IX.
Euch, edle Herrinn, flimmert
Am Aug' ein Licht, holdselig zu gewahren,
Das mir den Weg hinan zum Himmel kläret,
Und durch ein lang Erfahren
Seh' ich das Herz, wie da hindurch es schimmert,
Wo ich allein mit Amor eingekehret.
Der Anblick ist es, der mich Tugend lehret,
Daß ruhmvoll einst ich von der Erde scheide;
Nur er hat mich erhoben ob der Menge.
Der Sprache nie gelänge,
Zu künden, wie die Himmelslichter beyde
In's Herz mir Wonne gießen,
So, wenn die Flur erstarrt im Winterkleide,
Als wenn im jungen Lenz die Blumen sprießen,
Wie sich's in meiner Noth Beginn erwiesen.
Oft sprech' ich in Gedanken:
Wenn er, der ob den Sternen ewig waltet,
Der seine Macht schon gnädig zeigt hienieden,
[42]Gleich Schönes dort entfaltet,
So öffnet euch, ihr meines Kerkers Schranken,
Die mich vom Pfad zu solchem Glück geschieden! –
Drauf aber, mit dem alten Krieg zufrieden,
Dank' ich Natur und meines Werdens Tage,
Die mich zu solchem Gute aufgehoben,
Und ihr, die mich umwoben
Mit solcher Hoffnung, der mir selbst zur Plage
Ich bis dahin gelegen. –
Seit ich die süße Freud' im Herzen trage,
Zu dem den Schlüssel ihre Augen hegen,
Fühl' ich ein frohes, selbstgefällig Regen.
Wie viel der sel'gen Wonnen
Amor's oder des Glücks unstete Hände,
Auf Einen ihrer Günstling' ausgegossen,
Gern tauscht' ich solche Spende
Für einen Blick der Augen, wo begonnen
Mein Heil, wie Bäum' aus ihren Wurzeln sprossen.
Ihr Himmelsfunken, meines Seyns Genossen!
Ihr lichten, milden, wo sich Freud' entzündet,
Die meines süßen Jammerlebens Quelle!
Wie jede andre Helle
Versiegt und flieht, wo eure sich entbindet;
So, wenn so viel des Süßen
In's Herz mir strömt, wohl alles Andre schwindet,
Und alle andern Wünsch' im Nu zerfließen;
Nur Amor will mit euch sich drin verschließen.
Was Süßes war jemahlen
Im Herzen froher Liebenden beysammen,
Ist wenig gegen das, so ich ersiege,
Wenn einmahl eure Flammen
[43]Holdselig zwischen Weiß und Schwarz erstrahlen,
Wo Amor scherzend ruft zu Spiel und Kriege.
Und seit den Windeln, glaub' ich, und der Wiege
Hat gegen Unvollkommenheit und Leiden
Der Himmel solches Mittel mir geschenket.
Der Schleyer nur mich kränket
Und jene Hand, die meine höchsten Freuden
So oft dem Blick verhingen,
Aus dem sich Sehnsucht mir zu allen Zeiten
Ergießt, dem Herzen Linderung zu bringen.
Das stets sein Wesen ändert mit den Dingen.
Weil ich mit Unbehagen
Erkenne, wie es nimmer mir gegeben,
Durch eigne Kraft so theuren Blick zu binden,
Muß ich vor allem streben,
Der hohen Hoffnung werth mich zu betragen,
Und edler Flammen, die mich ganz entzünden.
Wenn ich zum Guten schnell und träg zu Sünden,
Verächter dessen, was die Welt ersehnet,
Ein Anderer zu werden mich befleiße,
Vielleicht daß solcherweise
Mein Lob zu mildem Urtheil sie gewöhnet. –
Soll meine Klage schweigen,
Die nirgend sonst aus schwerem Herzen tönet,
Geschieht's zuletzt durch süßer Augen Neigen,
Adligen Seelen letzter Hoffnung Zeichen.
Canzon', es lebt bereits dir eine Schwester,
Und eine andre fühl' ich sich bereiten
An gleichem Ort; drum füll' ich mehr der Seiten.