Lust,
Hat nicht der Himmel selbst uns deutlich zugerufft?
Hat der Comete nicht sich grausam außgestrecket?
Hat nicht der Feuerschwantz die Sternen selbst erschrecket,
[275]
Daß sie verblasset sind? Der Monde stund verzagt,
Und meynt', er würde nun auß seiner Bahn verjagt;
Der weisse Beer hat fast die Flucht von dar genommen,
Auß Furchte, Phaeton der wäre wider kommen
Und hätte wie zuvor durch seinen Unverstand
Den Himmel und sein Dach gesteckt in neuen Brand.
Den scharffen Prediger, den schrecklichen Propheten,
Der niemals sonder Blut, der niemals sonder Tödten,
Der niemals sonder Krieg und Enderung entsteht,
Den Botten hat uns Gott ja hoch genug erhöht.
So seyn auch, wie man sagt, die abgeleibten Seelen
In ihrer Menschen-Art auß den betrübten Hölen
Getrungen an das Liecht. Was niemand hören mag
Ohn Abscheu, Furcht und Grauß, ist kommen an den Tag,
Hat sichtbarlich bey uns und unter uns geirret,
Die Ordnung der Natur ist worden gantz verwirret;
Die Waffen haben selbst auß heimlicher Gewalt
Von niemand angerührt, geklungen und erschallt.
Das Wasser ward verkehrt, die unbefleckten Brunnen,
Ihr reines Silberquell ist blutig fürgeronnen:
Der Flüsse Vatter auch, der sonsten schöne Rhein,
Hat seine Last gefühlt, daß nun für klaren Wein
Das grosse Kriegesheer der prächtigen Maranen
An seinem Ufer sey, daß ihre stoltze Fahnen
Nun stünden auffgesteckt, wo vor Thriambus war,
Und wo man jetzund noch kan sehen sein Altar,
Er hat, der schöne Rhein, auß Scham sich fast verloren,
Ist weit und breit umbher durch kaltes Eiß verfroren;
Wo vor das Sägel pflag auff Niderland zu gehn,
Da kunte man jetzund mit Roß und Wagen stehn.
Nun laufft, ihr, welche man nur also muß erweichen,
Laufft hin und saget jetzt, es mangelt euch an Zeichen.
Gott, Gott treibt dieses Werck, deß grossen Zornes Brunst
Und Rache greifft uns an, und solches nicht umbsunst.
Wir alle sind befleckt mit Schanden und mit Sünden
Von Adams Zeiten her, nicht einer ist zu finden
Der sonder Boßheit sey. Wir sind auß Gottes Huld
Entfallen durch uns selbst umb unsrer Laster Schuld.
Die Welt lebt in den Tag, begehret nicht zu wissen.
Von Zucht und Frömmigkeit, ist trotzig außgerissen
Wie eine wilde Bach, thut was ihr selbst behagt,
Lacht, wann man ihr von Gott unnd Gottes Eyffer sagt.
[276]
Und darumb läßt er sich an seiner Kirchen sehen,
Schützt loß deß Zornes Strom, verstopfft für ihrem Flehen
Die Ohren seiner Gunst; doch nur auff kleine Zeit:
Sein Grimm ist nicht so groß, als seine Gütigkeit.
Wir können nicht vorbey und müssen alle sagen,
Er gebe billich uns das schwere Joch zu tragen;
Er straffe billich uns durch Feuer, Krieg und Schwert,
Weil wir auch uns von ihm zum Bösen abgekehrt.
Wie lange hat er doch die Heucheley geduldet?
Was mag er uns doch thun, das wir nicht wol verschuldet?
Ob auch der Sünden Zahl noch grösser wachsen kan?
Klagt das Gewissen sich und uns nicht selber an?
Das Gute fliehen wir, das wir doch solten fassen,
Das Böse lieben wir, das wir doch solten hassen.
Dann kömpt es, daß der Herr diß Schrecken in uns jagt,
Dann kömpt es, daß er uns mit solchem Jammer plagt.
Drumb sind die Felder jetzt gantz weiß von Toden-Beinen,
Drumb hört man überall Brand, Mordgeschrey unnd Weynen,
Drumb sind zugleiche wir und unser schönes Land
Deß Feindes Tyranney gegeben in die Hand.
Doch wird der grosse Zorn nicht nun und ewig wären;
Er wird sich widerumb gar gnädig zu uns kehren,
Der Vatter seine Schar. Nicht einen, den er liebt,
Den läßt er ungestrafft und allzeit unbetrübt.
So lange dir es hat nach deinem Wundsch ergangen,
So lange hastu auch noch niemals angefangen
Ein rechtes Gottes-Kind, ein rechter Christ zu seyn;
Creutz, Unglück, Angst und Qual ist unser Prüfestein.
So ist der Frommen Feind, der Teuffel, auch nicht stille,
Sucht allzeit, wie er sich und seinen Haß erfülle,
Macht Gruben in den Weg, hebt Groll unnd Streiten an,
Stößt Ruh und Frieden umb, thut alles, was er kan,
Sieht, wie er wider uns den gantzen Rüstzeug bringet,
Als wie ein Rosenknopff von Dörnern ist umbringet,
Gepresset und gedrückt, so muß die Kirche stehn,
So pflegt sie zwischen Noth und Trübsal auffzugehn.
Gott wil uns also auch die rechte Strasse lehren,
Die Sünden abzuthun, den Glauben zu vermehren,
Zu werden neu und rein. Bey Freuden, Lust unnd Ruh
Verdirbt der Ehren Lob, die Laster nehmen zu.
Wann alles umb uns scheint, geht, wie wir uns gedencken,
So schlägt man auß der Art, so pflegt man sich zu lencken,
[277]
Kömpt auff die breite Bahn, die zu der Wollust trägt,
Und Ueppigkeit für Zucht, für Tugend Laster hegt.
Ein Pferd, das immerzu bey vollem Futter stehet,
Das nie geritten wird, nie an dem Wagen gehet,
Wird wilde, beißt und schlägt, trägt keinen Reuter nicht;
So reißt der Mensch auch auß, wann ihn der Haber sticht.
Das Gute wächst durch Noth; ein Quell, das stille stehet,
Das nie geräumet wird, verstopfft sich und zergehet,
Wird Schlamm und fauler Koth; je mehr er wird gerührt,
Je grösser wird sein Fluß, je klärer auch gespührt.
Es ist der Kirchen Art, ja auch die Art der Heyden,
Durch Arbeit, Zwang und Trang, durch Leyden und durch Meyden
Steigt jederman empor; durch immer glücklich seyn
Schleicht unser Untergang mit bösen Sitten eyn.
So kunte Cyrus nicht die Sarder besser straffen
Als nur durch diß Gebott, sie solten bloß mit Schlaffen,
Mit freyer Gasterey, mit Spiel und Frölichkeit,
Mit Tantzen und mit Lust bestatten ihre Zeit.
Der Römer grosses Lob hat schöner nie geglissen,
Als wie sie Krieg geführt, sich ritterlich geschmissen,
Wie alles alber war, wie ihre Weißheit noch
Nach alter Mässigkeit nach Bley und Knobloch roch,
Alsdann stund alles wol. Die unverzagte Jugend,
Die Blum unnd Zier der Statt gieng aller Krieges-Tugend,
Gieng Rhum und Ehren nach; ein wolgebutztes Pferd,
Ein Küriß und ein Helm, ein Schild unnd scharffes Schwerd
War ihnen weit mehr lieb, war mehr in ihren Augen,
Als Huren, die das Gelt und Kräfften auß uns saugen,
Als Schwelgerey und Wein, als Worte voller Pracht,
Als Fluchen und Geschrey, das keinen Krieger macht.
Da ward Sicilien in ihre Macht verbunden,
Carthago außgebrandt, Corinthus überwunden,
Numantia zerstört; kein Feind, kein Schrecken kam,
Da ihnen ihren Muth und hohe Sinnen nam.
Da ließ sich Mutius, da ließ sich Cocles blicken,
Da hielt Fabritius der gantzen Statt den Rücken;
Da tratt Camillus auff, schlug die Frantzosen auß,
Da stäckte Mucius die Hand nicht ohne Grauß
Deß Feindes in die Glut. Kein Ort war ihnen gleiche,
Es hieß nur alles Rom, es gieng in ihrem Reiche
Zu Abend in die See der gülden Sonnen Lauff,
Und stund zu Morgen auch in ihrer Herrschafft auff.
[278]
Was nun die grosse Statt durch Schweiß und Blut erworben,
Das ist hernach durch Glück und Wollust gantz verdorben;
Dann wie kein Hannibal nicht mehr verhanden war,
Wie alles stille lag und sicher für Gefahr,
Da musten endlich sie mit ihren Lastern kriegen;
Die keinem zuvorhin nicht konnten unterligen,
Verhingen über sich den Sünden ihren Zaum
Und gaben falscher Lust und Ueppigkeiten Raum.
Da durffte Marius und Cinna sich erregen,
Da durffte Cesar Rom zu seinen Füssen legen;
Die Statt, so alles zwang, so allzeit unverzagt,
Ward durch den Ehrgeitz zahm, ward ihres Bürgers Magd.
Die Statt, die aller Welt für diesem vorgeschrieben,
Vollbrachte, was hernach ihm einer ließ belieben.
Es halff kein Cicero, noch tausend Zungen Schar,
Es halff kein Cato zu, wie sauer er auch war.
Die Freyheit gieng nur fort. Nun, dieser wird erstochen,
Bezahlet mit der Haut, nicht aber ungerochen;
Octavius wacht auff und nimpt sich seiner an,
Macht was noch ledig ist ihm vollend unterthan.
Da war kein Scipio, kein Fabius gehöret,
Kein Bürgermeister mehr, noch Rathesherr geehret;
Da war kein Cassius, kein Brutus in der Statt,
Der feindlicher Gewalt frey unter Augen tratt.
An Tugend statt kam Mord, Neid, List unnd Hofepossen:
Wie sich Tiberius im Hurenhaus' entschlossen,
Was Claudius befahl, was Nero, was das Schwein
Domitianus hieß, das ließ man Amen seyn.
So hat die schöne Statt zusehend abgenommen
Und ist je mehr und mehr biß auff die Neige kommen;
Die sonst in Leydenszeit den Wolcken gleiche stund,
Sanck in der Wolfahrt hin in aller Schanden Grund.
Es ward nach Gottesdienst jetzt weiter nicht gefraget,
Der Raub der gantzen Welt ward übel durchgejaget.
Es muste die Natur gantz werden umbgewand,
Auß Thälern Berg gemacht, auß Bergen glattes Land.
Was wir zu dieser Zeit gar übel glauben können,
Das durfft' ein schlechter Mann durch Uebermuth beginnen;
Kein Laster war zu groß; zwey Tonnen Goldeswerth
Und mehr ward durch ein Weib auff einen Trunck verzehrt.
Diß thut der Ueberfluß. Was wil man aber sagen
Von Sachen, welche sich mit Heyden zugetragen?
Ob billich wol ein Christ ihm diese gantze Welt
Und aller Völcker Heer für seinen Spiegel helt.
[279]
Der edle grosse Mann von Isai geboren,
Zum König' Israel vom Himmel selbst erkoren,
Wie wird er zum Gebett' und Andacht angeregt,
Als Gott ihn wegen Mord unnd schnöder Unzucht schlägt?
Herr, spricht er, wasche mich von meinen Missethaten;
Ich muß es nur gestehn, ich bin zu sehr gerathen
In schwärer Sünden Wust; es ist von mir gethan,
Was dir zugegen läufft und ich nicht läugnen kan.
Ich bin in Uebelthat empfangen und erzeuget,
Es hat die Mutter mich mit Sündenmilch gesäuget.
Du hast die Warheit lieb und bist den Lügen feind,
Du weissest alles wol, wie sehr man es verneint.
So scheine mir nun zu mit deiner Gnadensonne,
Laß den zerknirschten Geist empfinden Freud und Wonne.
Nimb mich doch wieder an, erquicke mein Gebein,
Heb meine Glieder auff, die gantz zerschlagen seyn.
Laß nicht dein Angesicht auff meine Sünden schauen;
Gib mir ein neues Hertz, ein neues Zuvertrauen.
Verwirff nicht deinen Knecht, verstoß mich nicht von dir,
Laß deinen guten Geist mich trösten für und für,
Und wie die Worte sind. So heisset Notturfft betten,
So heisset Unglück uns für Gottes Augen tretten,
Den Himmel anzusehn, auff den man wenig sieht,
An den man wenig denckt, wann alles grünt und blüht.
Diß, was versehrt, das lehrt. Je mehr man Saffran reibet,
Je stärcker schmäckt er auch, je mehr man Tugend treibet,
Je höher schlägt sie auß. Die Widerwertigkeit
Sol, wie ein Fechtplan seyn und wie ein stäter Streit,
In welchem Gott uns zeigt, wie und mit was für Wegen
Uns müglich sey die Macht der Sünden zu erlegen,
Wie wir der Seelen Feind bestehen nach Gebühr
Und kommen dann mit Ruhm, Ehr und Triumph herfür.
Es müssen über diß der Kirchen Qual und Plagen
Ein klares Zeugnüß seyn, es sey nach diesen Tagen
Ein Tag, der grösser ist, da diese gantze Welt
Dem Richter über uns wird werden fürgestelt.
O wol dann dem, so hier auff Christus Wort ist kommen,
Gedültig seine Last, die sanffte Last, genommen!
Wer dieses Joch erträgt, der sieget und besteht;
Wer jetzt nicht höret: Kompt, wird endlich hören: Geht.
O wol dem, welchen Gott hier, als ein Vatter quelet,
Der wird hernach gantz frey, gantz quit und loß gezehlet.
[280]
Den Gott mit Treuen meynt, den er von Hertzen liebt,
Wird von den Bösen hier gepresset und betrübt.
Die jetzt mit Sicherheit im Rosengarten sitzen,
Die werden anderswo mit Schrecken müssen schwitzen.
Wer hier der Christen Schar durch Schwerd unnd Feuer jagt,
Wird künfftig durch den Wurm, der nimmer stirbt, genagt.
So sol die Welt auch seyn, daß keine Noth und Leyden,
Daß keine Tyranney Gott und sein Volck kan scheyden,
Und daß ein solcher Mensch, der die Gewissen zwingt,
Vergeblich und umbsonst die Müh und Zeit verbringt;
Daß wir für unser Maul kein Blat nicht dürffen nehmen,
Daß wir für keinem uns nicht scheuen oder schämen,
Er sey auch, wer er wil; daß unsers Hertzen Grund
Nicht falsch, nicht anders sey, als etwan Red' unnd Mund.
Kein Würgen, keine Schlacht, kein Martern unnd kein Pressen
Zwingt uns der Frömmigkeit und Gottes zu vergessen.
Der Zweck der Christenheit muß Gottes Name seyn,
Nicht Eytelkeit der Welt, nicht eusserlicher Schein
Und gleissend Heucheley; wir müssen kundbar machen,
Daß Christen Noth und Tod verhönen und verlachen;
Wir müssen lassen sehn gantz richtig, klar und frey,
Daß die Religion kein Räubermantel sey,
Kein falscher Umbhang nicht. Was macht doch ihr Tyrannen?
Was hilfft, was nutzet euch das Martern, das Verbannen,
Schwerd, Feuer, Galgen, Radt? Gezwungen Werck zerbricht,
Gewalt macht keinen fromm, macht keinen Christen nicht.
Es ist ja nichts so frey, nichts also ungetrungen,
Als wol der Gottesdienst; so bald er wird erzwungen,
So ist er nur ein Schein, ein holer falscher Thon.
Gut von sich selber thun, das heist Religion,
Das ist Gott angenehm. Laßt Ketzer Ketzer bleiben
Und glaubet ihr für euch; begehrt sie nicht zu treiben.
Geheissen willig seyn ist plötzlich umbgewandt,
Treu, die auß Furchte kömpt, hat mißlichen Bestand.
Ein Mensch kan seinen Sinn wol für den andern schliessen,
Der Glauben liget tieff. Gott kennet die Gewissen,
Sucht alle Nieren durch, sieht aller Hertzen Rath,
Und weiß, was ich und du und der verschuldet hat.
Mehr, sollen Christen nicht, wo daß sie Christen heissen,
Und in der Warheit sind, von Hertzen sich befleissen,
Zu tragen ihre Noth, wie ihr Herr Christus trug,
Da ihn deß Vatters Grimm von unsertwegen schlug?
Das Lamb, das reine Lamb, von Anbegin geschlachtet,
Der Fürst der Seligkeit hat seiner nicht geachtet,
[281]
Hat willig über sich genommen frembde Schuld
Mit Liebe, Nidrigkeit, Gehorsam und Gedult.
Deß wahren Gottes Sohn, der Gott von allen Zeiten,
Der auff der hohen Lufft und Wolcken pflegt zu reiten,
Der Wasser, See unnd Meer umbgreifft mit seiner Hand,
Die grossen Hügel wiegt, den Himmel überspannt,
Der kam zu uns herab, ward Mensch der Menschen willen,
Deß Vatters grossen Zorn, der uns betraff, zu stillen,
Nam auff sich Hunger, Durst, Frost, Hitze, Schmach und Spott,
Stund alle Marter auß, gieng endlich in den Todt.
