[Immer neue Lasten trag' ich]
[131][133]Immer neue Lasten trag' ich
Mühsam fort von Tag zu Tage;
Doch nicht ohne Absicht ist es
Dass ich solches Unglück trage:
Denn der Winterzeit Beschwerde,
Des Decembers Schnee und Kälte
Trag' ich in der süssen Hoffnung,
Dass der Frühling mir vergelte.
Vor dem Wesen, das dem Schwachen
Kraft und Stärke hat gegeben,
Trag' ich diesen zarten Körper
Mit Ergebung durch das Leben.
Wenn man aus zweihundert Städten
Schmachbeladen mich vertriebe,
Trüg' ich's mit gelass'nem Sinne,
Einem Könige zu Liebe.
Säh' ich dass Gewölb' und Wohnung
In Ruinen sich verkehre,
Trüg' ich's jener Treue wegen,
Die für's Tulpenbeet ich nähre.
Gottes Liebe ist die Veste,
Die da schirmt in jeder Lage;
Darum frommt's, dass in die Veste
Ich der Seele Vorrath trage.
Jenen Trotz der fremden Schönen
– Steinern ist das Herz bei Allen –
Trag' ich willig und ergeben,
Bloss der Bürde zu Gefallen.
Seinen Onyx aufzufinden
Will ich Berg und Schacht durchgraben;
Dornenlasten will ich schleppen,
An der Rose mich zu laben.
Seiner zwei Narcissen willen,
Die vom Glanz des Weines strahlen,
Trag' ich, gleich erprobten Zechern,
Heitern Sinn's, des Rausches Qualen.
[133][135]Jener holden Beute willen,
Die dem Garn droht zu entfliehen,
Will das Garn ich und die Netze
Auf der Jagd zusammenziehen.
Und er sprach: »Wirst du den Kummer
Tragen bis zum jüngsten Tage?«
Und ich sprach: »Ja, holder Liebling!
Frommt's mir doch, dass ich ihn trage.«
Eine Höhle ist der Busen,
Und der Freund die Glaubenssonne:
Für den theuern Freund der Höhle
Trag' ich selbst den Spott mit Wonne.