IV.

In einer Mühle speiseten die Zwerge jede Nacht und der Müller mußte deshalb jeden Abend mit seiner Familie ausziehen. Eines abends kam ein alter Soldat und bat den Müller, ihm in seiner Mühle für die Nacht ein Quartier zu vergönnen. Der Müller erklärte ihm die Sache, wie es zusammenhing, und sagte: wenn er sich vor den Zwergen nicht fürchten wollte, so könnte er da bleiben. »Ach,« sagte der Alte, »ein alter Soldat darf sich nicht fürchten,« stopfte sich eine Pfeife und setzte sich hinter den Ofen, während der Müller mit seiner Familie wieder auszog. Wie es die Nacht an zwölf Uhr kam, erschien eine ganze Hetze Zwerge. Sie deckten den Tisch und setzten goldenes und silbernes Geschirr darauf, worin sogleich von selbst Speise war. Wie dies geschehen war, kamen sechs Zwerge, hatten Hibich auf eine mit Gold und Silber ausgestickte Bahre gelegt, und setzten ihn auf der Mitte der Tafel auf einen hohen Sessel. Kaum hatte er aber fünf Minuten gesessen, da schrie er: hier riechts nach Tabak, und die kleinen Zwergmännchen schnüffelten den Soldaten auf, sprangen mit goldenen Gabeln und Messern auf ihn zu und wollten ihn ermorden. Dies Ding verstand aber der Soldat unrecht, nahm seinen Stock und hieb die ganzen Zwerge in die Flucht, ihren Hibich hatten sie aber [110] sitzen lassen, und der verschwand von selbst. Da strich der alte Soldat das Gold- und Silbergeschirr ein, legte es auf die kostbare Bahre und zog damit zu Markte, verkaufte das überflüssige Geschirr und die Bahre und lösete daraus so viel, daß er frei und frank leben konnte, hatte aber doch etwas von dem seltenen Geschirre behalten, und es war in demselben, sobald er es sich nur wünschte, die kostbarste Speise. Am anderen Abende saß er wieder in der Mühle und der Müller war auch dageblieben. Wie es nun an zwölf kam, klopfte etwas dreimal an das Fenster und fragte: Müller, hast du deine böse Katze noch? Da schrie der alte Soldat selber: »Ja, sie jungt alle Nächte zwölfe.« Da riefen die Zwerge betrübt: »Dann mag dir der Teufel wieder kommen,« und sind seit der Zeit nicht wieder kommen. Der alte Soldat lebet aber bei dem Müller herrlich und in Freuden, und lebet alle Tage einen Tag von seiner Wunschspeise.

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TextGrid Repository (2012). Pröhle, Heinrich. Sagen. Harzsagen. Sagen vom Hibichenstein und der Bergstadt Grund. 137. Der Zwergkönig Hibich. (I-IV.). 4. [In einer Mühle speiseten die Zwerge jede Nacht und der Müller]. 4. [In einer Mühle speiseten die Zwerge jede Nacht und der Müller]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-8758-F