Der König aller Welt ließ sich mit Dörnern crönen,
Für dem die Erde bebt, ließ schimpfflich sich verhöhnen,
Durch den die Sonne sieht, der ward als blind verdeckt,
Der unbegreifflich ist, ward an das Holtz gestreckt.
Den aller Engel Schar mit ihren Stimmen ehren,
Der muste Schimpff und Hohn der Lästermäuler hören,
Der Plitz und Donner schickt, der ward nur außgelacht,
Der Tod und Leben gibt, ward schändlich umbgebracht.
Sein Haar war voller Blut, der Rücken voller Striemen,
Die Hände blau unnd schwartz durch Zwang der harten Riemen;
Kein Glied ist nicht an ihm, das nicht gelitten hat,
Die Zunge schließ ich auß, mit der er für uns bat.
Hier unser Creutz ist schlecht, und wegen Sünd' und Schanden;
Der nichts verschuldet hat, hat mehr noch außgestanden,
Mehr Qual und Pein gehabt, als jemand leyden kan,
Und seinen Mund doch nicht dargegen auffgethan.
Er muß der Spiegel seyn, in den wir schauen sollen,
Wo daß wir nach der Zeit auch mit ihm herrschen wollen.
Wer Christus Ebenbild zu werden nicht begehrt,
Wer ihm nicht folgen wil, ist seiner auch nicht werth.
Der Kirchen Eygenschafft ist Dulden hier auff Erden;
Ihr Acker muß durch Blut der Frommen faiste werden;
Ihr allererster Grund ist Morden, Blut und Pein,
Ihr Fortgang der ist Blut, Blut wird ihr Ende seyn.
Und letzlich müssen wir durch dieses Mittel schauen
Daß Gott sey unser Schild, daß unser Zuvertrauen,
Allein auff ihm beruht, daß er die Seinen liebt,
Daß er bey ihnen ist, und treue Hülffe giebt.
Ach, lasse niemand doch so schändlich sich betriegen,
Er wolle für gewiß durch Menschen-Beystand siegen.
Wann alles lustig steht, sind Freunde mannigfalt;
Kömpt nur ein kleiner Wind, so wird die Liebe kalt.
Da fällt viel Kummer für, da hat man sehr zu fragen,
Wie dieses und wie das sich habe zugetragen;
[282]
Da geht es langsam her, eh' als man retten wil.
Wie jener arme Tropff, der in den Brunnen fiel,
Solt' erst, wie sich es doch verlauffen, Antwort geben,
Und stund bis an den Halß, trug Sorge für sein Leben.
Ach, mein Freund, rieff er, schaut und springt mir jetzund bey,
Hernach fragt, wie der Fall doch zugegangen sey.
Hilfft aber jemand ja, so ist doch sein Vermögen
Viel minder noch als nichts, wann Gott nicht ist zugegen
Und ihm den Rücken helt. Der Mensch ist nur ein Raub
Der nimmer stillen Zeit, ist Asche, Koth und Staub;
Sein Wehren baut doch nichts; die Krafft der Menschen-Hände
Und auch der Mensch mit ihr läufft stündlich zu dem Ende,
Das allen ist bestimmt. Drumb setzt uns Gott so zu,
Auff daß man sehen sol, daß er uns Vorschub thu,
Wo Menschen Rettung fehlt und alle von uns lauffen;
Daß er allein uns schützt, steht für den kleinen Hauffen,
Fengt Spieß und Degen auf; daß kein Feind weiter kömpt,
Als wo er ihm sein Maß und letztes Ziel bestimmt.
Wir dichten Tag und Nacht, wir jagen, lauffen, traben,
Wir brauchen grossen Fleiß mit Schantzen, Bauen, Graben,
Wir nehmen hier und da die besten Vortheil ein,
Jetzt dünckt uns dieser Ort, jetzt jener besser seyn.
Da ligt das Dorff nicht gut, da steht der Wald im Wege,
Auß Sorge, daß der Feind sich nicht darhinter lege;
Man krieget diß und das wol durch Verrätherey;
Wer fragt, ob Kriegeskunst List, oder Tugend sey?
O arme Creatur mit deinem viel Erfahren,
Mit deiner Embsigkeit! Der Fürst er Himmelsscharen,
Der Wagen Israels, sitzt über uns und lacht,
Sieht auff den Erdenkreiß; ihn jammert deiner Macht
Und viel zu schwachen Krafft. Nach allem Thun unnd Rennen
Auff so viel Schweiß und Blut, da muß man doch erkennen,
Daß aller Menschen Witz, daß alle Macht der Welt
Nichts sey, als Kinderwerck, daß er den Platz behelt.
Laß kommen Pharaon mit seinen Reutereyen,
Laß alle Teuffel auß, laß Pfeil und Kugeln schneyen
Wann Rath und That erligt, wann alles ist gethan,
Kömpt Gott doch in das Spiel und nimbt sich unsrer an.
Er nimbt sich unsrer an, er wird sein Volck erhören,
Wird schlagen die, so uns und ihn in uns, versehren,
Wird darthun, daß doch der, so uns jetzt thut Verdruß,
Hier zeitlich und hernach dort ewig büssen muß.

Ende deß ersten Buchs.

[283] Das andere Buch
Inhalt

Hier hebet der Poet an zu erzehlen, wie ihm ein Mensch in dieser langwierigen Verfolgung deß Vatterlandes die Traurigkeit auß dem Gemüth solle schlagen. Und sagt erstlich von der göttlichen Versehung, es müsse so seyn, und wäre nur das beste, Gehorsam leysten und bedencken: Wer der über uns sey, nämlich dasjenige und höchste Gut, von welchem alle Dinge zu gutem Ende gerichtet werden. Hernach leytet er uns von der Eytelkeit dieser Welt auff den Weg der Tugend und lehret, wie ein weiser Mann in aller Anfechtung und Gefahr sicher und unbewegt stehen könne.


Bißher nun sey der Krieg und auch umb wessen wegen
Er unser Land betrifft; jetzt, hilfft mir Gottes Segen,
So wil ich weiter gehn auff dieser neuen Bahn
Und zeigen, wie man sich hinwider trösten kan.
Die schöne Poesie, als die von oben kommen,
Unnd auß dem Himmel selbst ihr erstes Quell genommen,
Hat allzeit mir behagt. Ich trage freylich Gunst
Von meiner Kindheit an zu dieser edlen Kunst,
Doch gleichwol kan und wil ich nimmermehr verneinen,
Es sey nicht gäntzlich nichts, was viel Gelehrte meynen;
Sie wird von manchem kaum zum besten angelegt,
Der als ein schädlichs Gifft unnd Pest sie bey sich trägt.
Poeten sollen mir Bericht von Weißheit geben
Und sagen, wie ich doch in diesem armen Leben
Die bösen Lüsten fliehn, das Creutze tragen soll,
So sind sie Eytelkeit und falscher Meynung voll.
Hier sitzt der grosse Fürst Achilles der Vertrauten
In ihrer zarten Schoß, spielt eines auff der Lauten,
Läßt Troja Troja seyn, helt diese Schlacht für gut,
Die ohne Todes-Angst den Feinden Abbruch thut.
Da fasset Jupiter sein Weib bey ihren Füssen
Und hänckt sie in die Lufft, deß Zornes Lust zu büssen.
Da steht der weise Mann Ulysses, seufftzt und klagt,
Er werde gar zu weit vom Vatter weg gejagt
Und wolte gerne heim. Da ligt der Kern der Helden
Ihr starcker Hercules, und fluchet, wie sie melden,
Auff seiner Frauen List und das vergiffte Kleid
Durch das er sterben muß, weynt, seufftzet, heult unnd schreyt.
O weg mit solcher Gunst, weg, weg, mit solchen Sachen,
So die Gemüther nur verzagt und weibisch machen,
Die leichtlich, wie man wil, durch der Gedichte Schein
Und eusserlichen Glantz zu überreden seyn.
[284]
Ich lasse dieses mal die Zuckerworte bleiben,
Wil auf mein Teutsches hier von teutscher Tugend schreiben,
Von Mannheit, welche steht; wil machen offenbar
Wie keiner unter uns in Nöthen und Gefahr,
Die jetzt für Augen schwebt, so gäntzlich sey verlassen,
Daß er nicht widerumb ein Hertze solle fassen,
Es ist noch Trost genug auff dieser weiten Welt,
Durch welchen sich ein Mann unnd Christ zufrieden stellt.
Laßt uns zuvörderst doch erkennen und bedencken,
Wie diß, darumb wir uns so grämen, martern, kräncken,
Nicht anders gehen muß; daß Gottes weiser Rath,
Der nicht zurücke weicht, es so geordnet hat.
Der Gott von Ewigkeit sitzt auff deß Himmels Vesten,
Streckt seine starcke Hand von Osten biß in Westen;
Von seiner Weißheit Macht, die nimmer Unrecht wil,
Hat diese gantze Welt ihr Wesen, Lauff und Ziel.
Diß müssen wir gestehn: Kein Volck ist so verblendet,
Kein Land so gar von Zucht und Erbarkeit gewendet,
So wild' und ungezähmt, das nicht erkennen kan,
Es sey was über uns, dem alles unterthan.
Sie müssen der Natur sich ja gefangen geben,
Wo daß sie Unterricht und Lehren widerstreben.
Wohin sie immer sehn, hoch, nidrig, nah' und weit,
Da ist ein Ueberweiß und Bild der Göttlichkeit.
Schaut jemand über sich, da geht der Sonnen Wagen,
Kömpt weiter nicht herab, den Monden zu verjagen
Von seiner kalten Bahn; hier steht der weisse Bär,
Helt seinen Platz vor sich, fällt nimmer in das Meer.
Der schöne Lucifer verkündigt uns den Morgen,
Und Hesperus zeigt an die Linderug der Sorgen,
Die Nacht sey bey der Hand, die andern Sternen auch,
Die Augen in der Lufft, behalten den Gebrauch
Nach dem sie biß jetzund von Anfang her gelauffen,
Gehn allzeit ihren Weg und kommen nicht zu Hauffen
Und werden nicht vermengt. Ihr Sitz wird nie verwand,
Man spürt an ihnen nichts, als Ordnung und Bestand.
Nun, wann wir weiter auch bey uns betrachten werden
Der Elementen Art, Lufft, Feuer, Wasser, Erden,
Wie naß und trucken sich, wie kalt und warm begehn,
Da wird man der Natur Verbündnüß wol verstehn.
Auff daß wir auß der Lufft nun auch herunter steigen,
Wer kan den schönen Lauff der Dinge doch verschweigen?
[285]
Was auß der Erden wächst, lebt durch der Wurtzel Safft,
Ein jedes hat sein Thun, ein jedes seine Krafft.
Schau auch den Thieren zu, wie allesampt sich paaren,
Wie alle sind bedeckt mit Schuppen, Federn, Haaren;
Diß hat ein starckes Horn, diß einen scharffen Zahn,
Diß Klauen; jedes was, mit dem es fechten kan.
Diß kreucht, diß fleucht, diß schwimmt, diß geht auff seinen Füssen;
Ein jedes kan der Speis' als wie es sol, geniessen.
Wer dieses ohngefähr so zu zu gehen spricht,
Der lebet ohngefähr, hat seine Sinnen nicht.
Wann daß wir aber dann auch auff uns selber kommen,
Da können wir nicht fort, da müssen wir verstummen;
Deß Menschen schöner Leib, sein himmlischer Verstand
Der zeigt auff Gottes Macht, wie gleichsam mit der Hand.
Diß ist das grosse Buch der armen blinden Heyden;
Wir Christen haben mehr; wir können uns bescheyden
Von Adams Zeiten her, wir wissen auß der Schrifft,
Was Gott, so viel ein Mensch zwar wissen sol, betrifft.
Was wollen wir dann nun uns wider ihn erheben,
Und seiner weisen Macht Befehl und Ordnung geben?
Was kümmern wir uns dann? Was klagen wir dann viel,
Weil Gott, das höchste Gut, es also haben wil?
Was heisset trotzig seyn und mit dem Himmel streiten,
Wie Mimas und sein Volck gethan vor alten Zeiten,
Wann dieses nicht so heißt? Es hilfft doch kein Verdruß,
Am besten, gerne thun, dann wer nicht wil, der muß.
Gott wil, sich außgesetzt, nichts lassen immer währen:
Es sol ein Wechsel seyn, es sol sich alles kehren;
Was war, was ist, was wird, hat seinen rechten Lauff,
Wann eines niderfällt, so geht ein anders auff.
Wie Fäulichkeit das Holtz, Rost Eisen pflegt zu fressen,
So ist sein Zweck, Maß, Tag und Stunde zugemessen
Dem alles, was hier ist. Ein jedes Ort und Land,
Ein jedes Königreich hat seinen Stillestand.
Die Ursach ist auch zwar in eusserlichen Wercken:
Wann Untreu wird erregt, wann sich die Laster stercken,
Wann weiser Rath gebricht, wann frembdes Volck einschleicht,
Wan Obrigkeit von Art der alten Rechte weicht,
Und was noch weiter ist; doch eygentlich zu schreiben,
Der erste Quell ist Gott, der thut diß alles treiben,
Der stellet alles an, der hat ein jedes Haar
Der Menschen abgezehlt, geschweige Zeit und Jahr.
[286]
Er dancket Fürsten ab, setzt ander an die Stelle:
Da hilfft nun nichts darfür, wie sehr man widerbelle,
Wie seltzam man auch thu, wie offt man sage: Nein,
Es ist der alte Lauff und wird auch noch so seyn.
Deß Himmels schöner Bau muß wie ein Kleyd veralten,
Kan seine Zierlichkeit nicht immerzu behalten,
Das Firmament gibt nach und unsrer Erden Kreiß
Nimpt ab je mehr und mehr, wird wie ein alter Greiß.
Hoch, nidrig, klein und groß wird alles fortgerissen,
Kein Regiment, kein Stand vermag sich außzuschliessen,
Wie prächtig er auch ist, wie häfftig er sich wehrt:
Die Stätte fallen umb, kein Stein bleibt unverhert.
Wo ist der Perser Krafft, wo ist die Macht der Griechen,
Wo ist doch ihr Athen, wo Sparta hin gewichen,
Wo manches edles Reich und altes Regiment?
Ach Gott, sie werden kaum in Büchern noch genennt.
Wo sind die Wunderwerck' in solcher Pracht gebauet,
Daß einem, welcher sie betrachtet, gleichsam grauet?
Stehn alle Pfeiler noch? Wo ist die schöne Grufft,
So Artemisia erhöhet in die Lufft?
Hat der Dianen Kirch' auch ewig mögen tauren?
Wo ist doch Babylon mit ihren dicken Mauren?
Wo ist das grosse Bild der Sonnen zu Rhodis,
Das seinen Daumen auch gar kaum umbklafftern ließ?
Wo ist der Jupiter, den Phidias gegossen?
Hat Cyrus noch sein Hauß? Sie sind wie Schnee verflossen,
Auff den zu Frühlingszeit die heisse Sonne fällt.
Sie wusten nicht wohin, sie brachten Gold und Gelt
Tieff auß der Erden her und schmierten es mit Menge
Auch widerumb darauff; diß Wesen war zu enge,
Sie hinderten der Lufft fast ihren Tageschein,
Der Himmel schiene selbst für sie zu nidrig seyn.
Jetzt ist die hohe Pracht, so die Natur verworren
Und ihre Zier beschämt, der Erden gleich geschorren.
Wo dieser Hoffart vor kein Mensch noch Thier genaß,
Da weydet man nun Vieh, da wächset Laub und Graß.
Wo ist das schöne Rom, dem nichts auff Erden gleiche,
Nichts nächst gefunden ward, die Göttin aller Reiche,
Der Außgang der Natur, das Haupt der gantzen Welt?
Ihr Aaß ist noch zu sehn, sie selber ist gefällt.
Wo ist ihr grosser Stoltz, wo sind die Wassergänge?
Wo sind die Gassen doch, so unerhörter Länge?
Das Capitolium, die Tempel allzumal,
Vier hundert, wie man sagt, unnd mehr noch an der Zahl?
[287]
Wo Fabius vorhin, wo Scipio gegangen,
Wo Julius den Raub der Völcker auffgehangen,
Wo Cicero der Faust mit Worten widerstrebt,
Wo Maro, wo sein Fürst Octavius gelebt,
Wo mancher theurer Held, wo so viel hohe Seelen
Erzogen und geborn, da sind jetzt alte Hölen,
Da ist jetzt Mord und Raub. Ihr königlicher Rath
Und sie darzu ist hin, die überreiche Statt;
Ihr Wesen hat mit ihr nur müssen gantz verschwinden,
Die Laster nehm' ich auß, die sind noch da zu finden,
So viel man ihrer wil, dann auch die alte Schaar,
Wird noch auff diesen Tag vermehret Jahr auff Jahr.
