[94] Liebessklaverei.
Ich tat wahrhaftig alles,
Was ich ersinnen konnt',
Ich hoffte, daß doch endlich
Mir's ihre Liebe lohnt!
Ich war ein zügelloser
Und wilder Feuerbrand,
Ich flog von Dach zu Dache,
Verheerend was ich fand:
Was ward aus mir? ein Flämmchen,
Bescheiden, zahm und zag,
An dem der Hirte höchstens
Im Herbst sich wärmen mag.
Ich stürzte im Gebirge
Zu Tal als Wasserfall,
Und brach mit lautem Tosen
Der eignen Wogen Schwall:
Und jetzt? Ein trübes Bächlein,
Schleich' ich so stumm dahin,
Zufrieden, seh' am Ufer
Ich ein paar Blümchen blühn!
Ich ragt' als rauher Felsblock
Bis in die Wolken gar,
Wo neben Blitz und Donner
Nur haust der stolze Aar;
Ich ward zum, lausch'gen Haine
Im stillen grünen Tal,
So einsam und alleine
Klagt hier die Nachtigall!
[95]
Ich war ... wie könnt' ich sagen,
Was ich noch alles war?
Ihr Herz jedoch, wie früher,
Blieb jeder Regung bar!
Nein, das ertrag' ich nimmer!
Zu sehr bin ich empört!
Ist denn der Preis so lockend,
Ist er die Opfer wert?
Die Ketten will ich sprengen,
Entwinden mich dem Joch,
Wie süß auch Liebesketten,
Sie bleiben Ketten doch!
Auf meinen alten Schwingen
Flieg' ich empor, befreit:
Ins goldne Reich der Freiheit,
In die Unendlichkeit!