[85] An Themiren

Nach Horazens achter Ode im zweyten Buch.


Wien im Wintermond 1781.


O hätten zur Strafe gebrochener Schwüre
Die Götter ein einziges Härchen, Themire,
Dir jemals gekrümmet, so glaubt' ich auf's neue
An weibliche Treue.
Doch jeglicher Meineid, durch den du den Himmel,
Beleidigst, verschönert dich, und das Gewimmel
Der Jünglinge mühet sich doppelt, vor allen
Nur dir zu gefallen.
Vortrefflich gedeiht dir's, die Gottheit der keuschen
Diane durch sträfliche Schwüre zu täuschen,
Die Götter des ganzen Olympes durch Lügen
Und Frevel zu trügen.
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Cythere mit ihrem Gefolg und der kleine
Schalk Cypripor, welcher auf blutigem Steine
Sich Pfeile schärft, sehn dich mit lächelnden Blicken,
Den Jüngling berücken.
Mit jeglichem Knaben reift auch dir ein neuer
Leibeigner: zwar dräuen die älteren Freyer
Dir oft, dich zu fliehn, doch du missest von deinen
Vasallen noch keinen.
Dein Reitz macht so manche von unseren Müttern
Für ihren milchbärtigen Herzenssohn zittern,
Und drohet der bangen Verlobten, ihr ihren
Adon zu entführen.

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TextGrid Repository (2012). Ratschky, Joseph Franz. Gedichte. Gedichte. An Themiren. An Themiren. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-8C47-F