Nichts ist so überhoch, da nicht das Glück hin reiche
Mit seiner langen Hand, das Schwerd macht offters gleiche,
Die schon nicht gleiche sind: Das gantze Vatterland
Steht mehrmals besser nicht, als in gewehrter Hand.
Der Krieg ist Gottes Zeug, mit welchem er zertrette,
Was nicht mehr stehen sol; die allerbesten Stätte
Sind wie ein grosser Baum, der wächset lange Zeit
Und wird auff einen Tag hernachmals abgemeyt.
So muste Tyrus auch gantz eingeäschert werden,
So ward Jerusalem geleget auff die Erden,
Die Gott sonst liebe Statt, sein außerwehltes Hauß;
So ist kein Platz so gut, er hat noch endlich auß.
Was wollen wir uns dann von dessentwegen grämen,
So andern widerfährt, und der Natur uns schämen?
Die Welt kan nicht bestehn, die Länder nicht in ihr,
In Ländern keine Statt, in keinen Stätten wir.
Das Feld wird durch das Jahr begabt mit reichem Segen,
Auch widerumb verdeckt durch Kälte, Frost und Regen;
Der Himmel giebet uns deß schönen Tages Pracht,
Er bringt hergegen auch die schwartze trübe Nacht.
Zu Zeiten ligt die See gantz stille, glatt und eben,
Zu Zeiten pflegt sie sich mit Wellen zu erheben,
Zu stürmen in die Lufft. Wie dann begehren wir,
Daß uns das gute Glück ersehe für und für?
Diß ist sein altes Thun; es steht auff einem Rade,
Was neulich oben war, erfüllt mit Gunst und Gnade,
Das ist jetzt unten an, und was vor unten war,
Das steht jetzt oben auff, ist ausser der Gefahr.
Vermeynestu, du seyst nicht glückhafft dieser Stunden,
Weil das, was glücklich war, ist allbereyt verschwunden,
So meyne gleichfals nicht, du seyst jetzund in Pein,
Weil da, was schmertzlich ist, auch muß fürüber seyn.
[288]
Deß Winters Sonnenglantz, deß Mondes Stillestehen,
Deß Sommers kühler Wind pflegt eylends zu vergehen,
Viel eher noch das Glück, als wie ein Weibesbild,
Die ihres Fleisches Lust bald hier und da bald stillt,
Begehrt den, der sie haßt, und haßt, der sie begehret,
Liebt keinen immerfort; so wird es auch verkehret,
Schlägt augenblicklich umb. Es ist der Lauff der Welt,
Diß fällt und jenes steigt, diß steigt und jenes fällt.
Die auff dem Schiffe sind, sie schlaffen oder wachen,
Sie gehen oder stehn, sie machen, was sie machen,
Führt doch der Wind sie fort; wer hier zu Schiffe geht,
Muß folgen der Natur, die nimmer stille steht.
Viel besser ist es ja sich beugen, als zerbrechen,
Es heischet närrisch thun an Gott sich wollen rechen.
Ist auch ein kluger Mensch, der nicht der Psiller lacht,
Die, wie man lesen kan, sich an den Sudt gemacht,
Dieweil er umb ihr Land und Gegend, härter bliesse,
Als ihnen gut und lieb? Sie nehmen Schild und Spiesse
Und auff das Ufer zu; da kömpt ein Sturm daher,
Bedeckt das tolle Volck durch Sand unnd wüstes Meer.
Was ist deß Menschen Macht und seine grossen Thaten?
Ein Stäublin; was sein Liecht? ein Traum von einem Schatten.
Sein Geist? ein blosser Rauch; sein Leben? Müh und Leid,
Er selbst deß Glückes Spiel, ein Raub der schnellen Zeit,
Deß Wanckelmuthes Bild, das andre Schleim und Galle,
Geboren, daß er hier in Ungewißheit walle,
In Zwang und Kummer sey. Das Thier, das edle Thier,
Das alle Thiere zwingt, der Erden Lob und Zier,
Kömpt bloß und arm hieher: sein erstes Thun ist Zagen,
Ist grosse Dürfftigkeit, ist Weynen, Noth und Klagen.
Die andern Thiere zwar kennt jedes seine Krafft,
Und weiß auch von Natur von seiner Eygenschafft;
Der Mensch allein, ihr Haupt und Herr so vieler Sachen,
Muß alles, was er thut von andern lernen machen,
Und daß er ißt und trinckt, redt, sitzt, steht, geht und ligt,
Kömpt nur durch Untericht; schläfft auch nicht ungewiegt;
Kan nichts nicht von sich selbst, das Weynen außgenommen;
Wird, alsobald er nur auß Mutterleibe kommen,
Gefangen und gepreßt, geknüpfft an Hand und Fuß:
Sein Anfang der ist Qual, und Qual ist sein Beschluß.
Wie thöricht handeln dann, die ihnen lassen grauen
Für dem, was menschlich ist, die nicht zurücke schauen,
[289]
Was sie doch selber sind, und leben Furchte voll
Für dem, was keiner nicht vermeyden kan noch soll.
Wer seine Zuversicht dem Wesen hat ergeben,
Das nur den Leib betrifft, der kan nicht ruhig leben,
Der muß in Aengsten stehn. Kein Glück ist also frey,
In dem nicht etwas noch von Angst und Kummer sey:
Man findet allzeit was, das man nicht haben wolte,
Und allzeit mangelt was, das nicht gebrechen solte.
Was ist das schnöde Gelt, was bringt es vor Gewinn?
Raubts nicht, wer stärcker ist dem Schwachen allzeit hin?
Vermag es mir den Durst und Hunger auch zu stillen?
Vermag es mich vor Frost und Kälte zu verhüllen?
Ja, sagstu, gib nur Gelt, so wird auch wol gethan,
Daß Hunger, Durst und Frost vertrieben werden kan.
Wol gut, ich kan so Rath für meine Notturfft finden,
Sie aber selbst vermag ich nicht zu überwinden;
Sie fordert allzeit was, ihr Glück ist nimmer gar,
Ihr Geitz hört nimmer auff, jetzt mangelt hier, jetzt dar.
Gib einem so viel Land, als hundert Ochsen pflügen,
So viel ein Habicht ihm getraut zu überfliegen
Auff einen Sommertag, gib einem so viel Gelt,
Als Spanien bißher bringt auß der neuen Welt,
Doch wirstu ihm die Lust zu mehren nicht erwehren;
Je mehr er haben wird, je mehr er wird begehren.
Ist schon das Armuth weg, so bleibt doch die Begier:
Bin sonst ich auch betrübt, kein Reichthumb hilfft darfür.
Laß einen krancken Mann in Seid' und Sammet liegen,
Häng' allen Schmuck umb ihn, daß sich die Stollen biegen,
Er bleibt doch siech unnd schwach; so einen krancken Muth,
Ein Hertze voller Pein, macht Gold und Gelt nicht gut.
So ist es gleichfals auch beschaffen mit den Ehren.
Kan auch ein hohes Ampt mir meine Tugend mehren?
Wird meiner Laster Zahl durch Würden zugedeckt?
Macht Hochheit einen fromm? Wird Cato auch erschreckt
Umb daß Vatinius, der Abschaum aller Thoren,
Ins Bürgermeister-Ampt für ihm wird außerkohren,
Und sitzet oben an? Der Glantz der Herrlichkeit
Ist nur ein blosser Glantz und ein Betrug der Zeit:
Er wird viel leichter noch gefunden, als behalten,
Wann er gefunden ist; die Gunst kan bald erkalten,
Von der er hergerührt. Wer darauff Hoffnung setzt,
Vergleicht sich dem, der Glaß für gantz beständig schätzt.
Nun, grosser Herren Macht, wie bald wird die verkürtzet?
Sie werden offtermals gantz plötzlich abgestürtzet
[290]
Von ihrer Majestät; wie hoch ihr Sitz auch sey,
So ist er dennoch nicht von Angst und Sorgen frey.
Wie nichtig ist doch auch den Adels-Namen führen?
Ist dieses nicht sich nur mit frembden Federn zieren?
Wann Adel einig heist von Eltern edel seyn,
So butzet mich herauß ein angeerbter Schein,
Und ich bin, der ich bin. Kan gleich von vielen Zeiten
Dein Stamm bewiesen seyn und dir zu beyden Seiten
Kein Wappen an der Zahl, kein blancker Helm gebricht,
Du aber bist ein Stock, so hilfft die Abkunfft nicht.
Was sol ich ferner nun auch von der Wollust sagen?
Ist nicht ihr Anbeginn voll Fürchte, Leyd und Zagen,
Ihr Ende voller Reu? Was kömpt nicht vor Beschwer
Vor Siechheit, Qual unnd Pein, von ihrer Uebung her?
Bringt sie auch grosse Lust, wie wir zu meynen pflegen,
So sind die Thiere weit den Menschen überlegen,
Die bloß auff Geylichkeit und Leibeswartung gehn
Und allesampt sich sonst auff anders nichts verstehn.
So ist ja also klar, daß nichts von diesen Dingen,
Mir rechte Sicherheit und Ruh vermag zu bringen;
Sie haben nicht Bestand, sind über unser Recht,
Und welcher sie beherrscht, der ist deß Glückes Knecht.
Kein Kluger liebt ein Mensch von ihrer Kleydung wegen,
Die sonsten greulich ist; wiltu zur Wage legen
Deß Wesens Nichtigkeit, darumb man hier so kriegt,
So wirstu sehn, daß nichts als Koth darhinter ligt.
Diß, was wir unser Gut mit seinem Namen nennen,
Ist kein Gut eygentlich, wie sehr wir nach ihm rennen,
Wie sehr wir nach ihm thun. Wer sein am meisten hat,
Der hat am meisten auch zu sorgen früh und spat.
Je mehr man Holtz zulegt, je mehr die Glut sich breitet,
Je mehr das Glücke sich mit seinen Gaben spreitet,
Je mehr wird nachmals dann durch Unglück umbgekehrt;
Wo viel verhanden ist, da wird auch viel verzehrt.
Wil aber jemand Gut, das immer währet, finden,
Das weder durch Gewalt noch Waffen sol verschwinden,
Der binde nur sein Schiff der Tugend Ancker an,
Die nicht zu Boden sinckt, die nicht vergehen kan.
Sie thut es nur allein, sie, sie die schöne Tugend,
Deß Alters Auffenthalt, die Nährerin der Jugend,
Der Reichen bester Schatz, deß Adels Zier und Pracht,
Ja, die das Armuth reich, den Pöfel edel macht.
Laß kommen, wer da wil, laß schnarchen, brausen, toben,
Laß wüten alle Welt, sie schwimmet allzeit oben,
[291]
Sie wird nicht unterdruckt. Kein Feind ist so versucht,
Der nicht durch ihre Krafft gebracht wird in die Flucht.
Führt neue Felsen auff, macht meilendicke Wälle,
Umbringt euch mit der See, grabt ein biß in die Hölle,
Kein Bollwerck ist so gut, kein Thurn so hoch gebaut,
Kein Graben so geführt, für dem der Tugend graut.
Laß einen Edelstein mit Koth und Mist umbschmieren,
Er wird doch seinen Glantz unnd Kräfften nicht verlieren;
Stoß einen edlen Sinn in Kummer und Gefahr,
Thu mit ihm, was du wilt, er bleibt doch, wie er war.
Treib einen weisen Mann von allen seinen Sachen,
Heiß ihn in's Elend ziehn, er wird dich nur verlachen.
Schleuß Ketten umb ihn her, verbirg ihn in ein Schloß,
Da niemand zu ihm kan, sein Geist geht allzeit loß.
Ein Felß in tieffer See, ob schon die starcken Wellen
Mit Stürmen und Geräusch' ihm sich entgegen stellen,
Helt unbeweget auß, wie sehr das Wasser springt,
Wie sehr die scharffe Lufft von Norden pfeifft unnd klingt;
So wird ein hoher Muth auch nimmermehr gezwungen,
Durch keine Dürfftigkeit, durch keine Noth vertrungen.
Solt' alles, was hier ist, zu Grund und Boden gehn,
So bleibt er immerzu auff freyem Fusse stehn.
Kein Harnisch, kein Gewehr, kein Spieß, kein scharffer Degen
Kan einen Weibersinn zu Dapfferkeit bewegen;
Vergeuß ihn gantz in Stahl, so wird er doch gejagt;
Ein freyer Sinn ist bloß und nackend unverzagt.
Ein grosser starcker Wurm reißt an der Spinnen Weben
Baum, Garn und Stangen durch, die Fliege muß nur kleben,
Bezahlet mit der Haut. Stößt Unglück an die Thür,
So bleibt ein faiges Hertz; ein Mann steht für unnd für.
Die Freyheit wil gedruckt, gepreßt, bestritten werden,
Wil werden auffgeweckt (wie auch die Schoß der Erden
Nicht ungepflüget trägt) sie fordert Widerstand,
Ihr Schutz, ihr Leben ist der Degen in der Hand.
Sie trinckt nicht Muttermilch, Blut, Blut muß sie ernehren,
Nicht Heulen, nicht Geschrey, nicht weiche Kinder-Zähren,
Die Faust gehört darzu; Gott steht demselben bey,
Der erstlich ihn ersucht, und wehrt sich dann auch frey.
Ist Friede durch das Land, ist niemand zu bestehen,
So streicht man müssig hin, auß vielem Müssiggehen
Kömpt sichers Leben her, und endlich mit der Zeit,
Auff gar zu sicher seyn, erfolget Dienstbarkeit.
[292]
Die Tugend lieget nicht in einem zarten Bette,
Das harte Feldgeschrey, die Paucken, die Trompette,
Deß Feindes Angesicht, der Grimm, das rothe Blut,
Diß ist ihr rechter Sporn, von dannen nimpt sie Muth
Wann diese Wächter uns sind auß den Augen kommen,
Da wird uns auch der Sinn zur Munterkeit genommen;
Wird einmal dann das Hertz umbringet von der Nacht,
Gewiß, es ist so bald nicht wider auffgewacht.
Nun, unser weiser Mann gewohnet nicht zu wancken,
Gewohnet durchzugehn mit feurigen Gedancken,
Zu stehn als eine Wand, der wird von nichts versehrt,
Sein Reichthumb blühet stäts, bleibt gantz und unzerstört.
Er läßt den Feind das Gelt und sonsten zeitlichs Wesen,
Gleich wie Caligula die Muscheln, zu sich lesen,
Das beste bleibet ihm; er weiß wol, Gold und Gelt
Sey nichts, als theurer Koth und Tockenspiel der Welt.
Er stehet hoch empor, weit von deß Pöfels Hauffen,
Sieht diesen hier, den da, und jenen sonsten lauffen,
Verlacht die Eytelkeit, verhöhnet Schmach und Spott,
Schaut seinem Glücke zu, erschrickt vor keiner Noth.
Er weiß, daß im Gemüth, in Sinnen und Verstande
Der rechte Mensch besteh', und daß nur einem Bande
Der Leib zu gleichen sey, das uns zusammen helt
Biß unser Stündlein kömpt unnd reißt uns von der Welt.
Und darumb schätzt er auch deß armen Leibes Güter
Vor keine Güter nicht; was angeht die Gemüther,
Was den Verstand betrifft, das heisset er allein
Nach seinem rechten Werth arg oder köstlich seyn.
Drumb läßt er williglich deß Glückes Sachen fliehen,
Wann der sich wider holt, der ihm sie nur geliehen,
Der gantz gerechte Gott, der, wie es ihm beliebt,
Dem etwas, jenem nichts, dem viel, dem wenig gibt.
Drumb saget er auch nicht, daß Krieg, Verfolgung, Leyden,
Flucht, Kranckheit, Geltverlust, und was man nicht kan meyden,
Zum höchsten böse sey; er weiß, woher es kömpt,
Und daß es muß so gehn, nachdem es ist bestimpt.
So tritt er frölich hin, begehrt nicht abzuweisen,
Was auff ihn tringen wil, bringt wider Stahl und Eisen
Den Muth, der eisern ist, lernt warten auff sein Ziel,
Nicht wündschen, daß es ihm gelinge, wie er wil.
Seht, was Ulysses thut, sein Schiff wird durch die Winde,
Und Wellen angerannt, gestossen auff die Gründe,
[293]
Geführet in die Lufft, geworffen hin und her,
Es legt sich wider ihn der Himmel und das Meer.
Was richten sie doch auß? Die andern frembden Waaren,
Gefährten, Ruder, Raub, Gold, Silber, läßt er fahren,
Zeucht auch die Kleyder auß und wirfft sie willig hin;
Diß, was seyn eygen ist, kan niemand ihm entziehn.
Wie wol die Stimme klingt der listigen Sirenen,
Vermag sie doch für ihm so lieblich nicht zu thönen,
Er sägelt noch darvon. Was Circe thut und macht,
So wird er dennoch nicht auß seiner Art gebracht.
Der Cyclops wil ihm zu, der grosse Menschenfresser,
Die Zähne wässern ihm; Ulysses weiß es besser;
Wo sonst kein Waffen hilfft, da zwingt er durch den Wein
Und stößt der Bestien das Stirnenfenster ein.
