6.
Sinnend trat ich hinaus
In den mauerumgebenen Schloßhof,
[87]Wo junge Gräser sproßten, Kinder der neuen Zeit,
Die nichts gesehen von der vergangenen Tage Herrlichkeit,
Von der vergangenen Tage Leid.
Hinter den wallenden Wolken
Schaute noch einmal ruhig strahlend hervor,
Die unvergängliche Klarheit der Sonne.
Und beleuchtete zu meinen Füßen,
Ein Werk der spielenden Natur,
Im dreigeblätterten Klee – ein Vierblatt.
Ich pflückt' es als Angedenken – als vierfaches
An diese Burg, die erinnerungsreiche,
Und that dabei einen Schwur, einen vierfachen:
Elisabeth, die Heilige,
Sei mir ein Vorbild in stiller Demut
In allumfassender Menschenliebe
Der Armen mich zu erbarmen.
Und in dem Sängerkrieg, dem neuen, heiligen
Will ich stehen und fechten, bis mit dem letzten Lied
Der letzte Odemzug der Brust entwallt!
Und protestieren will ich nach Luthers Wort,
Und für den freien Glauben
Mit freier Rede in die Schranken treten! –
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Und fest verbrüdert mit der deutschen Jugend
Weih' ich dem Vaterlande all mein Streben, –
So steh ich ernst und frei vor allem Volk.
Und wollt Ihr nun mich höhnen und verdammen,
Weil nur die schwache Jungfrau zu Euch spricht:
Nicht löschen könnt Ihr der Begeist'rung Flammen,
Könnt sie nur schmähen, aber dämpfen nicht,
Und wenn mein Herz von Euch verstoßen, bricht,
So bricht's mit Luthers Worten doch zusammen:
»Gott helfe mir! – doch anders konnt ich nicht!« –
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