Der Schenkwirt und seine Gäste

Zur Rede ward ich jüngst gestellt
Von meinem Freund, dem alten,
Versprochen habe mehr der Welt
Mein Dichten als gehalten.
Den Vorwurf hab' ich umgestellt,
Erwidernd meinem Alten:
Ich habe mehr mir von der Welt
Versprochen als erhalten.
[15]
Beim Wirte lag ein guter Wein
Im Keller aufgehoben;
Und sprächen nun die Gäste ein,
So würden sie ihn loben.
Der Wein ist gut, der Keller schützt
Ihm wohl der Güte Dauer;
Doch wenn ihn gar kein Gast benützt,
Wird er am Ende sauer.
Wenn einer nun zuletzt spricht ein
Und muß was Herbes schmecken,
Wird er den armen Wirt verschrein
An allen Straßenecken.
Der Wirt verliert nicht die Geduld,
Sonst spräch' er: »Junge Laffen!
Wer hat, ihr oder ich, die Schuld,
Daß ich nichts Neu's kann schaffen?
Hätt' Altes man mir weggeschafft
Mit häufig zeit'gem Dargang,
So hätt' ich Vorrat nachgeschafft
Vom neusten besten Jahrgang.«

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TextGrid Repository (2012). Rückert, Friedrich. Gedichte. Pantheon. Zweites Bruchstück. Selbstschau. Der Schenkwirt und seine Gäste. Der Schenkwirt und seine Gäste. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-A676-9