Sein unverzagter Geist, sein Geist erzeugt zu Kriegen,
Zu Ehren angewehnt, der kan nichts, als nur siegen,
Als immer oben seyn. Er schöpfft kein Wasser nicht,
Er bleibet, wer er ist, wann Mast und Boden bricht.
Du kanst, Fortune, ja den werthen Helden zwingen
Hin in die tieffe See biß an den Halß zu springen;
Du kanst ja wider ihn vermischen Lufft und Flut,
Kanst fordern, wilstu so, sein Leben, Gut und Blut.
Daß aber er für dir die Knie auch solle beugen,
Viel weynen, kläglich thun, sich wie ein Weib erzeigen,
Sein Leben, seine Zeit verdammen für und für,
Sein Hertze lassen gehn, das stehet nicht bey dir.
Er weiß wol, daß das Meer, auff das er sich gewaget,
Der strenge kalte Nord, durch den er wird gejaget,
Die Klippen und der Sturm in Gottes Händen stehn,
Drumb läßt er ihm auch es nach Gottes Willen gehn.
O, sagt er, schwimme fort, was nicht wil bey mir halten,
Mein Hertze, mein Bestand sol doch mit mir veralten;
Mein unerschöpffter Muth, mein guter treuer Rath,
Der nicht ein kleines Theil gethan vor Troja hat,
Der bleibt so lang', als ich. Laß alles von mir lauffen,
Bunt über Ecke gehn, Freund, Gut, Knecht, Schiff ersauffen;
Es muß seyn außgelegt, diß ist der Reyse Zoll,
Umb mich und meinen Sinn steht alles recht und wol.
Das Unglück hat mir ja von aussen was genommen,
Zum Hertzen aber ist es mir so wenig kommen,
So wenig, als das Meer, das leichter diese Welt,
Als mein Gemüthe mir wird haben umbgefällt.
So bricht der grosse Mann, der Held zur Pracht geboren,
Zur Tugend rechter Pracht, vom Himmel außerkoren,
[294]
So bricht er endlich durch, behelt die Oberhand,
Sieht, was uns allen lieb, sein liebes Vatterland.
So thut ein Kecker seyn; er kan nicht unten ligen,
Er hat sich nicht gewehnt zu schmügen und zu biegen,
Er läßt gar willig gehn, was ihm nicht zugehört,
Und was sein Eygen ist, das bleibet unversehrt.
Deß Donners harte Krafft, wie die Gelehrten sagen,
Pflegt in den Lorbeerbaum gar nimmer einzuschlagen;
So ist auch für der Macht deß Glückes jederzeit
Der Tugend grünes Laub versichert und befreyt.
Sie läßt sich sonderlich durch Creutz und Unglück sehen,
Wann alles knackt und bricht, wann alle Winde wehen,
Wann Sturm und Wetter kömpt, da tritt sie dann herein,
Macht schauen jedermann auff sie und ihren Schein.
Die Sternen pflegen sich bey Tage nicht zu rühren,
Bey Nachte sieht man sie den gantzen Himmel zieren;
So ist die Tugend auch, wann sie zu schaffen kriegt,
Die sonst zu guter Zeit wie gleich vergraben liegt.
Sie helt deß Glückes Zorn für lauter Schimpff unnd Schertzen,
Sie wird durch keine Qual, durch keine Leibes-Schmertzen
Auß ihrer Burg verjagt; sie gibt sich nimmer bloß,
Kein Streit noch Widerpart ist ihrer Macht zu groß.
Wie solte sie auch nicht Gedult in Leyden haben?
Wir wissen ja gar wol von den Spartaner Knaben,
Wie sehr man ihnen hat mit Schlägen zugesetzt,
Noch gleichwol haben sie kein Auge nicht genetzt.
Die Frauen pflegten auch in Indien vorzeiten,
Nach dem ihr Mann verschied, selbst unter sich zu streiten.
Die vor die Liebste dann von allen ward erkant,
Sprang zu ihm in die Glut, und ward mit ihm verbrant.
Wie sol doch manches Weib in ihren Kindesnöthen
So übermännlich seyn, und auch gar kaum erröthen
In ihrem Angesicht', ob schon die Last sie tringt,
Da ihr Geschichte doch Verzagtseyn mit sich bringt;
Was, siehet man auch nicht die wilden Thiere leyden?
Wie lauffen sie herumb in allen dicken Heyden,
Durch Hecken, Püsch und Berg? Was Hunger stehn sie auß?
Wie schlägt Reiff, Eiß und Schnee zu Winter in ihr Hauß?
Was dulden sie doch nicht von wegen ihrer Jungen?
Wie werden sie von uns nicht ohne Blut bezwungen.
Diß helt die Stirne für, das schärffet seinen Zahn,
Das spitzt sein starckes Horn, das spricht die Klaunen an,
[295]
Was schwach und furchtsam ist, behilfft sich mit dem Lauffen;
Die Löwen halten Fuß. So ist es mit dem Hauffen
Der Menschen auch bewandt; wer scheu ist, sucht den Steg,
Auff den der Feind nicht kan, unnd wirfft den Schild hinweg.
Gleich wie der Wind die Spreu biß in die Lüfften führet,
Und streut sie hin und her, den Weitzen nicht berühret,
So nimpt ein faiger Mensch gar leichtlich das Panier
Das auch ein Hase sucht; ein Held steht nach Gebühr,
Thut nichts das schändlich ist unnd das sich nicht geziemet,
Weicht von der Tugend nicht. Ist Cato gleich berühmet,
So fällt er endlich doch in Ungerechtigkeit,
Umb daß er auß der Welt sich reisset vor der Zeit.
Es ist wol Lobens werth, daß er den greissen Haaren,
Den Augen, die für nichts noch je erschrocken waren
Zur Schmach, dem Cesar nicht zu Fusse fallen wil
Und überwunden seyn, das Ander' ist zu viel.
Er sticht sich erstlich selbst, und als man ihn verbunden,
Muß doch das Pflaster fort, er reisset in die Wunden,
Wirfft, wie ein toller Hund, die Därmer in die Schoß
Und läßt den stoltzen Geist auß seinem Kercker loß.
Ein Kriegsmann darff nicht fort, es sey dann zugegeben
Durch seinen Capitain; wir sollen auß dem Leben,
Es gehe, wie es wil, auch eher nicht entfliehn,
Biß uns deß Lebens Herr erlaubt fortzuziehn.
Muß Tullius nicht auch mehr, als ihm ansteht, klagen,
Nach dem ihn Clodius wil auß der Statt verjagen?
Wie weibisch stellt sich doch der sonsten grosse Mann?
Er zeucht so seltzam auff, hat alte Kleyder an,
Ist bleich, er seufftzet, weynt, fällt allen zu den Füssen,
Daß, die er beugen wil, der Kleinmuth lachen müssen.
So stürtzt den dapffern Sinn nur einig die Gefahr,
Der vor so unverzagt in frembden Fällen war.
Was sol, du wahres Bild der wolberedten Zungen,
Was sol doch dieses seyn, wo wirstu weg getrungen?
Von meinem Rom; von Rom? Ist Rom die gantze Welt,
Ist nicht noch hier und dar genugsam Land und Feld?
Was spricht dein Socrates, nach dem er sol bekennen,
Von welcher Gegend er sich pflege her zu nennen?
Ich? sagt er, von der Welt. Ein witziger Verstand
Halt alles, was hier ist vor unser Vatterland,
Ist nirgend frembder Gast, ist überall daheime:
Kein Platz ist weit und breit, dahin er sich nicht reime.
So fahren sicherlich jetzt hin, jetzt wider her,
Die Vögel durch die Lufft, die Fische durch das Meer.
[296]
Ist Aussen-seyn so viel? Was thun wir, die wir reysen?
Wir pflegen uns gewiß gutwillig zu verweisen.
Ist nicht der schöne Bau der Erden das Gemach
Und stoltze Hauß für uns, der Himmel unser Dach,
Das grüne Feld ein Saal, mit Bäumen schön umbringet?
Ist nicht die volle See, die reichlich Speise bringet,
Die Brunnen klaren Tranck? Ist Mittag, Mitternacht,
Ist Auffgang, Nidergang nicht weit genug gemacht?
Ein enger Sinn läßt sich an einen Winckel binden
Und meynt, es sey kein Ort mehr in der Welt zu finden,
Da auch gut wohnen ist. Daselbst ist Noth und Pein,
Wo Tugend, wo Gedult, wo Langmut nicht kan seyn.
Der Freunde wegen auch sich kräncken und betrüben,
Daß die genommen sind, das heisset also lieben,
Wie einer, den ein Weib erquicket und ergetzt,
Der alle seine Lust auff die Berührung setzt.
Der liebet seinen Freund, der, wann er schon muß scheyden,
Ihn gleichwol bey sich hat und durch Gefahr und Leyden
In seinem Hertzen trägt, sich da mit ihm bespricht;
Den nimmt kein Abschied weg, der Tod auch selber nicht.
Kömpt nun das Unglück her und heißt uns Urlaub nehmen,
Wir wollen gerne gehn und uns mit nichten grämen,
Es zeucht doch diesen fort, der lange widerstrebt.
Wer ist ein Pilgram hier? Ein jeder, so da lebt.
Hinauff und über uns sol unser Sinn sich richten,
Sol lernen Haß und Neid und allen Fall versuchten,
Sol immer eines seyn, nicht zittern und nicht flehn,
Wie kleine Kinder thun, wann daß sie Larven sehn.
Es sind auch anders nichts, als Larven alle Sachen,
Umb welcher willen wir uns Leyd und Kummer machen;
Deß leichten Glückes Gunst ist wie deß Meeres Schaum,
Der brauset und zergeht, ist wie ein süsser Traum,
Der, ehe man erwacht, entwischet auß den Sinnen.
Laß etwas unser seyn, das wir behalten können,
Das nicht verloren wird, das immer eygen bleibt,
Das keine Feuersbrunst, kein Schiffbruch von uns treibt.
Der Feind hat dir dein Schloß, dein Hauß hinweg gerissen:
Fleuch in der Mannheit Burg, die wird er nicht beschiessen.
Er hat den Tempel dir verwüstet auß und auß:
Gott schleust sich nirgend ein, sey du sein reines Hauß.
Er hat dich von der Lust der Bücher weggetrieben:
Schau, ob du in das Buch deß Lebens bist geschrieben.
Er hat den Acker dir verheeret weit und breit:
Der Acker deß Gemühts trägt auch bey Winterzeit.
[297]
Er hat die Tochter dir durch Noth und Zwang geschändet:
Gut, daß er diß nur nicht mit ihrer Gunst vollendet.
Er hat dein Weib erwürgt: Viel wündschen ihnen das,
Er hat dein Kind entleibt: Der Mensch ist Heu und Graß.
Er hat das Vieh hinweg: Das Brod ist doch verblieben,
Er hat das Brod auch fort: Der Tod wird keinen Dieben.
Er hat dein Gelt geraubt: Behalt du nur den Muth,
Er hat dich selbst verwund: Die Tugend gibt kein Blut;
Man mag sie, wie man wil, verfolgen, neyden, hassen,
Sie helt ihr grosses Wort: sich nicht bewegen lassen,
Ist einer Eichen gleich: je öffter man sie schlägt,
Je mehr man sie behaut, je mehr sie Aeste trägt.
Sie ist wol außgeübt, sich hoch empor zu schwingen,
Mit Flügeln der Vernunfft, von diesen schwachen Dingen,
Dient Gott, ehrt ihn allein, thut nur, was ihm behagt,
Ist über alle Macht, wird keines Menschen Magd.
Sie steht und wird auch stehn. Im Hertzen ligt verborgen,
Was nicht genommen wird, was frey ist aller Sorgen;
Diß, was hieraussen ist, was niemand halten kan,
Mag fliehen, wann es wil, es geht uns gar nicht an.

Ende deß andern Buchs.

Das dritte Buch
Inhalt

In diesem Buch wird geredt von der Unschuld und gutem Gewissen, welch eine veste Mauer und Zuflucht es sey, ihm wohl bewust seyn, und umb Gottes, der Religion und der Freyheit willen Gewalt leyden. Darneben wird auch angezeigt, was unverzagte ritterliche Helden, welche gute Sache mit grossem Muth unnd Beständigkeit schützen, für unsterbliches Lob und Ruhm bey den Nachkommenen zu gewarten haben.


Ob wol der Tugend Trost, von dem wir jetzt gehöret,
Ein männliches Gemüth' auff alle Fälle lehret
Behertzt und freudig seyn in dieser letzten Zeit,
Da nichts, als Elend ist, als Krieg und schwerer Streit,
Doch ist diß nicht genug; wir müssen ferner wissen,
Wie eine gute Sach und heiliges Gewissen
Das Leyd und Kümmernüß deß Hertzens wenden kan,
Was Uebel und Gewalt uns auch wird angethan.
Ist etwas auff der Welt bequem und gut zu nennen,
Nach dem man frü und spat sol trachten, lauffen, rennen,
[298]
Und das den Herren sol ersuchen Groß und Klein,
So wird es wol gewiß der edle Friede seyn.
Wo er sein Lager hat wird Gottesfurcht geübet,
Gerechtigkeit erbaut, Scham, Erbarkeit geliebet,
Die Künste fort gepflantzt, die Güter nehmen zu,
Land, Statt, Mensch, Vieh und Feld geneust der süssen Ruh.
Erwacht der strenge Mars, da bleibt nichts unversehret,
Gar kein Gesetze gilt, kein Recht wird mehr gehöret,
Weil Waffen und Gewehr zu viel Getümmel macht;
Die Frömmigkeit reißt auß, die Zucht gibt gute Nacht.
Was können aber doch die armen Künste machen,
Was kan Apollo thun bey solchem wilden Krachen?
Tringt auch der Musen Thon und lieblicher Gesang
Durch solches Feldgeschrey unnd durch der Paucken Klang?
Die starcke Schwefelglut, der Schall von den Geschützen,
Von denen Jupiter auch könte lernen plitzen,
Macht, daß die Vögel sich begeben in die Flucht,
Daß Fisch und Wild entrinnt unnd neue Wohnung sucht.
Es kehrt sich alles umb, muß über Hauffen fallen,
Und was am schlimmsten noch ist unter diesem allen,
Der fühlet offtermals am meisten in der That,
Der an dem Wesen selbst am minsten Theiles hat.
Tisiphone wird loß, kömpt an den Tag gegangen,
Gefärbt mit Pech und Rauch, umbkrönt mit schwartzen Schlangen,
Läßt ihren Acheron, den brennenden Morast,
Hat Zwytracht, Gramschafft, Neid, Haß, Zanck und Mord gefast
Und wirfft sie auff den Plan; es rotten sich zuhauffen
Auch manche, die zuvor dem Hencker kaum entlauffen.
Wer Güter, Hauß und Hof verschlemmt, verpraßt, verzehrt,
Wer nirgend sicher ist, wen grosse Schuld beschwert,
Wer keine böse That für sich zu viel seyn schätzet,
Wer an deß Landes Fall Hertz, Augen, Sinn ergetzet,
Wem alles gleiche gilt, ob der, ob jener siegt,
(Dann fromme Völcker man so leichte nimmer kriegt)
Der kömpt und trägt sich fail; und diese sollen finden,
Was vor verloren ist, die sollen überwinden,
Die legt man in die Statt, die legt man auff das Feld,
Die werden als ein Bild der Tugend fürgestelt.
So folgt gemeiniglich ein grosser Krieg dem kleinen,
Und was noch weiter ist, es bleibt nicht bey dem einen,
Es schiessen mehr hernach; so ist das tieffe Meer,
Bald kömpt allhier ein Fluß, bald da ein andrer her.
Diß alles und noch mehr ist starck uns zu bewegen,
Daß niemand unbedacht sol Kampff und Streit erregen.
[299]
Gar leichtlich kan das Schwerd auß seiner Scheyden seyn,
Es steckt sich aber nicht so leichtlich wider eyn.
Ein christlicher Herr weiß, daß der, auff den er trauet,
Hoch auß den Wolcken her auff alle Menschen schauet,
Und daß er endlich ihm, der keinem Unrecht thut,
Sol geben Rechenschafft für jeden Tropffen Blut.
Er schaffet was er kan die Zwytracht zu vermeyden,
Er wil an seinem Recht' auch lieber Unrecht leyden,
Eh als durch ihn der Krieg, der Streit, der Mord, der Brand,
Diß Jammer sol entstehn nur umb ein Stücke Land.
Der König herrschet recht, regiert am allerbesten,
Erweitert wol sein Reich, der nach deß Himmels Vesten,
Nach Gottes schönen Statt bestellt sein Regiment,
Da nichts, als stäte Ruh, als Huld und Freundschafft brennt.
Der Wille, den der Fürst der Fürsten uns verschrieben,
Sein letztes Testament, das heist: Einander lieben,
Heist Fried und Einigkeit; diß ist der letzte Zoll,
Das Loß, durch welches man die Kirche kennen soll.
Ein hohes Hertze läßt den Krieg sich nicht erschrecken,
Erfordert es die Noth, pflegt doch ihn nicht zu wecken,
Im Fall er immermehr verhütet werden kan;
Ein wildes grimmes Thier läufft alle Menschen an.
