[13] Röschen
»Mein trautes Röschen, letzten May
Verschied Graf Woldemar;
Er schenkte mir für meine Treu
Zweyhundert Gulden baar.«
»Nun, Liebchen, hab ich für uns Brod;
Drum komm, o komm doch bald.
Leb wohl! ich bin bis in den Tod
Dein treuer Theobald.«
Als Röschen diesen Brief bekam
Zu Mons in Hennegau,
Noch selben Tag sie Abschied nahm
Von ihrer gnädgen Frau.
Sie zog nach dem Ardennerwald
Zur Gräfin Adelgund,
Bey der ihr lieber Theobald
Noch itzt als Jäger stund.
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Frisch wallt das Mägdlein seine Bahn
Und langt am sechsten Tag
Spät auf der Gräfin Herrschaft an,
Die tief im Walde lag.
Noch eine Meile; doch der Flor
Der Nacht umhüllt das Land.
Durch Sumpf und Büsche drang sie vor,
Und Sumpf und Busch verschwand.
Die Vögel schweigen, nur der Ost
Durch alte Buchen schwirrt,
Auf deren einer ohne Trost
Ein Turteltäubchen girrt.
In stille Schwermuth aufgelöst
Horcht Röschen, bis ihr Fuß
An einen Erdenhügel stößt,
Auf den sie fallen muß.
Gott, ruft sie, soll ich sterben hier
In einem wilden Wald?
Ich Arme! wärst du doch bey mir,
Geliebter Theobald!
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Es blitzt; der Erdenhügel bebt;
Es steigt ein Geist empor;
Sein Kleid, an welchem Blut noch klebt,
Ist weiß, wie Silbermoor.
Da bin ich, sprach ein dumpfer Laut;
Ein Wilddieb gab mir hier
Den Tod; doch freu dich süße Braut,
In kurzem folgst du mir.
Er lächelt. Ha, mein Theobald!
Ruft sie mit wildem Harm,
Und stürzt der luftigen Gestalt
Todt in den kalten Arm.
Nun sieht man Hand in Hand das Paar
Zu Nacht den Hayn durchziehn,
Und auf dem Grabe jedes Jahr
Zwo weisse Rosen blühn.