Das Vier und zwantzigste Katechismuslied, Uber den Zwölften Artikul unseres Christlichen Glaubens:
Ich gläube ein ewiges Leben

Dises kan gesungen werden nach der Melodie des seinen Liedes: Last uns Gottes Güte preisen, u.s.w.

1.
Mein Hertz hat Lust gewonnen,
Ein Lied zu stimmen an
Nicht etwan von der Sonnen,
Die zeitlich nützen kan:
Ach nein, es ist bereit
Die Sonne zu besingen,
Die Freüd' und Pracht wird bringen
Dort in der Ewigkeit.
2.
Laß' unser' Augen sehen
Das schönst' in diser Welt,
Laß unsre Zung' erhöhen,
Was Kaisern wol gefält,
Last allen Schmuk und Pracht
Auf einen Hauffen setzen:
Dis ist wie nichts zu schätzen
Für dem, was Gott gemacht.
3.
Beim Herren wird man spühren
Ein Leben ohne Klag'
Und herrlich triumphiren
Von aller Pein und Plag'.
Ey da wird Angst und Noht
Schon gäntzlich sein verschwunden,
Da ligen überwunden
Welt, Teufel, Höll' und Tod.
4.
Da darf man sich nicht sehnen
Wie hier nach einem Grab',
Es wird der Herr die Thränen
Mit Freüden wischen ab;
Da wird noch Leid noch Neid
Noch tausend andre Schmertzen
Bekümmern unsre Hertzen
Für solcher Herligkeit.
[305] 5.
Gott selbst wird unser Leben
Und wahre Freüde sein;
Ihn werden wir erheben
Mit höchster Lust allein,
Wen wir dem Wesen nach
Ihn werden recht erkennen,
In Seiner Libe brennen,
Ja froh sein tausendfach.
6.
Da wird der HERR uns kleiden
Mit Herligkeit so schön,
Das wir für grossen Freüden
Nicht mehr zurükke sehn
Auf das, was zeitlich war;
Dort wird man nicht mehr irren,
Dort wird uns nicht verwirren
Angst, Trübsahl und Gefahr.
7.
Im Essen, Trinken, Spielen
Sol zwahr ja nicht bestehn
Das, was der Schöpfer vielen
Wird lassen dort geschehn:
Ach nein! Das höchste Gut
Mit grosser Wonn' anblikken –
Das wird uns recht erquikken
Hertz, Leben, Seel' und Muht.
8.
O Gott, dein süsses Wesen,
Das in der Herligkeit
Uns ewig läst genesen,
Weis gahr von keinem Streit',
Es kennt kein Trauren mehr;
Die grosse LebensSonne
Schaft lauter Freüd' und Wonne,
Lust, Wolfahrt, Sieg und Ehr'.
9.
Hinweg mit allen Schätzen
In diser eitlen Welt;
Gold kan uns nicht ergetzen,
Wen uns der Würger fellt;
Dort aber ist man reich,
Dort kan man edle Gaben,
Welch' ewig währen, haben
Und herschen noch zugleich.
10.
Wer wird doch ferner preisen
Des Höchsten Gnadenlohn?
Wer kan uns das recht weisen,
Wie man die schönste Krohn'
Uns dort wird theilen zu,
Wo wir mit Gott regiren
Und solch ein Leben führen,
Das Reich von Fried' und Ruh'?
11.
O libliches Vertrauen
Mit Gott in Ewigkeit!
O seliges anschauen
Der Zeit ohn' alle Zeit!
O Jauchtzen immerdar!
O reden mit den Geistern,
Propheten, Vätern, Meistern
Und gantzen Himmels Schaar!
12.
Ade, du zeitlichs Leben,
Ich eil' ins Freüdenland,
So bald ich nur gegeben
Den Geist in Gottes Hand.
Ade, Welt, Ehr' und Pracht:
Auf dich wil ich nicht hoffen,
Den Himmel seh' ich offen;
Nun, Sterben, guhte Nacht!

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TextGrid Repository (2012). Rist, Johann. Gedichte. Geistliche Lieder. Das Vier und zwantzigste Katechismuslied. Das Vier und zwantzigste Katechismuslied. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-9AFD-A