Dergleichen Obristen zwar hat es wol gegeben,
Die nichts so sehr gesucht, als Auffruhr zu erheben,
Umb das man von der Kunst und grossen Dapfferkeit,
Mit welchen sie begabt, nur sage weit und breit.
Ein schändlicher Gebrauch! Ist auch ein Artzt zu loben,
Der wündschet, daß die Pest doch solte grausam toben,
Daß überall von ihm die Sage möchte gehn,
Der Mann könn' auff die Cur sich sonders wol verstehn?
Wer wolte den Patron nicht in der See erträncken,
Der sich, wann Sturmwind kömpt, mit Fleisse dürffte lencken
Auff Stein und Klippen zu, zu kriegen das Geschrey,
Wie sehr bescheyden er im Schiffregieren sey?
Wil aber sonsten ja kein Rath und Weg ersprissen,
Wil unser Nachbar gar von keinem Frieden wissen,
Wird uns das harte Joch und Dienstbarkeit zu schwer,
So sucht man billich dann das Schwerd unnd Faust-Recht her.
Diß hat ja die Natur die Bestien gelehret,
Nicht uns nur die Vernunfft, wann eines wird versehret,
So thut es, was es kan. Kein Würmlein ist so schwach,
Es gibet der Gewalt nicht, als bezwungen, nach.
[300]
Was kan nun besser seyn, dann für die Freyheit streiten
Und die Religion, wann die von allen Seiten
Gepreßt wird und verdruckt, wann die kömpt in Gefahr,
Wer sol nicht willig stehn für Herd und für Altar?
Der Zweck ist recht und gut; vom Teuffel ist er kommen,
Der auch dem Teuffel selbst (wie offtmals wird vernommen)
Umb seinen guten Sold getreulich dienen wil.
O weg, dergleichen Sinn, o weg das böse Ziel!
Ein solches Lästermaul ligt dort und hier darnider.
Wer Gottes wegen kriegt, für den kriegt auch Gott wider,
Dem reicht er seine Hand, dem springt er treulich bey,
Zu Trutze dieser Welt und aller Tyranney.
Was hat man jener Zeit in Franckreich doch gewunnen,
Wie hin durch gantz Pariß die neuen Hochzeitbrunnen
Gequollen sind durch Blut, durch Christenblut, gemacht,
Wie auch der Bräutigam fast selbst ward umbgebracht?
Was ward für Wüterey und Toben nicht getrieben?
Der streitbare Colin ward erstlich auffgerieben,
Auff Erden fortgeschleppt, ins Wasser eingesenckt,
Mit Feuer halb verbrandt, in Lüfften auffgehenckt.
Die andern folgten nach; da wolte nichts erschiessen,
Wie sehr man sich verkroch, es worden fortgerissen
Hoch, Nidrig, Reich und Arm; ein Mann, ein blosser Mann
Hat, wie er sich gerühmt, Vierhundert abgethan.
Ich meyne, daß man sey den Alten nachgegangen,
Busiris nämlich hat die Gäste so empfangen,
Und Diomedes auch, der gute milde Mann,
Nam frembde Leut' also mit seinen Rossen an.
Nun diß war in Pariß; was anderswo geschehen,
Ist über Menschen-That; kein Bitten, Seufftzen, Flehen,
Kein Klagen ward erhört; man übte solche Pein,
Daß auch der Hencker sol darvor erschrocken seyn.
Kein Hugenottenhauß, kein Winckel ward vergessen,
Der armen Leute Fleisch von Hunden auffgefressen,
Theils auch der faisten Schmeer von Aertzten auffgekaufft,
Der Rhodan selber stund, der sonst so strenge laufft.
Der Leichen grosse Zahl ist häuffig fürgeschossen,
Und hat ihn zugestopfft, so, daß er nicht geflossen,
Biß endlich noch das Blut, das auß den Cörpern trat,
Da Wasser auffgeschwelt und fortgeführet hat,
Und als das todte Heer so starck nach Tours geschwommen,
Hat fast die gantze Statt die Flucht von dar genommen,
Alarm, Alarm gerufft. Zu Arles tranck man nicht,
Dieweil an diesen Fluß sonst Wasser dar gebricht.
[301]
O Schande dieser Zeit! Wer hat vor Zeit und Jahren
Auch in der Heydenschafft dergleichen doch erfahren?
Noch ward auch Gelt gemüntzt unnd gar darauff gepregt:
Die wahre Gottesfurcht hat Billigkeit erregt.
O schöne Gottesfurcht durch Menschenblut besprenget!
O schöne Billigkeit, da alles wird vermenget,
Da nichts nicht als Betrug, als Falschheit wird gehört,
Da der Natur Gesetz' auch selber ward versehrt!
Was halff der Meuchelmord? Die Kirch' ist doch verblieben,
Grünt mehr jetzt da, als sonst, und sie sind auffgeschrieben
In Gottes rechte Hand, der wird auff jenen Tag,
Da niemand aussen bleibt, da nichts sich bergen mag,
Sie zieren allesampt mit einer Ehren-Cronen,
Die nicht verloren wird, wird reichlich sie belohnen,
Die theuren Märtyrer; sie werden nach der Zeit
Für allen herrlich seyn dort in der Ewigkeit.
Nun was sich nach der That mit Carlen zugetragen,
Wiewol er drauff geruht, beliebt mir nicht zu sagen.
Es bleibet einmal wahr: Gewalt und Tyranney
Sind auch noch auff der Welt nicht ihrer Straffe frey.
Sie tragen für und für den Hencker in dem Hertzen,
Der beißt und naget sie, der lescht die Marterkertzen
Nicht auß zu Tag und Nacht, er streckt sie ohne Ruh,
Da hilfft kein Seytenspiel und kein Orlandus zu.
Sie müssen hier noch sehn die höllischen Göttinnen,
Die machen ihnen warm, die geisseln ihre Sinnen;
Diß ist Ixions Stein, der allzeit sich bewegt,
Der Gast, den Tityus auff seiner Leber trägt.
Der Leib wird offte zwar mit Kranckheit übergangen
Durch einen leichten Fall, kan aber Hülff' empfangen;
In böser Leute Sinn scheußt Gott den harten Pfeil,
Der gar zu tieff verletzt, an dem man nicht wird heyl.
Die Träume bey der Nacht, das Schüttern in dem Schlaffe,
Das hin und wider sehn ist schon ein Schmack der Strafe
Die nochmals kommen sol, wo Rhadamantus wohnt
Und allen, wie gehört, mit Pech und Schwefel lohnt.
Wie schreibt Tiberius, wie muß er selbst bekennen,
Er pflege Tag für Tag mit grosser Qual zu brennen?
Wie still und sicher auch die Ziegen-Insel war,
So ließ ihn doch nicht frey die Furchte für Gefahr,
Und nicht umbsonst; sein Geist ward schändlich auffgegeben,
So pflegt es zuzugehn mit der Tyrannen Leben.
Nicht viel ziehn so hinab biß an Cocytus Schlund
Und sehen ohne Blut den schwartzen Hellenhund.
[302]
O wol hergegen dem, der wider sein Gewissen
Nichts denckt, nichts redt, nichts thut! Er kan der Ruh geniessen,
Wann alles mißlich ist; er triumphiert und steht,
Was Unrecht und Beschwer ihm unterhanden geht.
Wer frisch ist und gesund kan ruhig ligen bleiben,
Biß sich der helle Tag tringt durch die Fensterscheiben,
Auff einer harten Banck; ligt einer an der Gicht,
Er schläfft gewißlich auch in weichen Betten nicht.
So hat ein schlimmer Mensch auch gar zu guten Zeiten,
Genugsam mit sich selbst zu fechten und zu streiten.
Thut einer, was er sol und ist ihm wol bewust,
Er bleibt in aller Noth und Trübsal bey der Lust,
Wird nimmer umbgestürtzt, ist allezeit derselbe,
Und fiele schon herab das himmlische Gewölbe,
Daß alle Winckel hier gantz würden umbgestört,
So stünde doch sein Sinn getrost und unversehrt.
Drumb, sind wir schon jetzund beträngt an allen Enden,
So kan die Unschuld doch uns allen Kummer wenden,
Dieweil wir ja das Schwerd genommen in die Hand,
Durch Notturfft angereitzt, für Gott und unser Land.
Diß, diß ist unser Zweck; wer umb Gewinn sonst krieget,
Bringt wenig Ehre weg, wie trefflich er auch sieget.
Wann (wie es mißlich steht) der Feind den Platz behelt,
So läßt er seinen Leib nur umb das schnöde Gelt.
Es ist ein schöner Spott, für gute Sachen sterben;
Diß ligt uns nunmehr ob, diß, diß hat zu erwerben,
Wer sonsten unter uns durch Krieg, durch Blut, durch Streit
Erlangen wil den Ruhm und Lob der Dapfferkeit.
Jetzt steht die Freyheit selbst wie gleichsam auf der Spitzen,
Die schreyt uns sehnlich zu, die müssen wir beschützen;
Es mag das Ende nun verlauffen, wie es kan,
So bleibt die Sache gut, umb die es ist gethan.
Wann die Religion wird feindlich angetastet,
Da ist es nicht mehr Zeit, daß jemand ruht und rastet.
Viel lieber mit der Faust wie Christen sich gewehrt,
Als daß sie selbst durch List und Zwang wird umbgekehrt.
Es thut zwar nicht sehr wol, sich feindlich lassen jagen,
Verlieren Haab und Gut, doch die Gewissen plagen,
Das tringt viel weiter noch, als nur durch Marck und Bein,
Sie wollen nicht beträngt, nicht überladen seyn.
Der Leib ist unterthan, der Geist ist nicht zu zwingen,
Geht ledig, frey und loß, pflegt sicher sich zu schwingen,
So weit es ihm gefällt, verläßt sein enges Hauß,
Fleugt dieses grosse Rund auch augenblicklich auß.
[303]
Die güldne Freyheit nun läßt kein Mann eher fahren,
Als seine Seele selbst; dieselbe zu verwahren,
Derselben Schutz zu thun, ist allzeit gut und rechte;
Wer sie verdrücken läßt, wird billich auch ein Knecht.
Wer kan sein Vatterland dann wüste sehen stehen,
Daß er nicht tausendmal muß einen Tag vergehen?
Die Gunst, die jederman zu ihm von Hertzen trägt,
Wird selbst durch die Natur von Kindheit an erregt.
Wie weit wir von ihm seyn, wie wol es umb uns stehet,
Wie glücklich es uns auch bey frembden Leuten gehet,
Brennt seine Liebe doch in uns bey Tag und Nacht
Und kömpt uns ewiglich nicht gäntzlich auß der Acht.
Das liebe Vatterland hat erstlich uns erzeugt
Und auff die Welt gebracht, hat erstlich uns gesäuget.
Von dieser Mutter kömpt uns alles Gut und Nutz,
Drumb sucht sie widerumb bey uns auch billig Schutz,
Und ist derselbe Mann verständig und bescheyden,
Der lieber für sie wil, als mit ihr, Schaden leyden.
Die uns das Leben gibt, erfordert es die Noth,
Für die gehn billich wir hergegen in den Todt.
Ich wil mich lieber ja von wegen ihr ergeben,
Zu sterben als ein Mann, als hier in Schanden leben.
Ich lasse nimmermehr mit besserm Lobe hin,
Das, was ich der Natur doch sonsten schuldig bin.
Dergleichen Krieg pflegt Gott und Menschen gut zu heissen,
Und pfleget selten auch zum ärgsten außzureissen;
Ob erstlich zwar der Lauff was mißlich gehen wil,
So kömpt doch erstlich Gott, und thut das Widerspiel.
Wer wundert sich doch nicht, der Niderland betrachtet,
Der Spanschen Hoffart Zaum? Wie war es so verachtet?
Noch hat der kleine Platz so viel, nächst Gott, gethan,
Was warlich die Vernunfft gar übel fassen kan.
Philippus war nun Herr, wo Phebus auffzustehen,
Das grosse Liecht der Welt, und nider pflegt zu gehen;
Er hatte mehrentheils fast unter seine Macht
Der Amphitrite Strom und grosses Reich gebracht;
Noch risse Holand loß. Die Marter, Pein und Plagen
Der grimmen Tyranney war länger nicht zu tragen;
Das sehr beträngte Volck ward endlich auffgehetzt,
Nach dem sein Blut genug das gantze Land genetzt
Und Alba solchen Grimm und Wüterey begangen,
Dergleichen nie gehört; die Ritterschafft gefangen,
Den edlen Helden Horn sampt Egmund weggerafft,
Die Stätte leer gemacht, die Leute fortgeschafft,
[304]
In Wald und Wüsterey Mann, Weib und Kind vertrieben,
Gejaget auff die See. Jedoch sind sie geblieben;
So wenig haben sich der grossen Macht erwehrt,
Und ihren harten Dienst in Freyheit umbgekehrt.
Durch alles dieses Blut, durch so viel tausend Cronen
Auß Peru her geholt, durch hundert Millionen,
Und hundert noch darzu, kam Spanien so weit,
Daß jetzund Niderland der Herrschafft ist befreyt,
Das werthe Niderland; sie haben zugenommen
Durch solchen Zwang und Trang, sind in die Schlösser kommen
Verborgen in ein Schiff mit Wasen zugedeckt,
Gleich wie Ulüsses sich in Trojens Pferd versteckt.
Ist je deß Feindes Heer zu starck auff sie gezogen,
So haben sie ihn doch mit Kriegekunst betrogen,
Sich sicher eingeschantzt und Wälle fürgemacht,
Darhinter seinen Zorn und Wüten außgelacht,
Er schlug sein Lager auff, die Stätte wegzubringen;
Vergebens und umbsonst, sie waren nicht zu zwingen,
Wie sehr man sie auch trieb. Er faste Leyden an,
Ließ keinen ein noch auß, verrante Weg und Bahn,
Von aussen zu stritt' er, der Hunger war darinnen,
Doch er vermochte nicht die Mauren zu gewinnen;
Der Hunger zwang den Leib, die Hertzen blieben stehn.
Man sahe groß und klein wie blosse Schatten gehn;
Das Kind nach an der Brust (wer denckt doch ohn Erbarmen,
An solche grosse Qual!) fiel auß der Mutter Armen,
Die Mutter auff das Kind, und blieben beyde tod,
Noch hielten sie doch auß auch sonder Speis' unnd Brod,
Und blieben hungrig starck, biß daß die wüsten Wellen
Und Thetis selber kam, sich für sie darzustellen.
Da gieng Baldeus weg, sein Hauffen gab die Flucht
Und hat den nassen Ort bißher nicht mehr besucht.
Jetzt wohnt Apollo da mit seinen Pierinnen,
Die wunderschöne Statt hat alle hohe Sinnen,
Hat alle Wissenschafft in ihren Kreiß gebracht
Und an deß Krieges Statt der Künste Sitz gemacht.
Ostende, wo bleibt diß? Das hat der Feind gewonnen,
Wo das gewonnen heißt mit so viel Geldes-Tonnen,
Durch so viel Schweiß und Blut da haben angesiegt,
Da nichts nicht, als ein Heer verfaulter Körper ligt,
Da Sand erobert wird. Ach, also Lob erwischen,
So triumphieren, heißt mit güldnen Netzen fischen;
Und war das minste doch, das hier der Spanier that;
Die Kälte legte sich im Winter für die Statt,
[305]
Im Sommer kam die Pest. Nach dreyen gantzen Jahren
Da giengen sie darvon, die noch bey Leben waren,
Die andern hielten auß. Was also sich ergab,
Das war ein Todenfeld und stinckicht Leichengrab.
So thun sie Widerstand, das Volck zu Stahl und Eisen
Von Wiegen an gewehnt, sie dürffen auch wol reysen,
Biß an die Gades hin, wie Hemskerck hat gethan,
Der unbewegte Held; der unverzagte Mann
Schlug nicht, wie Hercules, an eben diesem Orte
Den grossen König tod, er kam fast an die Pforte
Bey der die Sonne schläfft, umbschloß das weite Meer
Mit Feuer und Metall und schlug da grosse Heer,
Biß daß man ihm den Fuß vom Leibe weggeschossen,
Noch stund sein strenger Sinn, sein Leben ward beschlossen,
Der Sieg noch lange nicht; die Seinen stritten fort
Und donnerten mit Plitz und Hagel umb den Port:
Die See ward heiß darvon, die Menschen auff den Lande
Vergiengen halb vor Furcht' und sturben halb vor Schande;
Sie stackten Fahnen auß, doch leyder allzuspat,
Der traurig' Admiral fand gar zu schlechten Rath.
Hier sahe nun der Feind auß diesem grossen Wercke,
Da ward er recht gewahr, daß Tod und Höllenstärcke,
Daß Phlegethon auch nicht dem Sinne Wage helt,
Der vor sein Land und Recht sich zu der Wehre stelt.
So pflegt das edle Volck die Feyheit zu beschützen,
Geboren umb die Flut und umb die rauen Pfützen,
Gehärtet durch den Wind, daß niemals wird bewegt,
Das, wann es nöthig ist, die Häuser mit sich trägt.
