[101] Mein Lied

Nicht mögt ihr glauben, daß ich mir verhehle,
Wie oft es widerspricht dem Geist der Zeiten;
Schon will die Zukunft anders sich bereiten –
Und so sind auch die Töne, die ich wähle.
Was auch der Ruhm der Gegenwart erzähle,
Und welche Siege mächtig sie begleiten:
Den inn'ren Zwiespalt könnt ihr nicht bestreiten –
Und dieser Bruch, er ging durch meine Seele.
Doch nicht bloß er! Was da in euch gewittert,
Was still und segensreich in euch erglommen:
Durch meine Saiten hat es auch gezittert.
Auch ich sang meiner Zeit zu Lust und Frommen,
Doch sie blieb taub, an Herz und Sinn zersplittert:
Ich gab ihr Brod – sie hat's für Stein genommen.

Lizenz
Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).
Link zur Lizenz

Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Saar, Ferdinand von. Mein Lied. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-AD60-5