[280] Fastenlied

Linz im März 1787.


Dorinde, sieh, die Zeit der Maskeraden
Ist nun entflohn,
Und Komus zieht, mit Geigen schwer beladen,
Betrübt davon.
Reumüthig schleicht der frommen Magdalenen
Zerknirschte Schaar,
Des Himmels Zorn durch Beten zu versöhnen,
Nun zum Altar.
Manch loses Kind, dem noch vom Wirbeltanze
Die Wangen glühn,
Wallt sittsam itzt mit seinem Rosenkranze
Zur Kirche hin.
[281]
Die Priesterzunft ergreift nun statt der Flasche
Den Weihbrunntopf:
Das Layenvolk trägt statt des Puders Asche
Auf seinem Kopf.
Der süsse Herr, der stolz die Silberflocken
Des blanken Schnees
Durch sein Gesicht beschämet, hört erschrocken:
Tu puluis es.
Die Kirch' ertönt von Psalmen, Litaneyen
Und Bussgeschrey,
Und sieh! auch du, Dorinde, stimmst dem Schreyen
Der Büsser bey.
Mir aber, Kind! mir predigst du vergebens
Von Busse vor:
Gern fleht' auch ich um Besserung des Lebens
Mit dir empor.
[282]
Gern wollt' ich mich, hätt' ich nur was zu büssen,
Mit dir kasteyn:
Doch, züchtige Vestalinn! mein Gewissen
Ist leider! rein.
O möchtest du nur eine kleine Sünde
Mir zugestehn!
Dann solltest du mich willig, o Dorinde,
Als Büsser sehn.

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TextGrid Repository (2012). Ratschky, Joseph Franz. Gedichte. Gedichte. Fastenlied. Fastenlied. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-8CC4-8