O Feind (so sagen sie) nimb alles, wo wir leben,
Wir wollen sonder Scheu uns in die See begeben,
Wir wollen sonder Scheu, wo jetzt die Schiffe gehn,
Dir bloß zu Hohne nur, befreyt und sicher stehn.
So weit der Himmel reicht und da die Wolcken treiben,
Ist eben, wo man wohnt, ist, wo wir können bleiben
Und unser Weib und Kind, gar weit von deiner Hand.
Wo du nicht bist, allda ist unser Vatterland.
Ach, Teutschland, folge nach, laß doch nicht weiter kommen,
Die, so durch falschen Wahn so viel schon eingenommen,
Zu Schmach der Nation; erlöse deinen Rhein,
Der jetzund Waffen trägt vor seinen guten Wein.
Gott, die Religion, die Freiheit, Kind und Weiber,
Sol dieses minder seyn, als unsre schnöde Leiber,
Die gleich so wol vergehn? Was Notturfft bey uns thut,
Es gehe, wie es wil, das bleibet recht und gut.
[306]
Der Nutz ist offenbar; die Freyheit zu erwerben,
Für Gottes Wort zu stehn, und ob man müste sterben,
Zu kriegen solches Lob, das nimmer untergeht,
Das hier mit dieser Welt wie in die Wette steht,
Diß, diß ist der Gewinn und süsse Lohn der Zeiten,
So allen Helden bleibt, die rittermässig streiten.
Sie werden widerumb von fornen an geborn
Und wären sie zuvor auch hundert mal verlorn.
So ward der Hercules vor einen Gott erwehlet,
Und sein Gestirne wird auch noch von uns gezehlet,
Umb daß er unverzagt viel Thaten auff sich nam
Und dem beträngten Volck in Noth zuhülffe kam.
Deß Menschen Leben ist umbzäunt mit engen Blancken,
Hat wenig Platz und Raum, sein Lob fleugt sonder Schrancken,
Wird nirgend eingesperrt und bricht sich an den Tag,
So weit der Sonnenglantz die Welt bestrahlen mag.
Umb dieses pflegte ja Themistocles zu wachen,
Sich, wie Miltiades, durch Ruhm bekant zu machen
Mit grosser Tapfferkeit; diß ist das Seytenspiel,
Der schöne Klang, so ihm für allen wolgefiel.
Es ists, nach welchem noch viel hohe Seelen streben
Und sterben auch mit Lust, auff daß sie immer leben.
Ein auffgewachtes Hertz' und prächtiger Verstand
Begehrt gerühmt zu seyn durch die gelehrte Hand,
Die nicht verschwinden kan. Die Stätte zwar veralten,
Die Mauren fallen umb; kein Stein kan immer halten:
Was ein sinnreicher Geist mit seiner Feder pflantzt,
Ist vor der Zeit Gewalt versichert und beschantzt.
Wem aber für den Tod durch ihn nicht wird gerathen,
Der bleibet jederzeit sampt allen seinen Thaten
Verdeckt mit hoher Nacht. Die Art hat Lethes Fluß,
Daß, welcher auß ihm trinckt, vergessen werden muß.
Es haben ihrer viel in nunmehr alten Zeiten
Wol grossen Ruhm verdient umb ihren Muth und Streiten,
Sie ligen aber jetzt versteckt und ungeehrt,
So daß man gantz und gar von ihnen nicht mehr hört.
Was hilfft es, daß ein Mann durch Tugend, Witz und Kriegen
Weit über alle steigt und bleibt hernach verschwiegen?
Was Gutes man von ihm bey seinem Leben spricht,
Geniessen seiner doch, die nach ihm kommen, nicht.
Was der Poeten Volck und sonst gelehrten Sinnen
In ihre Fäuste kömpt, da wircken keine Spinnen
Ein Webe drüber her; ihr grünes Lorbeerlaub
Kehrt alles sauber ab und leydet keinen Staub.
[307]
Durch sie bleibt nichts hindan, durch sie wird angezündet
Das Liecht, mit welchem man sich auß dem Dunckeln findet,
Durch sie wird sonderlich das Kleinod auffgelegt
Das manchen Rittersman zu Wettelauff' erregt.
Der Alexander selbst pflag neben seinem Degen
Homerus weises Buch ihm zu der Hand zu legen,
Auch wann er lag und schleiff; diß war sein schönes Bild
Das ihm der Tugend Ruhm stäts unter Augen hielt.
Es ward ihm auch zur Zeit Achillens Grab gewiesen,
Den der Poete hat mit solcher Art gepriesen;
O Jüngling, hub er an, wie wol stehts doch mit dir,
Umb daß Homerus dich erhalten für und für!
Und recht, dann wäre nicht die hohe Kunst gewesen,
Durch welche wir noch jetzt deß Helden Mannheit lesen,
So wäre mit dem Grab', in das er ward gestreckt,
Auff eine Zeit sein Leib und Name zugedeckt.
Der Bücher Gutthat ists, daß viel noch wird gefunden
Was längst hat fort gemust. Ist nicht Athen verschwunden,
Der freyen Künste Marckt? Wo ist jetzt Griechenland?
Wo ist der Musen Quell, durch alle Welt bekant?
Wo sind die Musen selbst? Sie haben müssen stertzen,
Ihr Sitz ist umbgekehrt: In der Gelehrten Hertzen,
In ihren Hertzen steht, was allzeit übrig bleibt,
Was keine Feindes Macht und Raub er Zeit vertreibt.
In Büchern wird jetzund noch Socrates gehöret,
Und die Akademie, wo Plato saß, geehret;
In Büchern bleibt noch jetzt deß Phebus Tempel stehn,
Da Aristoteles pflag auff und abzugehn.
In Büchern streitet auch Lysander noch zu Lande,
Themistocles zur See, ligt Cimon in dem Bande;
Die Stelle selber ist vom Türcken abgestrickt,
Parnassus der ist gantz in Barbarey erstickt.
Durch dieses wilde Volck, durch diese Pest der Erden
Hat Kunst und Wissenschafft gedämpffet müssen werden,
Hat eine grosse Schar der armen Christenheit
Nun müssen dienstbar seyn so trefflich lange Zeit.
Deß wüsten Heeres Haupt, der blutige Tyranne,
Denckt täglich, wie er doch sein Thun noch höher spanne,
Sieht uns mit Freuden zu, sitzt an der Port' und lacht,
Daß Teutschland durch sich selbst wird feindlich hingebracht.
Sein Wundsch gelinget ihm. Da uns doch wil gebühren
Mit höchster Einigkeit die Macht auff ihn zu führen,
Mit welcher, leyder, wir uns selber schädlich seyn,
Umb dieses seufftzen jetzt die Christen groß und klein,
[308]
Die unter seiner Last gar kaum sich können wenden;
Sie schreyen auff uns zu mit auffgereckten Händen:
Zerreiß, o werthes Volck, doch nit dein eygnes Land,
Greiff dieses lieber an, beut lieber uns die Hand:
Nimb dieses schöne Reich doch auß deß Feindes Rachen,
Daß einig durch Gewalt und ungerechte Sachen
Ist worden hingeraubt, nimb wider deine Statt,
Die vor der Zeit mit Rom so weit regieret hat.
Judea bittet auch mit unerschöfftem Flehen,
Reicht seine Palmen her, die häuffig da zu sehen,
Das Zeichen deß Triumphs, zeigt auff den edlen Ort,
Da Gottes Sohn für uns geschlachtet und durchbohrt
So schwär gelitten hat, und wo er ist gelegen;
Es seufftzet und begehrt, wir wollen doch erwegen
Daß dieser Christenfeind und Bluthund sonder Ruh
Gedencke, wie er auch mit uns dergleichen thu
Und unter glattem Schein' hieher sich könne tringen,
Das ihm dann leichter sey anjetzund zu vollbringen,
In dem ihm Thür und Thor von uns steht auffgethan,
So daß er, wann er wil, kan geben dritte Mann.
Nun wider auff den Zweck und rechtes Ziel zu kommen,
Darvon mich Griechenland mit sich hinweg genommen,
Die Ehre, die ein Mann durch Krieg zu hoffen hat,
Bewegt ihn billich auch zu ritterlicher That.
Was kan doch schöner seyn, als unter vielen Helden,
Von derer Tapfferkeit die Bücher ewig melden,
Auch auffgeschrieben stehn mit Schrifft, die nicht verlischt,
Die gar kein Regen nicht, noch schwartzer Staub verwischt?
Es wird zwar offtermals, was würdig ist zu schauen,
Auff Holtz, Stein, Ertz und Gold, geschnitzt, gemahlt, gehauen
Durch guter Künstler Fleiß; gehn hundert Jahr' herbey,
So sieht man kaum, worauff das Werck gestanden sey.
Was die Geschicklichkeit auff ihrem Amboß schläget,
Mit ihrem Eisen gräbt, von ihrem Golde präget,
Das gläntzt je mehr und mehr; der todenbleiche Neid
Kömpt nur biß an das Grab, thut keinem weiter Leid.
So viel von Lügen auch durch falsche Lästerzungen
Der Sachen Billigkeit kan werden auffgetrungen,
Hat mißlichen Bestand, bleibt in die Länge nicht;
Die blosse Warheit tringt doch endlich an das Liecht,
Reißt durch der Boßheit Dampff, gleich wie der Sonnen Wagen
Durch aller Wolcken Dunst pflegt unverletzt zu jagen,
Und treibt den Nebel fort; wie sehr man sie versteckt,
So bleibt sie von der Zeit doch nicht ohnauffgedeckt,
[309]
Die nach uns kommen wird, die nichts weiß von Schmarotzen,
Die nicht bestochen wird, die weder Gunst noch Trotzen
Noch sonst Practicken hört, dardurch wol mancher Mann
Betreugt und widerumb betrogen werden kan.
Da wird der gantzen Welt ohn alle Scheu verkündet,
Was sonst vertuschet wird, die Fackel angezündet,
Die klärlich offenbart, was beydes schlimm und gut
Gehandelt worden sey, die keinem Unrecht thut.
Dann wird die Tyranney durch stäte Schmach bezahlet,
Mit ihrer rechten Farb' auffs Leben abgemahlet;
So wird Caligula nach solcher langen Zeit,
So wird noch Nero jetzt sampt andern angespeyt.
Dann werden außgestellt zu aller Menschen Hassen,
Die die Religion im Stiche sitzen lassen,
Der Freyheit abgesagt, und wo der Wind geweht,
Umb zeitlichen Gewinn den Mantel hingedreht.
Auch dieser Schande kan nicht unvergessen bleiben,
Die ihnen nicht begehrt den Unfall abzutreiben,
Die, wann sie schon gekunt, der Armen Creutz und Pein
Mit treuem Rath und That nicht beygesprungen seyn.
Wir Menschen sind geborn einander zu entsetzen,
Und keinen durch Gewalt gestatten zu verletzten.
Wer dem, der unrecht stirbt, nicht beyspringt in der Noth
Und seinem Feinde wehrt, der schlägt ihn selber tod.
Der aber ist fürwar den Göttern zu vergleichen
Und weit mehr, als ein Mensch, der seine Hand wil reichen
Der unterdrückten Schar, die Rettung bey ihm sucht
In Widerwertigkeit, und nimpt zu ihm die Flucht,
Der aller Leute Zorn wil lieber auff sich laden,
Der seiner Nutzbarkeit wil selber lieber schaden,
Als seines Gottes Ruhm unnd was deß Nächsten Nutz,
In eusserster Gefahr verlassen ohne Schutz.
Was dann ihm immermehr für Trübsal widerfähret,
So hat er seinen Trost, zu welchem er sich kehret,
An dem er sich erhelt, spricht sein Gewissen an,
Den Zeugen, der nicht fehlt und nicht betriegen kan;
So richtet er sich auff, so bleibt er sicher stehen,
Ja, solte schon die Welt zu tausend Trümmern gehen,
So wird er doch nicht bleich, erligt nicht durch den Fall,
Laufft seiner Unschuld zu, der vesten Wand von Stahl.
O werthes Volck, wolan, das du durch dieser Zeiten
Gewitter, Wind unnd Sturm, durch so viel Müh und Streiten
Der rechten Sachen hilffst, gib ja den Muth nicht auff,
Halt veste, wancke nicht, vollende deinen Lauff.
[310]
Hilfft ja nichts anders zu und muß es seyn gestorben,
So weichet der Verlust doch dem, was wird erworben.
Das Lob, dem Neid und Zeit gar keinen Schaden thut,
Wird wolfail eingekaufft umb eine Handvoll Blut.
Laßt doch den frembden Stoltz uns nicht mit Füssen tretten,
Der auch der Sonnenbahn gedenckt mit einer Ketten
Zu schliessen in sein Reich; befreyet unser Recht
Von solcher Hoffart doch, der eine Welt zu schlecht.
Laßt uns doch hertzhafft seyn, den Namen unsrer Alten,
Der unvergänglich ist, auch jetzund zu behalten,
Die ewigen Triumph mit ihrer Macht ereilt
Und unter sich den Raub der Völcker außgetheilt,
Von denen man hernach viel Lieder hat erdichtet
Auff unser Mutterteutsch, wie Tacitus berichtet,
Und wie man auch jetzund in Cimbrien hier find,
Da sehr viel Reimen noch von alters übrig sind.
Ey folgt, ey folget nach, begebt euch bey die Helden
Von derer kecken Sinn' auch noch die Schrifften melden;
Bewahrt der Eltern Ruhm und werthen Namen rein,
Daß wir von teutscher Art und Alle-Männer seyn.
Daß eure Tapfferkeit die jetzt und künfftig leben
Biß an den Himmel sich bemühen zu erheben,
Und das Gerüchte sey weit über Meer und Land:
Noch hat die gute Sach' am letzten Oberhand.

Ende deß dritten Buchs.

Das vierdte Buch
Inhalt

Das vierdte Buch, nach kurtzer Berührung noch vierer anderer Mittel sich zu trösten, sagt: daß, im Fall ja sonst keine Besserung hier zu gewarten wäre, so könne doch alles Unglück niemanden weiter verfolgen, als biß zum Grabe. Der Außgang deß menschlichen Elends sey der Tod, welcher nirgends leichtlicher zu erlangen, als im Krieg. Ferner wird auch gehandelt von der Belohnung der Standhafftigen und Straaffe der Verfolger göttlichen Namens auff jenem grossen Tag, wann der Herr der Herrligkeit, der grimmige Löw auß Juda wird wider kommen mit den Wolcken und alle Augen ihn sehen werden, auch die in ihn gestochen haben, und alle Geschlechter der Erden von seinetwegen auff ihre Brust werden schlagen und das schreckliche Gericht mit Zittern und Angst anschauen. Letzlich folget ein ernstliches Gebet zu Gott umb christliche Beständigkeit und solchen Frieden, welchen unser Seligmacher in seinem letzten Testament als den höchsten Schatz auff Erden den Seinigen einig und allein hinterlassen.


Nun wil ich kürtzlich auch von andern Mitteln schreiben,
Die uns der Sorgen Last vermögen abzutreiben,
Biß meine Rede sich zum letzten Troste kehrt,
Zum letzten an der Zahl und ersten an dem Werth.
[311]
Ich weiß nicht, wie wir doch sind von Natur geneiget,
Daß jederman von uns sich leydlicher erzeiget,
So er Gesellen hat, die gleiche Noth und Pein
Empfinden, als wie er, und mit ihm traurig seyn.
Man läßt viel sparsamer die schwären Thränen fliessen,
Wann andere so wol ihr Theil darzu vergiessen.
Bloß auß Vergleichung kömpt den Leuten aller Harm;
Thu nur die Reichen weg, so bleibet niemand arm.
Wann einer gar allein im weiten Meere fähret
Und ihm der Rachen wird von Winden umbgekehret,
So klagt er trefflich sehr; zerschlägt die wilde See
Ein wolbesetztes Schiff und mächtige Gallee,
Daß hier ein Stücke Mast, da Banck, da Ruderstangen,
Da Brett von allen wird mit Hauffen auffgefangen
Zu schwimmen an den Port, so wird der doch erfreut,
So andre mehr mit ihm sieht auff der Flut zerstreut.
Wir haben gleichfalls auch in diesen wüsten Wellen
Und See der tieffen Noth mehr als zuviel Gesellen,
Wo dieses auch das Leyd uns lindern sol und kan.
Schaut weit und breit herumb, seht alle Winckel an,
Wo ist der tolle Mars nicht leyder außgelassen?
Ist gantz Europa durch nicht Krieg und Kriegsverfassen?
Ist inner dem Revier der gantzen Christenheit,
Und ausser ihr darzu, nicht ein gemeiner Streit?
Ist einer unter uns dann besser, als der ander?
Und wer wil zollfrey seyn? Wir leyden miteinander,
Es geht uns sämptlich an. Wer nun an dieser That
Und Auffruhr unter uns am minsten Ursach hat,
Der ist am besten dran und kan gedultig leyden,
Was weder der, noch der, noch jener nicht vermeyden.
Der hat den Krieg jetzund, der hat ihn jetzt gehabt,
Hier kömpt er erst hernach, da ist er vorgetrabt.
