[199] Die naturalistische Schule
Zum Spiegel einer Spanne Zeit
Wollt ihr die heil'ge Kunst erniedern?
Nichts als die bare Wirklichkeit
Soll sie euch schildern und zergliedern?
Dünkt euch die Wirklichkeit so viel?
So würdig aller höchsten Ehren
Des blinden Zufalls flüchtig Spiel,
Gebund'ner Kräfte trübes Gären?
Ein Wirrsal ist sie, in der Macht
Des Widerspruchs, der sie durchwütet!
Ein Chaos, über dem die Nacht
Der dumpfen Unbewußtheit brütet!
Soll diesem Chaos, wüst und fahl,
Sich eine blüh'nde Welt entringen,
So muß mit schöpferischem Strahl
Die Poesie es erst durchdringen.
Denn sie nur weiß das Lösungswort
Verworr'ner Rätsel aufzufinden,
Das Stückwerk hie, das Stückwerk dort
Zu einem Ganzen zu verbinden.
Denn ihr nur ward der Seherblick,
Der Wesenheit vom Scheine trennet,
Und in dem einzelnen Geschick
Ein allgemein Gesetz erkennet.
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Wollt ihr von ihrem Sternenlauf
Nicht froh vertrau'nd euch leiten lassen,
Dann, teure Freunde! gebt es auf
Der Welt Mysterien zu fassen.
Dann bleibt auch künftig wie zuvor
Am Truge der Erscheinung kleben!
Zur Wahrheit führt nur sie empor,
Sie, die der Weg, das Licht, das Leben!