[225] Der Pumpbrunnen

Jüngst an Mittags heißem Strahl
Wollt' ich Wasser schöpfen.
Leider fehlt' es allzumal
Mir an Krug und Töpfen.
Als ich an dem Brunnen stand,
Mußt' es mich nicht kränken?
Daß ich mich an seinem Rand
Selbst nicht konnte tränken!
Wenn ich an der Pumpe zog,
Floß es vorne nieder;
Wenn ich dann dahin mich bog,
Stockt' im Fluß es wieder.
Als ich scheu zur Seite trat,
Kam ein Paar gegangen,
Das es mit behendem Rat
Wußte anzufangen.
Wenn er an der Pumpe stand,
Hielt den Mund sie unter;
Pumpte sie dann mit der Hand,
Trank er selber munter.
Als sie so sich abgefrischt,
Fort ging's ohne Stocken.
Als ich mir den Mund gewischt,
War er leider trocken.
Eine gute Lehr' allein
Hatt' ich abbekommen:
Auf der Welt allein zu sein,
Kann zu gar nichts frommen.
Einsam trinkt ein Waldeskind
Wohl am Quell im Freien;
Wo der Stadt Pumpbronnen sind,
Trinkt sich's nur zu zweien.

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TextGrid Repository (2012). Rückert, Friedrich. Gedichte. Lyrische Gedichte. Viertes Buch. Haus und Jahr. Zweite Reihe. Fest- und Trauerklänge. Der Pumpbrunnen. Der Pumpbrunnen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-AA70-C