Nun die Gewonheit auch kan viel bey allen Sachen;
So pflegt ein Weydemann die gantze Nacht zu wachen,
Fängt Schloß und Regen auff und hat sich angewehnt,
Daß er viel Stunden sich nach keinem Bissen sehnt
Und allen Durst verträgt, steigt auff den hohen Spitzen
Und Klippen umb und umb, der Sonnen-Glantz mag hitzen,
So sehr er immer wil. Nichts ist so leicht und gut,
Das nicht beschwerlich sey dem, der es erstlich thut.
Ein Mensch, der offters wird mit Prügeln übergangen
Wird endlich schlägefaul. Nur muthig angefangen,
Die Zeit bringt Linderung, verjaget Furcht und Grauß
Und härtet unsern Leib zu allen Streichen auß
[312]
Und auch den Sinn darzu. Was dann uns widerfähret,
Was Unglück, Creutz und Noth uns immermehr beschweret,
So haben wir Gedult und sagen ohne Scheu,
Diß wusten wir zuvor, es ist bey uns nicht neu.
Was unvorsehens kömpt, das pfleget mehr zu kräncken;
Drumb sol ein jeglicher bey gutem Glücke dencken
Mit was für Tapfferkeit er wolle widerstehn,
Wann ihm was Widriges zu Handen möchte gehn.
Ein weiser Mann sagt nicht: Ich hätt' es nie vermeynet,
Es kömpt mir fembde für; was andern Leuten scheinet
Gar wunderseltzam seyn, das sieht er an und lacht,
Dieweil er zuvorhin schon längst darauff gedacht.
Noch hab' ich nie gesagt, wie die Gelehrten können
Durch ihrer Bücher Rath erfrischen ihre Sinnen
Fällt etwas Böses für. Die edle Wissenschafft
Schmückt auß das gute Glück und gibt im Unglück Krafft;
Sie zeigt den rechten Weg, beständig außzuhalten
Und läßt in keiner Noth die Hertzen nicht erkalten.
Sie führt den, der sie liebt, weit von deß Volckes Schar,
Das an der Erden klebt, und läßt ihn in Gefahr
Nicht weich und zaghafft seyn, nicht zweiffelhafftig leben
Und wie der meiste Theil in stäten Furchten schweben.
Wen diese Wärterin erzeucht in ihrer Schoß,
Der ist zu aller Zeit von allen Sorgen loß,
Läßt eytel, eytel seyn und wieget alle Dinge,
Umb die wir so sehr thun, für nichtig und geringe,
Reißt auß, fleugt durch die Welt, betrachtet umb unnd an,
Was irrgend ist und war und künfftig werden kan;
Steigt auch biß in die Lufft, begierig zu erwegen,
Woher der kalte Schnee, das Eiß, der süsse Regen,
Der Plitz, deß Donners Schall, der traurige Comet,
Thaumantis Tochter Schweiff, so wol gemahlt, entsteht;
Kömpt höher dann hinauff und lehrt den Himmel kennen
Und einen jeden Stern mit seinem Namen nennen;
Tritt, wo der weisse Beer und sein Bootes stehn,
Die niemals in die See mit ihrem Wagen gehn.
Besieht das Bild, so kniet, bey Ariadne Cronen,
Die Bacchus hingesetzt, kan bey der Leyer wohnen,
Die vormals Wild und Wald beweget und berührt,
Jetzt deß Gestirnes Schar mit ihren Hörnern ziert,
Sucht bey dem Monden nach, wie doch deß Meeres Wellen,
Durch seinen Lauff regiert, sich hoch und nider stellen;
Sie fliehen täglich weg, verlassen ihren Rand
Und kommen widerumb auch täglich an das Land;
[313]
Folgt auch der Sonnen nach und wird mit ihr gerissen
Umb dieses grosse Rund, sieht unter seinen Füssen
Der Erden Eytelkeit, so hoch als Phaeton,
Und bleibt doch unversehrt, kömpt weiser noch darvon;
Ja diese gantze Welt vermag ihn nicht zu fassen,
Ist noch nicht weit genug; sie wird von ihm verlassen,
Und er schwingt sich hinauff, von heisser Flammen voll,
Sieht Gott so weit ein Mensch ihn sehen kan und soll;
Der Weißheit tieffer Grund der wird von ihm erstiegen;
Was Thales hat bedacht, Pythagoras geschwiegen,
Und Socrates gesagt und die gelehrte Welt
Durch himmlischen Verstand auff das Papier gestelt,
Das suchet er herfür und läßt es mit ihm schwätzen,
Bedenckt bey sich, was gut und ehrlich sey zu schätzen,
Was recht und unrecht sey, wie jedermann allhier
Mit Leuten umb sol gehn und leben nach Gebühr.
Das kan die göttliche Philosophy uns weisen.
O wol dem, der sich läßt an ihrer Tafel speisen,
Ihr Himmelbrod geneußt, trinckt ihren süssen Wein
Und schläfft an ihrer Brust, der lernt zufrieden seyn,
Was Unfall ihn betrifft! Wornach die Welt gelüstet,
Das stellt er unter sich, ist allzeit außgerüstet
Die Widerwertigkeit mit Ehren zu bestehn,
Kan rittermässig auch dem Tod' entgegen gehn.
Dich brachte Bias weg auß seinem Vatterlande,
O Mutter der Vernunfft, da alles von dem Brande
Sonst auffgieng in der Lufft. Du hast sehr viel erfreut
Im Elend', in Gefahr und höchster Dürfftigkeit.
Dir danck' ich es allein, du Meisterin der Tugend,
Mit welcher ich bißher in dieser meiner Jugend
Und fast von Wiegen an getreuen Rath gehabt
Und allzeit meinen Geist erquicket und gelabt,
Dir danck' ich es allein, dir ist es zuzuschreiben,
Daß ich noch biß hieher beständig können bleiben,
Da dieser schwäre Krieg nicht wenig mich vexiert
Und durch so manche Noth weit über Mehr geführt,
Beraubet aller Freund' und aller derer Sachen,
Die uns zu Leydenszeit das Leben leichter machen,
Getrieben und verjagt, schier ohne Gelt und Pfand,
In diß jetzt durch den Frost und Schnee bedeckte Land,
Da niemand weder mich noch mein Studieren kennet.
Nun, daß ich, ob mich gleich viel Trübsal angerennet,
Viel Kümmernüß beschwert unnd auch noch jetzt kein Ziel
Zu meiner Linderung sich sehen lassen wil,
[314]
Doch nie erlegen bin, und wil auch nicht erliegen,
Das messe ich dir zu; es mag mich auch bekriegen
Lufft, Wellen, Wind und See, Haß, Unruh, Noth und Pein,
So wirstu allzeit doch mein freyer Hafen seyn.
Nun wider auff den Weg. Ists dann so wol beschaffen,
Daß wir uns weiter nicht vermögen auffzuraffen,
Und ist es allbereit so weit mit uns gethan,
Daß uns durchauß nicht mehr gerathen werden kan?
O nein! wann sonsten gantz kein Trost wer überblieben,
So muß die Hoffnung her, die Hoffnung lernt uns lieben,
Was sonst verdrießlich ist; die Hoffnung baut das Feld,
Die Hoffnung gibt es an, daß man den Vögeln stellt,
Die Hoffnung wirfft das Garn und Angel in die Flüsse,
Die Hoffnung unterhelt auch den, dem beyde Füsse
An Ketten sind gelegt, wie schlechte Lust und Ruh
Er in dem Stocke hat, doch fingt er noch darzu.
Das Glück fleucht offters zwar von einer guten Sache,
Die Hoffnung nimmermehr; man spotte gleich und lache
Deß Armen, wie man wil (diß ist der alte Lauff)
So richtet doch ihr Trost ihn allzeit wider auff.
Ey solle sie dann uns in diesen Läufften fehlen?
Wir sind ja, Gott sey Lob, noch nicht so gar zu zehlen
Für gantz erlegtes Volck, es ist für diese Pest
Ja Artzney bey der Hand, die uns nicht sincken läßt.
Wie, wann der starcke Löw im Felde wird beschlossen
Von Jägern, oder auch in seinen Leib geschossen,
Dann rührt er erst den Schwantz, die Ursach seiner Macht,
Ist stärcker als zuvor ergrimmet und erwacht,
Sein heisser Rachen schäumt, die Augen sind voll Flammen,
Die Mähne steht empor, sein Muth kömpt gantz zusammen;
Wie sehr man ihn bescheust, wie sehr man zu ihm sticht
Von allen Seiten her, so gibt er doch sich nicht.
So lasset uns auch thun; wir sind ja teutsch geboren,
Ein Volck, das nimmermehr sein Hertze hat verloren,
Daß vor der Zeit so viel den Kürtzern hat gejagt,
Das nach der Römer Macht zum minsten nicht gefragt,
Von dem viel Keyser auch den Frieden musten käuffen,
Das noch auff diesen Tag ihr keiner an darff greiffen,
Als wann es ohngefähr fällt in sein eygnes Haar,
Wie Carlen vor der Zeit dem Fünfften wissend war.
Dann, ob schon dieser Held mit allen denen Sachen,
Die einen Obristen und guten Kriegsmann machen
Genug versehen war, ob schon der Spanier Krafft
Und Welschen bey ihm stund, doch hätt' er nichts geschafft,
[315]
Wann er die Hertzen nicht hätt' unter sich verbittert
Und diesen starcken Baum durch Zwanck und Neyd gesplittert:
Wiewol der gantze Krieg, umb den so manche Nacht
Und Tag verschwendet ward, ihm nicht viel eingebracht.
Es bleibet nur gewiß, ihr wird nicht angesieget
Der Teutschen Nation, wann daß sie friedlich krieget
Und bey einander helt. Wie übel thun dann die,
So ihrer Feinde Heer mit grossem Fleiß' und Müh
Auch an den blossen Leib deß Vatterlandes hetzen?
O, laßt die Mißgunst doch uns jetzt beyseite setzen,
Räumt ja der Heucheley so grossen Platz nicht eyn
Und traut dem Schmieren nicht, wie süsse pflegt zu seyn
Deß Stellers Lockelied den Vogel auffzufangen,
So gar nichts Uebels denckt? Kan nur der Wolff erlangen,
Daß ihm der Riede wird zum ersten weggethan,
Gewißlich muß das Schaf hernachmals auch daran.
O flieht deß Neides Gifft, reicht doch die treuen Hände
Einander brüderlich und steht, als veste Wände,
Die kein Gewitter fällt, so wird in kurtzer Zeit
Der stoltze Feind, nächst Gott, durch unser' Einigkeit
Zurücke müssen stehn! Ey, laßt anjetzt erscheinen,
Daß ihr's vor diesem nicht habt pflegen falsch zu meynen
Wie euer Nachbar noch in gutem Wesen stund;
Im Unglück wird geprüfft deß Hertzens tieffer Grund.
Ich meyn', es ist auch fast der Rede werth zu nennen,
Bißweilen mißlich stehn, auff daß man kan erkennen,
Wie treu ein jeder sey. Die Schwalbe macht ihr Hauß
Im Sommer zu uns her, fleugt aber wider auß,
So bald der Winter kömpt; so sind auch falsche Leute.
Wann gutes Wetter ist, sucht jederman die Beute,
Sind alle Worte Gold; ergreifft ein Unfall dich,
Kömpt Kummer, Creutz und Noth, so gehn fie hinter sich.
Diß heißt nicht seinen Gott von gantzer Seelen lieben,
Den Nechsten als sich selbst, wie Christus vorgeschrieben,
Diß heißt nicht Brüder seyn; die wahre Freundschafft steht,
Spricht nicht die Schenckel an, Gott gebe, wie es geht.
Sie tringet sich nicht ein, was Gutes zu geniessen,
Wird weder durch Gefahr noch Furchte weggerissen,
Sie ist, wie guter Wein, je länger dieser liegt,
Je lieblicher er wird, je bessern Schmack er kriegt.
Kein grössers Uebel ist, als wann ein Mann in Schaden
Auff gute Freunde traut, die doch ihn lassen baden,
[316]
Und machen sich darvon. Diß thut die Liebe nicht,
Sie bleibet, wer sie war, gleich wie der Sonnen Liecht
Durch alle Nebel scheint; sie ist der Alten Jugend,
Der Krancken Linderung, der Ungelehrten Tugend,
Der Reichen Gnad' unnd Gunst, der Armen Gut und Gelt,
Das Wasser ist uns nicht so nützlich in der Welt.
Ach! seyt mit diesem Schmuck und Kleinod auch gezieret,
Ihr, die ihr gleich wie wir den Christen-Namen führet
Und Brüder mit uns seyt; springt doch dem Nächsten bey,
So bleibet er jetzund und ihr inkünfftig frey.
Nun ihr deßgleichen auch, ihr ehrlichen Soldaten,
In denen Liebe steckt zu ritterlichen Thaten,
Laßt jetzt, laßt jetzt doch sehn den rechten teutschen Muth
Und schlagt mit Freuden drein; der Feinde rothes Blut
Steht besser über Kleyd und Reuterrock gemahlet,
Als köstlichs Posament, das theuer wird bezahlet
Durch abgeraubtes Geld. Ein schöner Grabestein
Der bringt der Leichen nichts, ist nur ein blosser Schein;
Das Feld, das blancke Feld, in dem viel Helden liegen,
So vor ihr Vatterland und Freyheit wollen kriegen,
Steht Männern besser an. Was ist doch nur der Tod?
(Daß ich von ihm nun red') ein stiller Port der Noth,
An dem der Kummer ruht und gibet sich zu Rande,
Ein Thor, durch das der Geist kömpt auß deß Leibe Bande,
Der Ewigkeit Beginn, der schnöden Welt Beschluß,
Ein Weg, den in gemein' ein jeder tretten muß,
Er sey auch, wer er wil. Hierauff nun laßt uns dencken,
Wann dieser herbe Streit wil unser Hertze kränken,
Hier wird das Ende seyn. Drumb fliehe niemand nicht
Vor dem, das alle Pein und alles Creutze bricht.
Du trinckest Gifft in dich und wunderliche Sachen,
So wider die Natur, den Leib gesund zu machen,
Was scheustu dann den Tod, durch den du jederzeit
Hernachmals für Artzney und Kranckheit bist befreyt?
Was zuckestu doch viel? Sol Gott von deinetwegen
Die Ordnung dieser Welt jetzt auff die Seite legen?
Das Leben muß dir seyn, wie wann du einen Gast
Und guten werthen Freund in deinem Hause hast,
Da thustu, was er wil; geliebet ihm zu bleiben,
So kanstu ihn auch nicht mit Ehren von dir treiben;
Gedenckt er dann hinweg, so stellstu ihm es frey,
Du reissest ihm darumb den Mantel nicht entzwey.
Es hat uns die Natur nur einen Weg zu leben,
Zu sterben aber viel und mancherley gegeben:
[317]
Der fällt und bricht den Halß, der beugt dem Tode für,
Und bringt sich selber umb, den frißt ein wildes Thier.
Der muß die Fisch' im Meer, und der die Vögel speisen,
Der pfleget so von hier, der anders wegzureysen;
Es stirbt ein jederman, so auff der Erden wohnt,
Wol aber stirbet der, so seiner selbst nicht schont
Und diese Welt verläßt vor Gott und gute Sache:
Wie bitter man ihm auch die letzte Stunde mache,
Ist doch ihm nicht also. Wer Kriegestod erkiest,
Der hat den schönsten Tod, der auff der Erden ist.
Wer fragt dann viel darnach, kein Grab und Grufft zu kriegen?
Vermeynen wir, man kan im Sarche weicher liegen,
Als unter freyer Lufft? Wen geht es auch was an,
Daß er zu Hause nicht verschorren werden kan?
Es ist ja gleich so weit hier und an jenem Orte,
Biß an deß Himmels Thor und Acherontens Pforte.
Was weynt ihr Mütter viel, umb daß euch durch den Streit
Die Söhne sind erlegt in ihrer jungen Zeit?
Es pfleget so mit uns wie Aepffeln zuzugehen,
Viel reist man jung noch weg, viel, so zu lange stehen,
Die fallen selber ab, ein jeder hat sein Ziel,
Zu welcher Stunden ihn der Gärtner haben wil.
Wiewol sagt jenes Weib, nach dem sie hat vernommen,
Daß in der Schlacht ihr Sohn sey umb das Leben kommen:
Ich, als ich ihn geborn, so wust' ich wol den Lauff,
Er müste sterblich seyn, drumb zoh' ich ihn auch auff,
Und da ich ihm gebott' auff Troja hin zu reysen,
Sein werthes Griechenland zu schützen mit dem Eysen,
Verstund ich, daß ich ihm in Kampf und Kriegesnoth
Befiehle fortzuziehn, nicht in ein Gastgebott.
Was wollen wir auch viel der Jugend Tod beklagen?
Der Leib beschwert uns nur, mit dem wir uns hier tragen,
Jetzt thut das Häupt uns weh, jetzt ligt es umb die Brust,
Jetzt haben wir zu Tranck und Speise keine Lust;
Bald hat man zu viel Blut, bald fallen scharpffe Flüsse,
Bald kocht der Magen nicht, bald schwellen uns die Füsse,
Bald sticht es hier, bald da, wie sehr man seiner schont,
So geht es dem, der nicht auff seinen Gütern wohnt.
