Nr. 208. Die weiße Jungfer bei der Herrenkirche unweit Dorste.

Vor vielen hundert Jahren stand da, wo jetzunder die Herrenkirche ist, ein Dorf, das auch Herrkirche hieß. In einem Kriege wurde es dem Boden gleich gemacht und seine Bewohner zogen nach Dost (Dorste). Seit dieser Zeit läßt sich hier alle hundert Jahr auf der Herrenkirche eine weiße Jungfer sehen, und wer dann zufällig in der Nähe ist, kann sein Glück machen. Die Jungfer kommt aus einer von alten [203] Eichen beschatteten Quelle hervor und siehet sie einen Menschen, so gehet sie auf ihn zu und bittet, daß er doch eine Molle voll Geld annehmen möge. Wer nun dreist genug ist und über die Molle eine schon in der Kirche getragene Weste decket, bekömmet das Geld in die Hände und erlöset dadurch die Jungfer. Wer aber das Halstuch darüber decket, dem drehet sie den Hals um. Wird jemand graulich und läuft davon, so versinket sie wieder auf hundert Jahre mit einem lauten Quiek in den Born. Noch nach 1850 lebte in Dorste ein Mann, der die Jungfer gesehen haben wollte, aber aus Furcht davongelaufen war. Den öden Anger mitten im Felde, eine halbe Stunde von Dorste, wo sie erscheinet, betrat damals niemand, ohne an sie zu denken.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Pröhle, Heinrich. Sagen. Harzsagen. Sagen vom Lichtenstein, von Förste und Dorste. 208. Die weiße Jungfer bei der Herrenkirche unweit Dorste. 208. Die weiße Jungfer bei der Herrenkirche unweit Dorste. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-7DCF-5