[68] Holien

In China lag beym Sternenlichte
Ein Jüngling – Dank sey der Geschichte
Für seinen Namen – Holien
Lag müd auf seiner Binsenmatte
Und sah vom Räuber ungesehn,
Der sein Gemach erstiegen hatte,
Wie hurtig er, was ihm gefiel,
In seinen weiten Schnapsack steckte.
Er regt sich nicht auf seinem Pfühl
Und blinzt die Augen zu. Nun streckte
Der Gaudieb die versuchte Hand
Nach einem Topf von Siegelerde,
Der leer in einem Winkel stand.
Laß, rief mit flehender Geberde
Itzt Holien, laß, armer Mann,
Mir diesen Topf, damit ich morgen
Für meine Mutter kochen kann.
Der Räuber bebt: Schlaf ohne Sorgen;
Solch einen Sohn bestehl ich nicht,
Lallt er, legt all die Beute nieder
Und wischt sich Thränen vom Gesicht.
Seit diesem Tag stahl er nicht wieder.

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TextGrid Repository (2012). Pfeffel, Gottlieb Konrad. Gedichte. Fabeln und Erzählungen. Zweyter Theil. Zweytes Buch. Holien. Holien. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-71E9-B