Diß Wirtshauß ist uns nur auff kurtze Zeit geliehen,
Drumb sol man stündlich auch geschickt seyn außzuziehen,
Gleich wie ein fertigs Schiff, das an dem Ufer steht
Und wartet einig nur, wann guter Wind angeht.
Was ist doch für Gewinn, wie viel man Jahre zehlet?
Ein Alter ist gewiß nur mit sich selbst gequälet,
[318]
Muß augenblicklich sehn, ob sein Termin nicht kömpt
Und ob der bleiche Tod ihn auß dem Hauffen nimpt.
Je weiser einer ist, je williger er gehet
Den Steg, den alle gehn, er weiß wol und verstehet
Es müsse nur so seyn, er weiß, daß nach der Zeit
Ein anders Leben sey dort in der Ewigkeit.
Wie, wann man etwan uns durch einen schwartzen Wohren
Sehr schöne Gaben schickt, so hat auch Gott erkohren
Den ungestalten Tod, den schickt er auff uns zu
Nach vieler Müh und Angst mit stäter Lust und Ruh,
So allen Frommen wird. Wer den vermeynt zu tödten
Der seinem Schöpffer traut in allen seinen Nöthen
Und auff den Himmel denckt, der schaffet gleich so viel,
Als der, so einen Fisch im Zorn ersäuffen wil
Und schmeist ihn in den Fluß. Wie wol wird doch diß Leben,
Der Schauplatz aller Noth, für jenes hingegeben?
Gewißlich hätten nur die Kinder den Verstand,
Ihr Weynen würde bald in Lachen umbgewand.
Wann sie auff diese Welt von Mutterleibe kommen,
Dieweil sie auß dem Schleim' und Finsternüß genommen
Die schöne Sonne sehn, so geht es mit uns auch;
Wir lassen durch den Tod den schwartzen Dampff und Rauch
Der schnöden Eytelkeit, und kommen an die Sonne,
Die nimmer untergeht, das Liecht der stäten Wonne.
Was trauren wir dann viel, daß der und jener stirbt
Und kömpt der Sorgen ab? Wer sagt, Metall verdirbt
Im Fall es in ein Bild wird künstlich umbgegossen?
Und gleichfalls, die wir nur von Leim und Schleim entsprossen,
Wann wir den schwachen Lauff der Sterblichkeit erfüllt,
Verwandelt auch der Tod in Gottes Ebenbildt
Und macht uns wider neu. O wol, o wol doch denen,
Die vor ihr Land und Gott sich auffzuopffern sehnen
Und scheuen nicht das Schwerd! Laß hin der Römer Pracht,
Ihr Graß, ihr Eichenlaub und was sie mehr gemacht
Von Kräntzen vieler Art, sie mögen triumphieren
Mit ihrer güldnen Cron'; uns Christen wird noch zieren
Der Krantz, so nicht verwelckt, den keine Lufft verletzt,
Der Krantz der Ewigkeit, der wird uns auffgesetzt
Auff jenen grossen Tag, wann der uns wird erwecken,
Für dessen Antlitz hier diß alles muß erschrecken,
Für dem man sonst erschrickt. Wer diesen Trost recht faßt,
Hat mitten in der Pein und Marter Ruh und Rast,
Läßt dieses Leben stehn, streckt willig beyde Hände
Nach seinem Stündlein auß und eylet auff sein Ende,
[319]
Wann Gott nur wincket, zu, ist lustig und erfreut,
Wo daß er sehen kan Fug und Gelegenheit
Von hinnen weg zu ziehn und diese Welt zu lassen,
Da nichts als Creutz und Noth als Zorn, Neid, Mord und Hassen
In vollem Schwange gehn, da diese gantze Zeit
Nichts ist, als Kümmernüß, als steter Kampf und Streit.
Der Tod bringt Stillestand; das Grab wird nicht beschossen,
Verstört und umbgekehrt; ists einmal zugeschlossen,
So nützt der Cörper nicht, wird keines Feindes Raub,
(Die Würmer nehm ich auß) ist Asche, Koth unnd Staub,
Die Seel' ist frey und loß. Die hier sich wol gehalten
In dieser Sterblichkeit, gehn droben mit den Alten
Berühmten Helden umb, sehn von der hohen Lufft,
Wie jederman allhier läufft, trabet, denckt und hofft
Auff unbeständigs Thun; die aber in dem Bande
Deß Leibes sich befleckt mit Lästern, Sünd' und Schande,
Und Ueppigkeit geliebt, und wider Recht gekriegt,
Die müssen durch das Thor, da Plutons Wächter ligt,
Der schwartze Cerberus mit seinen dreyen Rachen
Und Schlangen umb den Halß, nach dem sie Charons Nachen
Hat über See geführt und ohne Tagesschein
In stäter Finsternüß und dicken Wäldern seyn,
Biß daß die himmlische Trompette wird erschallen,
Für der die Sonne fliehn, die Felsen werden fallen,
Der Himmel furchtsam seyn, der Erden tieffer Grund
Zerbersten mit Gewalt biß an Cocytus Schlund,
Da sämptlich alles Fleisch wird auß den Gräbern steigen,
Sich für der Urtheilbanck deß Richters zu erzeigen,
Der nicht betrogen wird, den weder Gelt noch Gunst,
Wie hier bey uns geschieht, noch Zungendrescher Kunst,
Ja kein Erbarmen auch die Augen wird verblenden.
Was Schrecken, Furcht und Angst wird seyn an allen Enden!
Zur rechten Hand der Schuld und Laster grosse Zahl,
Zur Lincken die Gespenst und Geister allzumal,
Zun Füssen der Morast und Feuersee der Höllen,
Zun Häupten Christus selbst den letzten Spruch zu fällen,
Hier deß Gewissens Qual und da der Erden Glut,
Dem Frommen werden auch entfallen Hertz und Muth.
Was wird der Böse thun? Unmöglich ists zu weichen,
Unleydlich zu gestehn. Ein König wird verbleichen,
Der Grausamkeit geliebt, wird nackend, arm und bloß
Ohn alles Zepter gehn in Acherontens Schloß,
Von gar viel andern zwar, als wol bey uns umbringet.
Der Bluthund, der sich hier zu Krieg und Streiten tringet,
[320]
Der Hertze, Geist, und Sinn an Meuterey ergetzt,
Wird einen ärgern Feind sehn auff sich angehetzt,
Als er gewesen ist, der stündlich ihn wird jagen,
Der augenblicklich ihn wird ängsten, martern, plagen
Mit unerhörter Pein. Was der Verdampten Schaar
Am meisten in der Welt allhier behäglich war,
Wird einem jeglichen, nach dem ers fürgenommen,
Dort in den heissen Pful' auch pflegen einzukommen,
Ihn quälen Tag und Nacht; die Geizigen ihr Gut,
Die Hurer Liebesbrunst, Tyrannen Rach und Blut;
Den diß und jenen das. Wie nun diß große Leyden
Nicht außzusprechen ist, so seynd die Himmelsfreuden,
So allen Seligen noch werden zuerkandt,
Auch über englische Gedancken und Verstandt.
Was umb und umb wird seyn, wird alles Frieden heissen;
Da wird sich keiner nicht umb Land und Leute reissen,
Da wird kein Ketzer seyn, kein Kampff, kein Zanck und Streit,
Kein Mord, kein Stättebrand, kein Weh und Hertzeleid.
Dahin, dahin gedenckt in diesen schwären Kriegen,
In dieser bösen Zeit, in diesen letzten Zügen
Der nunmehr krancken Welt; dahin, dahin gedenckt,
So läßt die Todesfurcht euch frey und ungekränckt.
Wie theuer pflegt man doch die Müntzen einzukauffen
Von langen Jahren her? Wie würde man doch lauffen,
Wann Cesar oder sonst ein hochberühmbter Held
Jetzt käme widerumb zu uns her auff die Welt?
Wer wolte nicht von uns auch mehr als hundert Meilen
Und hundert noch darzu ohn alles Säumnüß eylen,
Nur Abraham zu sehn? Wem ist der Tod nun schwer,
Zu reysen an den Ort, da alles Himmel-Heer,
Da alle Heiligen versamlet, frölich leben,
Da umb das hohe Hauß die schönen Geister schweben,
Die Gott zu Dienern hat, ja mehr, da umb und an
Gott selber sichtiglich beschauet werden kan,
Der unbegreifflich ist, in keinen Ort zu bringen,
An allen Orten doch, der war für allen Dingen,
Unendlich unbekant, von keinem je erkiest,
In dem, auß dem, durch den ist alles, was da ist,
Keusch, ewig, gut, gerecht, frey, loß, in nichts beschlossen,
Der Vatter von sich selbst, der Sohn auß ihm entsprossen,
Der heilige Geist auch von allen Beyden her,
Die Drey allein ein Gott, mehr ist vor mich zu schwer.
Was niemand suchen sol, begehret nicht zu finden,
Und steiget nicht zu hoch, es möchte sonst verschwinden
[321]
Diß, was ihr suchen solt. Wer Gottes Heimlichkeit
Vermessentlich erforscht, der sägelt gar zu weit,
Und schifft in einer See, durch die er nicht kan kommen,
Muß wider auff den Weg, den er zuvor genommen,
Kömpt unverrichtet heim. Diß, was uns selig macht,
Wird durch die Schrifft genug in Augenschein gebracht
Und deutlich außgelegt. Drumb hier, weil meine Sinnen,
Und diese schwache Hand nicht höher steigen können,
Hier wil ich bleiben stehn; das höchste Gut allein,
So vor mein Anfang war, sol jetzt mein Ende seyn.
Für dich, Herr, kommen wir, dein armes Volck, getretten,
Mit eyffrigem Gemüth' und feurigen Gebetten,
Du, du, bist unser Hort, du starcker Capitain,
Für dem die Könige der Erden Asche seyn
Und minder noch, als Staub! Wir kommen und erscheinen
Für deiner Majestät, du hast die Noth der deinen
Von allen Zeiten her genädig abgekürtzt
Und ihrer Feinde Macht bestritten und gestürtzt.
Durch dich hat Abraham vier Könige geschlagen
Und Loth zurück gebracht, durch dich ward Roß unnd Wagen,
Die grosse Reuterey, deß Pharaones Heer
Und Pharao darzu geworffen in das Meer:
Durch dich stund Josue für seinen Feinden allen,
Auff die du Hagel auch vom Himmel hiessest fallen:
Die Sonne muste selbst um seinet willen stehn
Und einen gantzen Tag zu langsam untergehn.
Für deiner Stärcke kam der Midjaniter Hauffen
Mit greßlichem Geschrey und Furchtsamkeit gelauffen,
Fiel durch sein eygnes Schwerd; durch dich griff Jonathan
Mit einem Knechte nur ein gantzes Lager an:
Du hast den Schleuderstein auff Goliath gewendet,
Als David ihn erschlug, die Syrier verblendet,
Daß Eliseus nicht kam unter ihre Macht,
Dem stoltzen Sanherib erwürget in der Nacht
Sein kühnes Kriegesheer: du grosser Ueberwinder,
Nim auch dich unser an! Ach, siehe deine Kinder
Und kleiner Hauffen kömpt, fällt nider und begehrt,
Du wollest doch nit mehr der Feinde scharffes Schwert,
Die gantz uns willens sind zu dämpffen, lassen wetzen.
Du Zuflucht Israel, laß doch dem wilden Metzen
Nach solcher Angst und Noth, nach dieser langen Pein
Und schweren Kriegeslast ein mal ein Ende seyn,
[322]
Nim deine Ruhte weg. Wir armen Niniviten
Bekennen und gestehn, wir haben überschritten
Das Ziel von dir gesetzt; so viel deß Meeres Rand
Bestritten durch den Ost, hat kleine Körner Sand,
So manche Missethat beschwert uns das Gewissen.
Wo sollen wir doch hin, wann daß wir nicht geniessen
Der grossen Gütigkeit, die mitten in der Glut
Deß Eyffers deinen Grimm gantz freundlich, milde, gut
Und wolgeneiget macht? Wo sollen doch wir Armen,
Wo sollen wir hinauß? Dich vätterlich erbarmen
Ist ja dein eygnes Thun. Ach, Vatter, laß doch nicht
Der Kirchen schwaches Schiff, da jetzund knackt unnd bricht
In dieser wilden See, in diesen wüsten Wellen,
Bestritten von der Macht und Grausamkeit der Höllen!
Laß uns nicht länger seyn der Götzendiener Spott,
So ruffen ohne Scheu: Wo ist der Ketzer Gott?
Du aber, lieber Herr, du pflegest nicht zu schlaffen,
Dein Auge schlummert nicht; du bist bey deinen Schafen,
Auch mitten in der Noth; du grosser Friedefürst,
Wie sehr du über Sünd' und Laster zornig wirst,
So währt dein Grimm doch nicht; so weit die blaue Decke
Der Wolcken über uns sich streckt von einer Ecke
Biß zu der andern hin, so weit wird auch die Schuld
Deß Menschens, der dich liebt, mit Sanfftmuth unnd Gedult
Von dir hinweg gethan; du wilst uns nur probieren
Auff diesem Musterplatz, und auff den Fechtplan führen,
Zu zeigen, daß in uns gar keine Heucheley,
Kein Murren wider dich noch Ungehorsam sey.
Du wilst uns eyffriger hinfüro beten lehren
Und wahre Busse thun, du wilst die Andacht mehren,
So noch zu Friedenszeit und ausser der Gefahr
Durch Sicherheit und Stoltz in uns erkaltet war.
Nun, Vatter, schicke doch uns deinen Geist hernieder,
Den Geist der Besserung, erwärme diese Glieder
Sonst böse von Natur, mit seiner Weißheit Brunst;
Ohn ihn ist unser Thun und Wille gantz umbsonst,
Ohn ihn vermag man nichts. Laß unsre Sinnen fegen
Durch seiner Liebe Glut, auff daß wir von uns legen
Das alte Sündentuch, ziehn an das reine Kleyd
Der Unschuld, Gottesfrucht und neuen Frömmigkeit.
Und da wir ja forthin noch länger müssen tragen
Die Bürde deines Zorns, so laß uns nicht verzagen,
[323]
Gib uns den Muth, der Noth und Tod verachten kan,
Bind' uns mit deiner Hand starck an den Himmel an,
Auff daß wir nicht vergehn, gib uns in diesem Schmertzen
Ein freudiges Gemüth und königliche Hertzen,
Damit wir wider Grimm, Gewalt und Ueberlast
Mit kräfftiger Gedult und Hoffnung seyn gefaßt.
Schenck uns deß Glaubens Helm, den Sinn, der allzeit wache
Für dich, für unser Land und für gerechte Sache;
Laß uns der Tyranney frisch unter Augen gehn,
Und, also lange wir den Athem haben, stehn.
Ein Mensch, der dir vertraut, der dir sich hat ergeben,
Was kan er weniger verlieren, als sein Leben?
Den Trostspruch wirff uns zu, wann wir im Streiten sind
Und Geist und Blut zugleich uns auß dem Leibe rinnt.
Sey du der Obriste, verschaffe kund zu werden,
Daß keine Tapfferkeit, daß keine Krafft der Erden
Dir widerstehen mag, daß keine Kunst noch List
Dem Volcke schaden kan, wo du zugegen bist.
Hilff doch den bösen Rath derjenigen vernichten,
Die alle Müh und Witz nur einig darauff richten,
Wie unsrer Sachen Recht durch einen falschen Schein
Der gantzen weiten Welt verhasset möge seyn.
Laß ja die Obrigkeit zu keiner Zeit sich lencken
Von deiner Zuversicht; ihr Wollen und Gedencken
Steht gantz in deiner Hand, von dir kömpt Fried und Krieg,
Von dir, du Schirm und Schild der Frommen, kömpt der Sieg.
Gib gleichfals auch den Sinn den andern Potentaten
Die unsers Glaubens sind, daß sie auch helffen rathen
Und treulich Beystand thun, daß sie auch keinen Fleiß
Nicht lassen ungespart für deinem Ruhm und Preiß.
Zwar nicht, daß dir, o Gott, unmüglich sey zu siegen,
Wie starck der Feind auch ist, wann sie nicht helffen kriegen
Und streiten, sondern nur, daß von uns allesampt
Recht werde fortgepflantzt der Christen wahres Ampt,
Daß keiner unter uns sey künfftig außzuschliessen
Von denen, die ihr Blut gantz ritterlich vergiessen
Vor dich und vor das Recht, unnd die sich durch das Schwerdt,
Wie Teutschen angehört, biß auff den Tod gewehrt.
Diß thu, o höchster Gott, umb deines Sohnes willen,
Deß Mittlers dieser Welt, der deinen Zorn zu stillen
Vor uns gelitten hat das letzte Theil der Zeit,
Jetzt lebet und regiert mit dir in Ewigkeit.

Ende deß vierdten Buchs.


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TextGrid Repository (2012). Opitz, Martin. Trostgedichte in Widerwertigkeit deß Kriegs. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-638C-0