[740] 16. 1

Du, mein Freund, bist einsam, weil....
Wir machen mit Worten und Fingerzeigen
uns allmählich die Welt zu eigen,
vielleicht ihren schwächsten, gefährlichsten Teil.
Wer zeigt mit Fingern auf einen Geruch? –
Doch von den Kräften, die uns bedrohten,
fühlst du viele... Du kennst die Toten,
und du erschrickst vor dem Zauberspruch.
Sieh, nun heißt es zusammen ertragen
Stückwerk und Teile, als sei es das Ganze.
Dir helfen, wird schwer sein. Vor allem: pflanze
mich nicht in dein Herz. Ich wüchse zu schnell.
Doch meines Herrn Hand will ich führen und sagen:
Hier. Das ist Esau in seinem Fell.

Fußnoten

1 Dieses Sonett ist an einen Hund gerichtet. – Unter »meines Herrn Hand« ist die Beziehung zu Orpheus hergestellt, der hier als »Herr« des Dichters gilt. Der Dichter will diese Hand führen, daß sie auch, um seiner unendlichen Teilnehmung und Hingabe willen, den Hund segne, der, fast wie Esau, sein Fell auch nur umgetan hat, um in seinem Herzen einer, ihm nicht zukommenden Erbschaft: des ganzen Menschlichen mit Not und Glück, teilhaft zu werden.

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TextGrid Repository (2012). Rilke, Rainer Maria. Gedichte. Die Sonette an Orpheus. Erster Teil. 16. [Du, mein Freund, bist einsam, weil...]. 16. [Du, mein Freund, bist einsam, weil...]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-9305-8